Coronavirus: WhatsApp ist die größte Fake-News-Schleuder
Wenn Menschen Angst haben und nach Antworten suchen, dann hören sie vor allem dann genau hin, wenn Bekannte ihnen scheinbare Insiderinformationen mitteilen. Die Nachrichten, die zumeist per WhatsApp versendet werden, beginnen oft so oder so ähnlich: „Ich kenne eine Ärztin, die hat erzählt…“ oder „ein Bekannter aus dem Innenministerium sagt…“.
So verbreitete sich das Gerücht, die Wiener Uniklinik hätte Forschungsergebnisse nach denen Ibuprofen die Symptome einer COVID-19-Erkrankung verstärken würde, in einer gefälschten Sprachnachricht spricht scheinbar Finanzminister Gernot Blümel von Ausgangssperren und der Notwendigkeit, genug Bargeld zu Hause zu haben. Verschwörungstheorien vom Ende der Welt bis zur Übernahme von Europa durch das US-amerikanische Militär kursieren auf WhatsApp.
400 Meldungen täglich
Die Aufklärungsplattform Mimikama sammelt solche Falschmeldungen, wertet sie aus und veröffentlicht sie mit zusätzlichen Hintergrundinformationen. Derzeit erreicht sie eine Flut an Nachrichten zum Coronavirus: "An normalen Tagen bekommen wir etwa 80 bis 130 Meldungen, wenn etwas Außergewöhnliches passiert sind es auch mal 150. Derzeit erreichen uns um die 400 Meldungen täglich", sagt Andre Wolf, Mit-Betreiber von Mimikama, im Gespräch mit der futurezone.
Ein großer Teil der Meldungen an Mimikama sind Screenshots von WhatsApp-Unterhaltungen oder Sprachnachrichten, die über diese Plattform verbreitet werden. Auch auf Twitter hält Wolf fest: "WhatsApp ist derzeit das primäre Medium für Falschmeldungen, Kettenbriefe und Verschwörungsmythen." Manche Inhalte stammen von Trollen, die bewusste gefälschte Bilder verbreiten, andere sind ernst gemeinte Fehlinformationen.
"Viele Nachrichten, die von Nutzern geteilt werden, basieren auf falschen oder veralteten Beobachtungen oder enthalten Verschwörungsmythen mit Links zu irgendwelchen Blogs", erklärt Wolf. "Es gibt viel Unsicherheit und Angst bei den Menschen. Dann lesen sie Verschwörungsmythen, die oft einfache Erklärungen liefern, um diese Wissenslücken zu schließen". So kursieren falsche Tipps ohne wissenschaftliche Grundlagen, wie man sich gehen das Virus schützen könne - beispielsweise in dem man warmes Wasser trinkt, oder Zwiebeln in der Wohnung verteilt.
Nutzer müssen selbst Kontrollieren
Dabei ist WhatsApp besonders beliebt, da es keine externe Kontrollinstanz gibt. Es liegt an den Nutzern selbst, Falschmeldungen zu erkennen und die Absender darüber aufzuklären. Anders als bei Facebook und Co. sind die Nachrichten privat und können nicht von außen geprüft werden. Daher muss jeder selbst prüfen, wie viel Wahrheit hinter einer Information steckt: Aus welcher Quelle stammen die Informationen, wer ist der Autor und gibt es auf Blogs und Webseiten ein Impressum? Welche Informationen gibt es auf anderen, vertrauenswürdigen Seiten zu diesem Thema? Werden Bilder im falschen Kontext verwendet? Mit einer Bildersuche kann sich eine Aufnahme einordnen lassen.
Zudem sollte man sich fragen, ob die Informationen noch aktuell sind, oder bereits von neuen Erkenntnissen überholt wurden. „Derzeit kursiert das Video eines italienischen Arztes, der erzählt, dass es gar keine Corona-Todesfälle in Italien gibt. Das Video ist allerdings viele Wochen alt und heute nicht mehr richtig“, so Wolf. Um solche Falschmeldungen zu verhindern, ist er Teil des Digitalen Krisenstabs der österreichischen Regierung und klärt über Mimikama auf. Erhält man solche falschen Nachrichten, kann man diese über ein Melde-Formular übermitteln.
WhatsApp klärt auf
WhatsApp versucht allerdings, durch Aufklärung solche Falschmeldungen einzudämmen. Dafür kann man die Gesundheitsbenachrichtigungen der WHO abonnieren, wo seit Freitag Fragen zum Coronavirus beantwortet werden. Zudem unterstützt WhatsApp das International Fact-Checking Network (IFCN) mit Fördergeldern in Höhe von einer Million US-Dollar. Die Faktenprüfer sind in 45 Ländern aktiv, um Falschmeldungen zu identifizieren. Auf der eigenen Webseite informiert WhatsApp über das Coronavirus, empfiehlt vertrauenswürdige Informationsplattformen und fordert Nutzer auf, Nachrichten nicht weiterzuleiten, wenn man sich nicht sicher ist, ob die Information darin stimmen. "Darüber hinaus sperrt WhatsApp mehr als zwei Millionen Konten pro Monat, weil sie durch automatisiertes Verhalten oder massenhaften Versand aufgefallen sind – 75 % dieser Konten noch bevor sie uns von Nutzen gemeldet wurden", teilte ein Facebook-Sprecher der futurezone mit.
In Österreich bietet die Agentur für Ernährungssicherheit (AGES) eine umfangreiche Informations-Sammlung zum aktuellen Stand der Forschung über das Coronavirus. Das Sozialministerium teilt täglich aktuelle Zahlen und Maßnahmen der österreichischen Regierung. In Deutschland informiert das Robert-Koch-Institut und auf der Webseite der Weltgesundheitsorganisation wird unter anderem über Mythen rund um die Krankheit aufgeklärt.