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Lime-Geschäftsführer: "Wien extrem wichtiger Markt"

Kein Elektro-Scooter-Fahrer soll am Eis ausrutschen oder im Schnee steckenbleiben. Zwei Monate nach dem Wien-Start von Lime hat der Anbieter neben erbosten Anwohnern, randalierenden Fahrern, regulierenden Stadtvertretern nun auch mit den Herausforderungen des Winters zu kämpfen. „Sobald die Bedingungen auf der Straße nicht mehr sicher sind, werden wir unseren Service für diese Zeit einstellen, auch wenn das Umsatzeinbußen zu bedeuten hat“, sagt Lime-Wien-Geschäftsführer Tonalli Arreola im Interview mit der futurezone. Dass alle Kunden die E-Roller während kalten Jahreszeit lieber stehen lassen, glaubt er aber nicht.

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„Im Winter werden wohl viele Touristen- und Spazierfahrten wegfallen, 40 Prozent unserer Kunden nutzen die Lime-Scooter allerdings für die letzte Meile zum Job oder zu Geschäftsterminen und die werden sie auch weiterhin nutzen“, meint Arreola. Das Prinzip „letzte Meile“ bestätigen auch die Daten, die nach zwei Monaten Betrieb in Wien vorliegen: Eine Durchschnittfahrt ist nämlich fast dementsprechende 1,3 Kilometer lang. Insgesamt gab es in dem Zeitraum 150.000 Mieten, die durchschnittlich zehn Minuten gedauert haben.

Lime-Team ist rund um die Uhr im Einsatz

Insgesamt hat Lime in den Bezirken 1-22 (in manchen davon ist das Geschäftsgebiet jedoch begrenzt) maximal 1.500 Elektro-Roller auf den Straßen – mehr ist pro Anbieter in Wien aktuell auch nicht erlaubt. Allerdings sind es meistens weniger: So bringen 40 Mitarbeiter die Scooter ständig dorthin, wo Bedarf besteht und holen sie von den Orten ab, wo sie eigentlich nicht stehen sollten. Zehn Mechaniker im Team, das 24 Stunden pro Tag besetzt ist, kümmern sich um deren Wartung und Reparatur, unter anderem auch wegen mutwilliger Zerstörung: „Diese Fälle treten zum Glück aber nur im ein-prozentigen-Bereich aller Fahrten auf“, sagt Tonalli Arreola.

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Ein Grund, warum die Scooter nicht wie die Leihbikes ständig im Donaukanal oder auf U-Bahn-Gleisen landen, liegt laut ihm im Prinzip des managed-Freefloatings: „Ich glaub, oft kommt es zu Vandalismus, wenn Frustration mit dem Service oder Produkt erlebt wird. Da wir uns sehr intensiv um Nutzer und Flotte kümmern, gibt es hier keine gröberen Probleme.“ Dazu gehöre auch, dass Neukunden bei der Registrierung ein Tutorial über Bedienung und Regeln angezeigt bekommen. Schäden an den Scootern wurden übrigens bislang nicht weiterverrechnet – so etwas passiere einfach im laufenden Betrieb und man könne sowieso nicht sagen, wer sie verschuldet hat, sagt Arreola

Parken verboten

Sehr wohl wird man allerdings zur Kassa gebeten, wenn Scooter nicht regelkonform abgestellt wurden. Seit kurzem müssen deswegen alle Nutzer beim Beenden der Miete ein Foto über die App mitschicken. Ebenfalls neu sind sogenannte Verbotszonen, in denen die Roller nicht geparkt und eigentlich auch nicht gefahren werden dürfen, zum Beispiel in reinen Fußgängerzonen wie der Kärnterstraße. Wer es doch tut, zahlt im schlimmsten Fall eine Extra-Gebühr von 25 Euro.

