Angst vor Deepfakes: Niemand darf einfach so mit Politikern sprechen
Nachdem der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) Opfer eines falschen Vitali Klitschko geworden ist, ersucht das Außenministerium, Politiker, die mit ausländischen Kollegen per Telefon oder Videoschaltung Beratungen abhalten, sich im Voraus mit der jeweiligen Botschaft kurzzuschließen: "Um solche bedauerlichen Vorfälle künftig zu vermeiden, möchte das Außenministerium darauf hinweisen, dass die Koordination solcher Termine über die zuständige Botschaft erfolgen soll."
Weiter hieß es am Sonntag aus dem Außenamt, man stehe in solchen Fällen für die Kontaktherstellung und Terminvereinbarung mit den offiziellen Stellen in der Ukraine "routinemäßig und jederzeit unterstützend zur Seite".
Botschaft und Außenministerium nicht informiert
Im Falle der Planung von Ludwigs Gespräch mit dem Kiewer Bürgermeister Klitschko seien weder das Außenministerium noch die österreichische Botschaft in Kiew involviert gewesen. Der Botschafter sei lediglich vom Büro des Wiener Bürgermeisters am 10. Juni über das durch die Stadt Wien bereits vereinbarte Gespräch in Kenntnis gesetzt worden. "Es war auch kein Mitarbeiter des Außenministeriums oder der Botschaft persönlich oder virtuell anwesend."
Die Botschaft in Kiew konnte den Angaben zufolge dann erst am Samstag feststellen, dass Ludwig nicht mit dem echten Klitschko gesprochen hatte. Weitere derartige Fake-Anrufe, die Österreich betreffen, sind dem Außenamt derzeit nicht bekannt.
Nicht nur Ludwig sondern auch Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey und das Madrider Stadtoberhaupt José Luis Martinez-Almeida wurden Opfer eines falschen Klitschko. Doch diese hatten noch während des Gesprächs erkannt, dass es sich um einen Fake-Klitschko handelte. Auch Budapest soll betroffen gewesen sein.
Noch keine weiteren Infos zum Vorfall
Mutmaßlich handelte es sich um sogenannte Deepfakes, also manipulierte Videoschaltungen. Dabei werden mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) realistisch wirkende Medieninhalte erzeugt. Wie das genau im Fall von Klitschko geschah und wer dahinter steckte - etwa Russland, das seit Monaten Krieg in der Ukraine führt - ist bisher unklar. Seitens des Wiener Bürgermeisters Ludwig hieß es dazu: „Es handelt sich hier mutmaßlich um einen schweren Fall von Cyberkriminalität, mit dem wir uns kritisch auseinandersetzen müssen. Wir überprüfen derzeit den Hergang und werden geeignete Maßnahmen treffen, um dieser neuen Form der Cyberkriminalität künftig zu begegnen.“
Laut Ludwig habe es keine Indizien dafür gegeben, dass das Gespräch nicht mit einer realen Person geführt wurde, und es habe keinen Grund gegeben, das Gespräch zu hinterfragen. Einen Hinweis darauf hätte jedoch der Mailabsender liefern können, von dem aus die Einladungen versandt worden waren: Diese kamen von einer E-Mail-Adresse namens mayor.kyiv@ukr.net. Dabei handelt es sich um einen kommerzieller Mailhoster, den jeder verwenden kann. Offizielle E-Mail-Adressen enden in der Ukraine mit gov.ua, wie es in den meisten Staaten üblich ist.