"Muschel-Zement" ist dehnbar und 17-mal stabiler
Bei der Entwicklung neuer Materialien, Techniken und Herangehensweisen, lohnt sich oft ein Blick in die Natur. Dort sind Vorgänge zu beobachten, wie durch minimalen Einsatz höchstmöglicher Output erzielt wird.
In diesem Sinne haben sich Forscher*innen angesehen, wie die harten Schalen von Muscheln aufgebaut sind. Daraus ist ein Zementverbundstoff entstanden, der 19-mal flexibler und 17-mal stabiler ist als herkömmlicher Zement.
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Die Perlmutter macht's vor
Als Vorbild für diesen Zement dient Perlmutt, die glänzende innere Schicht von verschiedenen Muscheln. Diese besteht aus einem 3D-Ziegelsteinmuster. Angeordnet sind 6-eckige Aragonit-Scheiben auf einem weichen, hyperelastischem Biopolymer.
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Bemerkenswerte Eigenschaften
Weil das spröde Aragonit auf dem flexiblen Biopolymer aufliegt, können die Scheiben bei Zug- oder Druckbelastung darauf gleiten. Das Ergebnis: Das Material ist äußerst stabil, kann sich aber gleichzeitig vergleichsweise stark verformen, bevor es zerbricht.
An der Princeton University in den USA haben Forscher*innen diese Architektur des natürlichen Perlmutts nachgeahmt. "Die Synergie zwischen den harten und weichen Komponenten ist entscheidend für die bemerkenswerten mechanischen Eigenschaften von Perlmutt", sagt Studienleiter Shashank Gupta in einem Blogpost der Universität.
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Bewegungen im Nanometerbereich
Für ihren "Muschel-Beton" haben die Forscher*innen 6-eckige Scheiben aus Zementimplantaten hergestellt und auf Polyvinylsiloxane (PVS) aufgeschichtet. Das PVS dient dabei als hyperelastisches Biopolymer auf dem die Zementplatten im Nanometerbereich gleiten können.
Die daraus entstandenen Balken wurden einem Dreipunkt-Biegeversuch (3PB) unterzogen und mit einem Balken aus herkömmlichem Zement verglichen. Es zeigte sich, dass der Perlmutt-artige Verbundstoff 19-mal mehr verformen (Duktilität) kann und einen 17-mal höhere Bruchzähigkeit aufweist - bei derselben Festigkeit.
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Tests unter realen Bedingungen
"Wenn es uns gelingt, Beton so zu gestalten, dass er der Rissausbreitung widersteht, können wir ihn widerstandsfähiger, sicherer und stabiler machen", so der Forscher. Bisweilen wurde der "Muschel-Beton" nur im Labor getestet. In einem nächsten Schritt sollen Tests unter realen Bedingungen stattfinden.
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