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Abgeholt werden die Scooter dann entweder vom fix-angestellten Team, oder einem der 270 selbstständigen „Juicer“ – sie sammeln sie auch über die Nacht ein, um sie bei sich zu laden, „meist in extra angemieteten Garagen. Das Honorar beträgt je nach Erreichbarkeit zwischen fünf und zehn Euro pro Roller. Um Mitternacht sind durchschnittlich 95 Prozent davon von der Straße.“ Das soll auch so sein, sagt Arreola. Schließlich ginge es auch darum, dass niemand auf die Idee kommen sollte, im alkoholisierten Zustand zu fahren.

Gute Beziehungen zur Stadtregierung

Ein großes Thema in Wien sei auch der Platzmangel wegen vieler kleiner und enger Gassen, gerade im ersten Bezirk. Dort ist man auch in engem Kontakt mit der Bezirksvertretung, unter anderem Bezirksvorsteher Markus Figl. Generell merke man von Seiten der Stadt eine positive Grundstimmung gegenüber E-Scootern, sagt Arreola. Das sei auch dem großen Bemühen aller drei in Wien aktiven Anbieter und den wenigen Beschwerden zu verdanken: „Über die letzten zwei Monate waren es nur 55. Trotzdem sehen wir noch Verbesserungspotential. Wir versuchen falsch abgestellte Roller immer sofort zu entfernen, suchen aktiv den Dialog mit Stadt, Bezirken und Interessenvertretungen.“
 

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Vom Wiener Lime Team kam auch die Idee mit den Verbotszonen. Diese gelten derzeit unter anderem auf der Kärtnerstraße, im Stadtpark, in Teilen des Museumsquartiers und auf dem Areal des Schloss Schönbrunns. In den Begegnungszonen der Mariahilfer Straße drosseln die Scooter automatisch von 24 auf 18,5 km/h. Solche Zonen werden künftig wohl ausgeweitet. Die Entscheidung darüber fällt alleine das österreichische Lime-Team. Technische Anforderungen werden an die USA gestellt, wo auch alle Programmierer sitzen und Software bzw. App gegebenenfalls anpassen. Dort werde Wien als extrem wichtiger Markt bereits erkannt.

Neue Scooter im Anmarsch

Eine große technische Umstellung folgt im Sommer 2019, dann sollen die aktuellen E-Roller nach und nach durch eigens entwickelte, neue Modelle getauscht werden. Diese sollen wendiger, robuster und besser gefedert werden. „Die größte Neuerung wird aber das verbesserte GPS-System werden. Dadurch kann man auch erkennen, ob verbotenerweise am Gehsteig gefahren wird. In solchen Fällen wäre es denkbar, dass eine Warnmeldung ausgegeben, oder der Scooter dann automatisch langsamer oder komplett deaktiviert wird.“

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Kein Geschäft mit User-Daten

Bei jeder Fahrt werden Daten wie Start- und Endzeit, Route, Kosten, gefahrene Kilometer und Zeit gesammelt. „Diese dienen allerdings lediglich zur Serviceverbesserung und zur Argumentation und Präsentation gegenüber den Stadtplaner. Es wird kein Geschäft mit den Daten betrieben, deswegen bekommt sie sonst auch niemand in die Hand“, verspricht Tonalli Arreola

In der Zukunft möchte sich Lime vor allem durch eine besonders enge Kooperation und dadurch resultierende Legitimation gegen die anderen Anbieter in Wien, Bird und Tier, durchsetzen. Wichtig sei es, jederzeit schnell zu reagieren und die Scooter dort zu platzieren, wo sie gebraucht werden und abzuziehen, wenn sie falsch stehen oder es zu gefährlich wird. Dementsprechend will man den Fokus auf Sicherheit legen und auch mit den Kunden enger in Kontakt treten: „Aktuell startet Lime eine Informationskampagne mit dem Namen Respect the Right, im Rahmen derer Events für Nutzer aber auch Anwohner organisiert werden. Diese sind für die Zukunft auch in Wien geplant.“ 

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Marco Di Lorenzo

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