Asteroidenbergbau: Billionengeschäft im Weltall
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Heute vor 112 Jahren dachten die Bewohner einer entlegenen Gegend in Sibirien, die Welt würde untergehen. Augenzeugen berichteten von einem bläulichen, extrem hellen Objekt, das über den Himmel zog und sich schließlich in eine riesige Rauchwolke verwandelte. Mehrere Druckwellen schleuderten Menschen in über 60 Kilometer Entfernung auf den Boden, Glasscheiben gingen zu Bruch, Hütten wurden umgeworfen und dazu gab es ohrenbetäubenden Donner und Erdbeben.
Rasend schnelle Felsen
Wie wir heute wissen, hatte die Explosion eines Asteroiden über der Region Tunguska die Wucht von 2000 Hiroshima-Atombomben. Es war der größte Asteroiden-Treffer in den Geschichtsaufzeichnungen der Menschheit. Der "Asteroid Day" am 30. Juni soll daran erinnern, dass wir in einem Sonnensystem leben, das mit uralten, rasend schnellen und manchmal gefährlichen Weltraumfelsen gefüllt ist. "Wir haben jetzt alle gesehen, wie unvorbereitet die Menschheit auf eine Pandemie war. Ein Asteroidentreffer ist eine genauso reale Gefahr", warnt Ex-"Queen"-Gitarrist und Astrophysiker Brian May, einer der Initiatoren des "Asteroid Day".
Ressource statt Bedrohung
Während Asteroidentreffer vor 112 Jahren noch komplett unvermeidbar waren, entwickelt die Menschheit heute Strategien, um die Gefahr durch Asteroiden zu bannen und mehr noch: Asteroiden als Rohstoffquelle zu nutzen. Die Weltraumfelsen enthalten jede Menge Materialien, die auf der Erde nur selten vorkommen und oft schwer zu gewinnen sind, etwa Edelmetalle. "Es gibt Asteroiden, wo der Platin-Anteil 10 Mal höher ist als auf den besten Abbaustätten der Erde", erklärt Gernot Grömer, der Direktor des Österreichischen Weltraumforums.
Der erste Billionär
Dem Weltraumbergbau wird deshalb eine rosige Zukunft beschieden. Mehrere Experten, u.a. der bekannte US-Wissenschaftler Neill deGrasse Tyson, sind überzeugt, dass der erste Billionär der Erde sein Vermögen mit der Rohstoffgewinnung im All machen wird. Im Jahr 2005 ist die japanische Raumsonde Hayabusa erstmals auf einem Asteroiden gelandet und hat Gesteinsproben davon anschließend zurück zur Erde gebracht. 2018 wurde das Kunststück mit dem Nachfolger Hayabusa 2 wiederholt. Die technische Machbarkeit, einen Roboter präzise zu einem vergleichsweise kleinen Objekt im All zu schicken und dessen Schätze zur Erde zu transportieren, scheint also gegeben.
In den Jahren nach der Hayabusa-Landung wurden zahlreiche Unternehmen gegründet, die sich dem Asteroidenbergbau verschrieben. Ihre Pläne gehen freilich weit darüber hinaus, ein paar Körner aufzusammeln. Sie wollen bohren, schürfen und Materialmengen wie in einer irdischen Mine verarbeiten - nicht nur zum Gebrauch auf der Erde, sondern in einem vielseitigen Raumfahrtökosystem. Auf der Webseite Asterank werden Asteroiden nach ihrem Ertragspotenzial aufgelistet.
Wasser
"Wasser ist mit Abstand der interessanteste Rohstoff", meint Grömer. Mittels Elektrolyse kann Wasser in Sauerstoff (zum Atmen) und Wasserstoff (als Raketentreibstoff) zerlegt werden. Diese Elemente heute in den Weltraum zu befördern, ist energie- und kostenaufwändig. Raumfahrtmissionen direkt im Weltraum versorgen zu können, wäre ein einträgliches Geschäft. Interplanetare Tankstellen seien eine gute Idee, meint Grömer, der Markt sei aber anfänglich begrenzt. "Platin für die Handyherstellung kann dagegen jeder sofort brauchen." Da sei es auch egal, dass beim Erschließen neuer Rohstoffquellen im All bisher seltene Materialien plötzlich in rauen Mengen verfügbar seien und dadurch die Preise sinken.
Geld und Recht
Geld ist bisher die größte Hürde im Weltraumbergbau. Das mussten auch mit großen Hoffnungen gegründete Unternehmen wie Planetary Resources oder Deep Space Industries erkennen, die bereits wieder pleite gegangen sind. Risikokapitalgeber müssen über viele Jahre riesige Summen (mehrere Milliarden Euro) vorstrecken, bis erste Einnahmen fließen. Aber auch das Erstellen internationaler Rechtsabkommen über Besitzansprüche im All sei derzeit eine große Herausforderung, sagt Grömer.
Luxemburg
Bestimmte Staaten agieren hier als Vorreiter, allen voran das kleine Luxemburg. Grömer: "Die haben eine Nische gesehen, wo sie 'First Mover' sein können." Neben dem Vorantreiben einer spezifischen Weltraumgesetzgebung beteiligt sich der Staat auch an mehreren Unternehmen. "Österreich hätte das auch machen können, aber bei uns denkt man nicht so langfristig."
Zunächst werden laut Grömer Juristen Geld mit dem Thema Asteroidenbergbau verdienen können. Neben einem ausgeprägten Rechtsverständnis sollten all jene Unternehmer, die den Status des ersten Asteroiden-Billionärs anstreben, außerdem Fachkenntnisse in Raumfahrtingenieurstechnik, Bergbau und Wirtschaft mitbringen.
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