Wie Züge in Zukunft schneller abbremsen können
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Geringe Reibung, geringer Rollwiderstand, kaum Energieverlust: Schienenfahrzeuge weisen gegenüber Verkehrsmitteln mit Gummireifen viele Vorteile auf. Diese können in einer Situation aber auch zu ihrem größten Nachteil werden. Denn Züge, Straßen- und U-Bahnen lassen sich aufgrund der geringeren Reibung zwischen den Metalloberflächen – Rad und Schiene – auch nicht so schnell abbremsen. Im Vergleich zum Bremsweg eines Autos ist jener eines Schienenfahrzeugs bei gleicher Anfangsgeschwindigkeit etwa 10 Mal länger.
Um die Sicherheit und Pünktlichkeit dieser Transportmittel zu erhöhen, erforscht Johannes Edelmann, Leiter des neuen Christian-Doppler-Labors an der TU Wien, wie sich Bremstechnologien im Schienenverkehr künftig verbessern lassen.
Fakten
Durch Schienenfahrzeuge wurden 2021 in Österreich 22 Menschen verletzt oder getötet. 1.200 Unfälle gab es insgesamt. Über 800 entstanden durch eine Kollision des Schienenfahrzeugs mit anderen Objekten
Unter allen Umständen
„Das Ziel ist es, sicherzustellen, dass eine gewisse Bremsdistanz unter allen Umständen eingehalten wird – also beispielsweise auch bei Öl oder anderen Verschmutzungen auf Gleisen, wie Laub im Herbst“, sagt Edelmann gegenüber der futurezone. Ihm zufolge gibt es zusätzlich zur Radbremse bereits mehrere altbewährte Systeme, um die Bremswirkung zu erhöhen.
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Eines davon ist die sogenannte Sandung. Dabei wird Sand mittransportiert und bei der Bremsung direkt von den Rädern auf den Schienen verstreut. Wer schon einmal genauer auf Straßenbahngleise geschaut hat, dürfte die feinen Körner vielleicht auch dort entdeckt haben.
Zudem sind in Schienenfahrzeugen oft Magnetschienenbremsen eingebaut. Die im Fahrwerk integrierten Elektromagneten werden beim Bremsen an die Schiene gezogen und sorgen für zusätzliche Reibung. „Bei schlechter Witterung oder in Notsituationen lassen sich verschiedene Systeme kombinieren. Dazu kann der Reibwert zwischen Rad und Schiene etwa mittels Sandung verbessert werden oder eben zusätzliche Bremskraft mit der Magnetschienenbremse generiert werden. Die Systeme muss man aber so kombinieren, dass man zusätzlich wenig Verschleiß hat“, sagt der Wissenschafter. Wie das am besten gelingt, ist Gegenstand des Forschungsprojekts.
Geringere Kräfte
Generell sei das Bremsen von Zügen aufgrund des Rad-Schienen-Kontakts ein komplexes System, erklärt Edelmann. Denn Schienenfahrzeuge liegen nicht mit allen Rädern gleich auf den Gleisen auf, sondern bewegen sich in einer Wellenform. „Die Kontaktbedingungen ändern sich also ständig“, erklärt er.
Um zu verstehen, welchen Einfluss das auf die elektromagnetische Anzugskraft der Magnetschienenbremse hat, wolle Edelmann und sein Forschungsteam ihn im niederen Frequenzbereich untersuchen. „Über den Elektromagnetismus wollen wir auch den sogenannten Gleitreibungskoeffizienten ermitteln – also das Maß für die Reibung zwischen den aufeinander gleitenden Körper des Bremssystems – um zu wissen, wie stark eine Bremsung wirkt“. Weil dies geschwindigkeitsabhängig ist, sei dies aktuell schwer vorherzusagen.
Da diese Transportmittel außerdem sehr schwer sind, wolle das Team auch herausfinden, wie das Gewicht der Komponenten minimiert werden kann. „Denn bei weniger Gewicht braucht man auch weniger Energie zum Beschleunigen und Bremsen“, so Edelmann. Gleichzeitig lasse sich durch eine Gewichtsreduktion der Verschleiß reduzieren, weil geringere Kräfte auftreten. Die Infrastruktur wird geschont.
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Modell entwickeln
Aktuell sei Edelmann und sein Team dabei, erste Forschungsgrundlagen zu erarbeiten, um möglichst vereinfachte Computermodelle zu erstellen. Damit sollen der Elektromagnetismus und der Reibkontakt zwischen den Reibflächen auf einfache Weise simuliert werden, um das Bremsverhalten der eisernen Fahrzeuge ableiten zu können. Für die nötigen Messungen soll an der TU Wien zudem ein eigener neuer Prüfstand errichtet werden.
Das CD-Labor wurde Anfang Juni eröffnet – ermöglicht wurde das durch das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft und den Industriepartner Knorr-Bremse.
Nachtzugtickets könnten auf einfache Weise billiger werden
Zugreisen sind um ein Vielfaches umweltfreundlicher als Flugreisen. Die hohen Preise sind allerdings für viele abschreckend. Besonders Reisen per Nachtzug sind im Vergleich zu Billigflügen teuer, zumal die Bepreisung von der zurückgelegten Strecke abhängt.
Nachtzugtickets könnten in Europa aber auf einfache Weise günstiger werden, wie eine aktuelle Studie der Umweltorganisationen Transport & Environment (T&E) und Back on Track Europa ergeben hat. 2 einfache Korrekturen an der Besteuerung seien ausreichend.
Mehrwertsteuersatz
Zu diesen zählen ein Mehrwertsteuersatz bei 0 Prozent und eine Reduzierung der Trassennutzungsgebühren, die Bahnunternehmen für die Nutzung der Schieneninfrastruktur zahlen müssen. Für die Studie wurden mehrere Bahnverbindungen untersucht.
Eine Änderung in der Besteuerung von Nachtzügen könnten die Ticketpreise dabei im Schnitt um 15 Prozent senken. Auf einer Strecke von Berlin nach Neapel können Einzelpersonen bis zu 43 Euro sparen. Von Amsterdam nach Madrid sind bis zu 65 Euro Kosteneinsparung möglich.
Subventionen
Laut Jacob Rohm von der Umweltorganisation Germanwatch müsse die EU handeln und die Kosten senken. „Das kann finanziert werden, indem die klimaschädlichen Subventionen für die Luftfahrt gestrichen werden“, sagt er.
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