Stopp-Corona-App funktioniert bald länderübergreifend
600.000 Mal wurde die Stopp-Corona-App des Roten Kreuzes bisher heruntergeladen. 300.000 Leute nutzten die Anwendung aktiv, sagte Gerry Foitik, Bundesrettungskommandant des Roten Kreuzes, bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Ein Update und eine Informationskampagne sollen nun dafür sorgen, dass die Anwendung, um die es zuletzt sehr still geworden war, mehr Nutzer findet, kündigte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) an. Die App könne zwar auch bei relativ geringen Nutzungszahlen einen positiven Beitrag leisten, die aktuellen Nutzungszahlen seien jedoch viel zu gering, damit die App ihr Potenzial bei der Bekämpfung der Ausbreitung des Coronavirus voll ausschöpfen könne.
Neue App-Version ab Mitte Juni
Mit einem Update, das Mitte Juni ausgeliefert werden soll, wird die App an die neu entwickelte Schnittstelle von Apple und Google angepasst. Durch Abgreifen der neuen Schnittstelle werden automatisierte Handshakes auch betriebssystemübergreifend funktionieren. Das bedeutet, dass Android-Handys automatisch per Stopp-Corona-App und mithilfe einer Bluetooth-Verbindung auch mit iPhones kommunizieren können.
Bislang war der entsprechende Funktionsumfang der App stark eingeschränkt. Bei iPhones funktionierte das automatische Contact-Tracing bisher nur, wenn die App geöffnet war. Künftig soll die App auch im Hintergrund auf die Bluetooth-Verbindung zugreifen können, sodass automatisierte Handshakes möglich werden.
Auch grenzüberschreitend
Die neue Schnittstelle soll auch einen länderübergreifenden Einsatz solcher Tracing-Apps ermöglichen. Beispielsweise könne die österreichische Stopp-Corona-App künftig auch mit der offiziellen Tracing-App der Bundesrepublik Deutschland automatisiert kommunizieren, sagte Foitik. Allerdings gibt es in den Nachbarländer derzeit noch kaum vergleichbare Tracing-Apps. Wie das grenzüberschreitende Warnsystem im Fall einer Neuinfektion aussehen wird, sei noch unklar. Das müsse man zunächst wahrscheinlich bilateral, also zwischen den betroffenen Ländern ausverhandeln.
Die neue API wurde von Google und Apple gemeinsam für ihre mobilen Betriebssysteme Android beziehungsweise iOS im Hinblick auf solche Corona-Tracing-Apps entwickelt. Eine Voraussetzung für die Nutzung der Schnittstelle ist eine strenge Wahrung der Privatsphäre.
Welche Möglichkeit zur automatisierten Kontaktverfolgung es für Personen geben wird, die kein Smartphone besitzen, sei noch unklar. Zunächst wolle man sich auf die neuen Funktionen der Smartphone-Anwendung konzentrieren, sagte Foitik. Ob es auch eine Art Bluetooth-Schlüsselanhänger geben wird, sei noch nicht geklärt.
Stopp-Corona-App bleibt freiwillig
"Es wird weder einen direkten noch indirekten Zwang geben, die Stopp-Corona-App zu nutzen", sagte Gesundheitsminister Anschober auf futurezone-Nachfrage. Es herrsche in der Bundesregierung Einigkeit darüber, dass das Verwenden der Stopp-Corona-App freiwillig sei und auch bleibe.
"Entscheidend für uns ist die Freiwilligkeit bei der Nutzung. Freiwillig bedeutet auch, dass Lockerungen der COVID-Maßnahmen nicht an die Nutzung der App geknüpft sein dürfen", sagte Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres. Es dürfe beispielsweise nicht sein, dass ein Ordinationsbesuch bei einem Arzt an die Nutzung der Stopp-Corona-App gekoppelt sei. Ebensowenig sollten Arbeitgeber seinen Mitarbeitern die App-Nutzung vorschreiben können. "Sobald Druck ausgeübt wird, erreicht man nur das Gegenteil."
Neben den Regeln wie Abstandhalten und Maske tragen, sollten auch sämtliche technischen Möglichkeiten in Betracht gezogen werden, die bei der Verhinderung einer weiteren Ausbreitung des Virus helfen können, so Szekeres.
Unterstützung für Kontaktmanagement
Wird eine Person positiv auf COVID-19 getestet, versuchen die Behörden sämtliche Personen ausfindig zu machen, mit denen die Neuinfizierten Kontakt hatten. Die Stopp-Corona-App soll die Gesundheitsbehörden bei diesem Kontaktmanagement unterstützen. Bei Personen mit denen man direkt und wissentlich Kontakt hatte, funktioniere dies relativ rasch und zuverlässig. Bei dem erweiterten Kontaktpersonenkreis gestalte sich das Kontaktmanagement allerdings meist schwierig, so Anschober.
Hier könne das digitale Kontakttagebuch der Stopp-Corona-App helfen, weil die Anwendung etwa auch registriert, wer am Nebentisch in einem Restaurant gesessen hat oder wer einem im Zug nahe gekommen ist. Die Smartphone-Anwendung sei kein Ersatz für das klassische Kontaktpersonenmanagement sondern als Unterstützung für die Behörden und der Gesellschaft gedacht.
"Das primäre Ziel der App ist die Nachverfolgung von Kontaktpersonen, um einander noch schneller warnen zu können", erklärte Foitik. Diese punktgenaue Nachverfolgung von Neuinfektionen und deren Kontaktpersonen helfe dabei, ein halbwegs normales Leben führen zu können. "Wenn wir es auch weiterhin schaffen, Neuinfizierte und deren Kontaktpersonen rasch ausfindig zu machen, können wir eine zweite Welle und die damit verbundenen Maßnahmen verhindern", sagte der Bundesrettungskommandant.
Neue Plattform soll künftig über Stopp-Corona-App entscheiden
Wie es mit der Stopp-Corona-App über den Sommer hinaus weitergehen wird, soll eine neue, breit aufgestellte Plattform entscheiden. "Das Rote Kreuz hat zwar die App initiiert", sagt Foitik, "weiterentwickeln, vorantreiben und vor allem verwenden sollen sie möglichst viele." Daher lade man Vertreter aus dem Gesundheitsbereich, Sozialpartner, Religionsgemeinschaften, Datenschützer und weitere zivilgesellschaftliche Initiativen ein, mitzubestimmen, wie es mit dem Projekt Stopp-Corona-App weitergehen soll. Die Konstituierung dieser Plattform soll im Juli 2020 erfolgen.