Niemand braucht 5G? 3 Use-Cases aus der Praxis
Die Einführung von 3G, von 4G und jetzt auch von 5G hat Alexander Wachlowski von A1 Telekom Austria alle hautnah miterlebt. “Und seit 20 Jahren fragt man sich immer dasselbe: Wer braucht das?”, scherzt der Telekom-Manager. Doch es sei wie mit den Autobahnen, die den Verkehr anziehen. “Auch das 5G-Netz wird mit Traffic volllaufen”, ist sich Wachowski sicher.
In 3 Dingen ist 5G seiner Vorgängertechnologie überlegen: Echtzeit, Vernetzung und Datenraten. Große Mengen von Daten von vielen unterschiedlichen Geräten und Sensoren lassen sich durch 5G quasi in Echtzeit übertragen und verwerten. Das wirkt sich auch auf Anwendungen in der echten Welt aus.
➤ Mehr lesen: Welcher ist der günstigste 5G-Tarif in Österreich?
Steuerung von Drohnen
Ein solcher Anwendungsfall ist etwa die Steuerung von Drohnen. Das Rote Kreuz setzt diese etwa bei verschiedenen Einsätzen ein. Wärmebild- und Zoomkameras helfen bei der Personensuche, Drohnen geben einen Überblick der Lage bei Murenabgängen oder Großbränden und auch bei größeren Veranstaltungen können die Einsatzkräfte die Informationen aus der Luft nutzen, um am Boden effizienter zu arbeiten.
5G-Netze bieten hier 2 Vorteile. Das von der Drohne aufgenommene Video kann direkt auf Smartphones oder Laptops am Boden gestreamt werden - und zwar auch bei Großveranstaltungen, bei denen sich viele Geräte einen Funkmast teilen. Zudem verbessert das 5G-Mobilnetz auch die Steuerung der Drohnen. Bislang müssen die Fluggeräte nämlich immer in Sichtweite geflogen werden, da die Funksteuerung ansonsten abbricht. Durch eine Steuerung über das 5G-Netz wäre eine Reichweite über diese 7 bis 8 Kilometer hinaus möglich.
Noch Zukunftsmusik, aber bereits in Arbeit sind Transporte von Blutkonserven oder Spenderorgane mit Drohnen. “In Zukunft könnte man auch Defibrillatoren mit Drohnen zustellen”, sagt Franz Jelinek vom Österreichischen Roten Kreuz.
5G sorgt für effizientere Flughäfen
Auch mit Fluggeräten zu tun hat Yuyun Yao. Der IT-Betriebsleiter des Flughafens Wien ist nicht nur dafür verantwortlich, dass am Rollfeld alles reibungslos funktioniert, sondern auch, dass die Besucher*innen IT-technisch gut versorgt sind. “Der Flughafen Wien ist eine Kleinstadt”, sagt Yao. Rund 100.000 Passagiere werden pro Tag abgefertigt, 22.000 Beschäftigte arbeiten dort. “Wir schauen, dass Fluginformationen da sind, dass Wi-Fi für die Passagiere da ist, dass das Check-in funktioniert, dass der Flughafen effizient ist”.
➤ Mehr lesen: Upgrade für Sicherheitssystem am Flughafen Wien: Das ist neu
Allein im Check-in-Bereich gebe es mehr als 120 digitale Kontaktpunkte, wo Passagiere einchecken, ihre Tickets ausdrucken oder selbst ihr Gepäck einreichen können. “Würden wir stattdessen 120 zusätzliche Check-in-Schalter errichten, müssten wir wahrscheinlich ein neues Gebäude bauen”, meint Yao. Von der Anreise zum Flughafen bis hin zum Boarden des Flugzeugs ist alles digitalisiert - man kann die Prozesse durchlaufen, ohne einmal mit einer realen Person gesprochen zu haben. “Wir haben auch gar nicht das Personal, um alle Prozesse digital abzuwickeln”, erklärt der IT-Experte.
