Wie der Kryptohandel der Zukunft aussehen könnte
„Ein letzter Atemzug vor dem Weg zur Irrelevanz“, beschrieb die Europäische Zentralbank (EZB) Ende 2022 den Zustand der Kryptowährung Bitcoin. Grund dafür war der Kollaps der Kryptobörse FTX, durch den der gesamte Markt in arge Turbulenzen versetzt worden ist. „Die EZB hat das Interesse, dass staatliche Währungen attraktiv bleiben. Deshalb überrascht mich deren Aussagen zu Bitcoin nicht. Ich teile sie jedoch nicht“, sagt Kryptoexperte Peter Grosskopf im futurezone-Gespräch. Mit Vertrauensverlusten kennt sich die Branche aktuell gut aus, denn nach der FTX-Pleite sind die Kurse in den Keller gerasselt.
Bisher unreguliert
„Die Technologie funktioniert sehr gut und wird eine Zukunft haben“, so Grosskopf. „Die Nachfrage von Menschen, die Kryptowährungen handeln wollten, war anfangs sehr hoch. Der Handel fand bisher vor allem auf zentralisierten Plattformen wie FTX statt, die auf den Bahamas oder in ähnlich unregulierten Regionen saßen“, so Grosskopf. Zentralisiert bedeutet, dass Menschen das Geld dort ähnlich einzahlen wie bei einer Bank. „Allerdings gab es dort bisher nicht immer Sicherheits- oder Compliance-Standards und daher ist dort Betrug leichter möglich. „Der Vertrauensverlust betrifft eher diese zentralisierten Angebote, weniger die Blockchain-Technologie selbst, die grundsätzlich ohne solche Intermediäre auskommt“, erklärt Grosskopf.
Grosskopf kennt als ehemaliger Mitgründer der Solarisbank sowohl die Finanz- als auch die Kryptowelt. Er hat mit Unstoppable Finance selbst ein Start-up gegründet, das den noch neuartigen, vollständig dezentralen Kryptofinanzbereich „näher an die Menschen“ heranbringen möchte.
Mobile App
Mit ihrer Smartphone App lassen sich Zinsen verdienen, digitale Güter tauschen und Transaktionen digital abwickeln. Das Konto ist mit wenigen Klicks direkt am Smartphone eröffnet. „Anders als bei zentralisierten Handelsplätzen behalten Menschen bei unserer App aber die volle Kontrolle über ihre digitalen Güter, so als ob sie sie in ihrer eigenen Brieftasche aufbewahren würden. Sie müssen uns als Unternehmen nur insoweit vertrauen, dass wir die Software richtig entwickeln und diese sicher ist“, so Grosskopf. Dieses Konzept heißt in Fachsprache „DeFi“ und es könnte sich 2023 nach der FTX-Pleite immer mehr verbreiten.
Die „Ultimate“-App gibt es aktuell in Österreich und 100 weiteren Märkten bereits im Apple App Store, eine Android-Version soll in wenigen Monaten folgen.
Kryptobegriffe
DeFi
DeFi steht für „Decentralized Finance“. Es ist ein Sammelbegriff für Finanzdienstleistungen, die dezentral (sprich ohne Mittelsmann) abgewickelt werden
Unterschied
Im Gegensatz zu klassischen Finanzservices basieren DeFi-Transaktionen auf digitalen Verträgen, die automatisch ausgeführt werden, wenn bestimmte Bedingungen bei einer Transaktion erfüllt sind. Die Vertragsbedingungen werden dabei direkt in die Codezeilen geschrieben und können nicht von Menschen geändert werden
EU beschließt Kryptoregelwerk
Für zentralisierte Börsenplätze wird es in Europa bald eine Regulierung geben. Im Februar soll ein Kryptoregelwerk beschlossen werden. „Bankenähnliche Plattformen bekommen damit bankenähnliche Regeln“, sagt Grosskopf. „Das könnte zu einem Vertrauensgewinn führen“, so der Experte. Doch diese Regulierung betrifft nur zentralisierte Handelsplattformen, wie es etwa FTX war.
„Anders als bei klassischen Banken wird bei DeFi die Finanzdienstleistung von einer Software erbracht. Anstelle einer Regulierung könnte man die Software auf Sicherheit und Funktionsfähigkeit auditieren, um ein langfristig sicheres Angebot zu schaffen“, so Grosskopf.
Die App von Unstoppable Finance bleibt daher (vorerst) unreguliert. Das sei auch richtig so, meint Grosskopf. “Schließlich braucht der Hersteller einer Geldbörse auch keine Banklizenz. Wenn der Nutzer seine eigene Bank ist, trägt er die Verantwortung selbst.“