Algorithmen bestimmen, was wir kaufen
Für Konsumenten ist die Digitalisierung nur auf den ersten Blick ein Segen. Maßgeschneiderte Angebote und personalisierte Produkte und Dienstleistungen lassen sich auf einen Klick bestellen und werden an die Wohnungstüre geliefert. Digitale Assistenten wie Apples Siri, Microsofts Cortana oder Amazons Alexa, die nicht mehr nur auf Smartphones zu finden sind, sondern mit smarten Lautsprechern nun auch Einzug ins Wohnzimmer halten, buchen auf Zuruf Flüge, reservieren Tische in Restaurants oder Zimmer in Hotels.
Persönliche Daten
Der Komfort hat seinen Preis. Bezahlt wird nicht nur mit Geld. Personalisierte Dienste und Empfehlungen setzen persönliche Daten voraus. Der Kunde wird gläsern. Analysiert wird nicht nur das Kaufverhalten in Online-Shops, Kundendaten werden auf allen Kanälen, am Mobiltelefon, aber auch im stationären Handel gesammelt und ausgewertet. Die Stimmlage beim Anruf bei der Kundendienst-Hotline fließt in Datenanalysen ebenso mit ein wie Geodaten unserer Smartphones und die Dauer, die der Mauszeiger auf Produkten ruht.
Aus den Datenanalysen werden maßgeschneiderte Angebote für Kunden zusammengestellt. Algorithmen errechnen Rabatte und Preise. Da kann es schon einmal vorkommen, dass Produkte im Online-Handel für Apple-Nutzer teurer sind als für Kunden, die über einen Windows-PC bestellen. Die digitalen Möglichkeiten, das Kunden- und Nutzungsverhalten bis ins kleinste Detail zu erfassen, könnten schon bald auch dazu führen, dass wir bei einem gesunden Lebenswandel geringere Versicherungsbeiträge bezahlen. Erste Pilotversuche gibt es bereits. Wer seine über Fitnessbänder gesammelten Daten an die Versicherung weiterleitet, erhält kleine Geschenke oder Gutscheine. Auch Autoversicherungen bieten bereits sogenannte Telematiktarife an, bei denen – noch freiwillig – in das Fahrzeug integrierte Sensoren das Fahrverhalten analysieren und die Tarife auf die Fahrweise abstimmen.
Intransparent
Die Algorithmen, mit denen die aus unterschiedlichen Quellen stammenden Konsumenten-Daten analysiert werden, sind alles andere als transparent. Die Auswirkungen können weit über die Preisgestaltung hinausgehen und durchaus dramatische Folgen haben. Wer keinen Handy-Vertrag bekommt, weil Algorithmen seine Kreditwürdigkeit in Frage stellen, hat kaum Möglichkeiten sich zu wehren. Auch die Algorithmen, die den Vorschlägen der digitalen Assistenten zugrunde liegen, sind für die Kunden nicht durchschaubar. Wie die Empfehlungen von Siri, Cortana und Alexa zustande kommen, bleibt ein Rätsel.
Die Konsumenten werden mit den neuen digitalen Möglichkeiten auch zunehmend entmündigt. Im Bankbereich sind Robo-Advisor auf dem Vormarsch. Sie treffen auf Basis vorab festgelegter Parameter eigenständig Investment-Entscheidungen. Von vernetzten Kühlschränken, die zur Neige gegangene Lebensmittel automatisch nachbestellen, ist bereits seit Jahren die Rede.
Algorithmen treffen schon längst auch Vorhersagen über unser zukünftiges Kaufverhalten. Was wir wollen, könnten sie schon bald besser wissen als wir selbst. Dass der Online-Händler Amazon schon vor Jahren ein Patent zugesprochen bekam, das ein System beschreibt, mit dem Waren auf Basis von aus Kundenverhalten abgeleiteten Prognosen versandt werden können, noch bevor sie bestellt wurden, passt nur allzu gut ins Bild.
Dieser Artikel ist Teil der Kurier-Serie „Plan K“ , bei der Leserinnen und Leser über wichtige Themen abstimmen können.