Dafür ist ein schnelles, sicheres und zuverlässiges Datennetzwerk notwendig, das der Flughafen Wien zusammen mit A1 aufgebaut hat. Die Datenübertragung läuft zwar noch zum größten Teil über das 4G-Netz, an einem Update werde aber bereits gearbeitet. Dadurch könne man noch mehr Arbeitsschritte digitalisieren. Durch die kürzere Latenzzeit werden autonome oder ferngesteuerte Fahrzeuge möglich. Sogenannte Pushback-Fahrzeuge, die es Flugzeugen ermöglichen, rückwärts zu rollen, könnten so etwa aus der Ferne gesteuert werden. “Eine Verzögerung von 3, 4 Sekunden ist hier zu viel. In der Zeit könnte bereits etwas passiert sein, was man so nicht will.”
Auch zur Sicherheit auf dem Flughafen kann 5G beitragen. “Wir haben eine Perimetersicherung mit einer Länge von 19 Kilometern, wo nicht jede Überwachungskamera via LAN-Kabel angeschlossen werden kann”, meint Yao. Durch die große Bandbreite des 5G-Netzes könnten diese ihre Live-Bilder ohne eine physische Verbindung übermitteln - etwa wenn jemand versucht, durch den Zaun auf das Gelände zu kommen.
Tourist*innenströme erkennen und steuern
Nicht zum Flughafen, sondern vom Flughafen ins Land wollen Touristen, die in Österreich ankommen. Michael Cik, Co-Gründer des Unternehmens Invenium, hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese Besucher*innenströme zu verfolgen. “Welche Verkehrsmittel nutzen sie, wo bleiben sie wie lange, wie unterscheiden sich Tagesbesucher*innen von jenen, die länger bleiben: Man glaubt viel über Tourist*innen zu wissen, aber die Daten dazu fehlen einfach”, sagt Cik.
In Mobilfunkdaten liegt für Cik ein kleiner Schatz begraben, nämlich die Mobilität der Nutzer*innen. “Wir haben 3,2 Millionen Geräte im A1-Netz. Jedes davon verbindet sich mit einem Mobilfunkmast, wobei es einen Zeitstempel und seine ungefähren Koordinaten generiert.” Diese Daten werden anonymisiert weiterverarbeitet. So kann man etwa ermitteln, wie viele Personen bei einem Event waren, wie sie angereist sind und wie lange sie sich durchschnittlich dort aufhielten.
Bislang dauert es einen Tag, bis diese Daten in einem eigenen Dashboard zur Verfügung stehen. Mit 5G funktioniert diese Auswertung quasi in Echtzeit. Durch den neuen Standard können mehr Datenpunkte generiert werden und auch die Positionierungsgenauigkeit nimmt zu. Für Touristiker*innen ist das auch insofern interessant, als auch Roaming-Kund*innen mit entsprechenden Ländercodes miterfasst werden. Stefan Schindler vom Tourismusverband Oststeiermark nutzt das Tool, um Tourist*innenströme in seiner Region besser nachvollziehen zu können. “Außerdem hilft es uns, zu verstehen, ob eine Werbemaßnahme den gewünschten Effekt erzielt hat.” Auch bauliche Maßnahmen können mit dieser Datengrundlage besser geplant werden - etwa ein Parkplatz an einem Ort, wo vermehrt Tourist*innen mit dem Auto anreisen.
➤ Mehr lesen: Bewegungsanalyse zeigt, wo Österreicher in den Feiertagen waren
Während 5G bereits im Alltag vieler Österreicher*innen angekommen ist (A1 deckt mit seinem 5G-Netz 85 Prozent der Bevölkerung ab) arbeiten Forscher*innen bereits an der nächsten Generation 6G, das noch schneller und zuverlässiger sein soll. Und wieder wird man sich fragen: “Wofür braucht’s das überhaupt?” “Ich muss ehrlich sagen, das weiß ich auch nicht”, antwortet Wachlowski darauf. “Aber ich bin mir sicher, dass unsere Kund*innen einiges einfallen wird.”
Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation mit A1 Österreich.