Löschflugzeuge über Notre Dame: Einsatzkräfte weisen Trump zurecht
Der Brand der Kathedrale von Notre Dame führte zu Reaktionen aus aller Welt. Unter anderem meldete sich auch US-Präsident Donald Trump in einem Tweet zu Wort und gab der französischen Feuerwehr Rat. „Vielleicht könnten Löschflugzeuge eingesetzt werden, um das Feuer zu löschen. Man muss rasch handeln!“, schrieb Trump am Montagabend. Die Aussage des 72-Jährigen wurde dermaßen heftig auf der Social-Media-Plattform diskutiert, dass sich sogar die französische Zivilschutzbehörde dazu gezwungen sah, darauf zu antworten.
„Hunderte Feuermänner der Pariser Feuerwehr tun alles, was sie können, um das fürchterliche Feuer in Notre Dame unter Kontrolle zu bringen. Wir setzen alles ein, was wir zur Verfügung haben, mit der Ausnahme von Löschflugzeugen, da diese zum Einsturz der Kathedrale führen könnten“, schrieb die Sécurité Civile auf Twitter. Obwohl der Tweet nicht direkt an Trump adressiert war, war auffällig, dass es sich um den einzigen Beitrag der Behörde handelte, der auf Englisch verfasst wurde.
Verschiedene Experten bestätigten die Einschätzung der Sécurité Civile. Eric Kennedy, Experte für Krisen- und Notfallmanagement an der Universität York, wies in einem Twitter-Thread darauf hin, dass es schwierig sei, derartige Löschflugzeuge in Paris rasch mit Wasser zu befüllen. Mit der Seine habe Paris zwar eine potenzielle Wasserquelle, die zahlreichen Brücken würden aber den Auffüllvorgang behindern.
Auch der Feuerwehrmann Gregg Favre ging in einem längeren Twitter-Thread auf die Herausforderungen des Einsatzes ein. „Die Mauern von Notre Dame sind stabil, aber geschwächt durch das Feuer könnte das Gerüst einstürzen. Sind die Straßen in der Region, in die sie fallen könnten, geräumt und von Schaulustigen und Fahrzeugen befreit? Sind irgendwelche anderen Gebäude bedroht? Wenn eine Feuerwand herabstürzt, wie sieht der Plan aus, dieses Feuer zu bekämpfen?“, legt Favre die Herausforderungen dar.
Mittlerweile wurden die Flammen komplett gelöscht. „Das ganze Feuer ist aus“, sagte der Sprecher der Feuerwehr, Gabriel Plus, am Dienstag. Nun beginne die Phase der Begutachtung. Man habe die ganze Nacht über sichergestellt, dass das Feuer nicht wieder ausbricht und die Gebäudestrukturen überwacht.
Der Brand auf dem Dach habe sich am Montagabend sehr schnell auf rund 1.000 Quadratmeter ausgebreitet, so Plus weiter. Bei dem Feuer sind nach ersten Erkenntnissen drei Menschen leicht verletzt worden. Dabei handle es sich um zwei Polizisten und einen Feuerwehrmann, teilte die Feuerwehr mit.
Bereits Millionenspenden angekündigt
Experten und Architekten wollen darüber beraten, wie die Feuerwehr ihre Arbeit fortsetzen kann und ob die Kathedrale stabil ist, so der Staatssekretär im Innenministerium, Laurent Nunez, im Sender BFM TV. Rund hundert Feuerwehrwehrleute seien noch im Einsatz, am Montagabend waren es 400.
Eine internationale Geberkonferenz soll nach dem Brand Geld für den angestrebten Wiederaufbau sammeln. Einen entsprechenden Vorschlag verkündete die Bürgermeisterin von Paris, Anne Hidalgo, über ihren Twitter-Account. Sie wolle die Spenderkonferenz im Rathaus von Paris veranstalten, um die notwendigen Mittel für den Wiederaufbau der Kathedrale zusammenzubekommen.
Frankreich will das berühmte Wahrzeichen wieder instandsetzen. „Wir werden Notre Dame wieder aufbauen“, sagte Staatschef Emmanuel Macron am späten Montagabend. „Denn das ist es, was die Franzosen erwarten.“
Erste Großspender können Hidalgo und Macron bereits auf der Haben-Seite buchen: Die Familie des französischen Unternehmers und Milliardärs Bernard Arnault kündigte über Arnaults Luxuslabel LVMH an, sich mit 200 Millionen Euro an der Rekonstruktion beteiligen zu wollen. Zuvor hatte bereits die französische Milliardärsfamilie Pinault 100 Millionen Euro für den Wiederaufbau versprochen. Die superreichen Franzosen Arnault und Pinault sind als Kunstliebhaber, Mäzene und Konkurrenten bekannt.
Struktur abgesichert
Das Feuer war am Montagabend in der weltberühmten Kathedrale im Herzen von Paris ausgebrochen. Die Flammen verwüsteten den Sakralbau, der Dachstuhl stand lichterloh in Flammen. Das genaue Ausmaß der Zerstörungen war noch nicht bekannt. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte am Abend erklärt, das Schlimmste sei verhindert worden.
Der Direktor des Gotteshauses sieht keine Sicherheitsmängel beim Brandschutz. Es gebe etwa Brandaufseher, die drei Mal täglich den Dachstuhl prüfen, sagte Patrick Chauvet dem Sender France Inter. „Ich denke, dass man nicht mehr machen kann.“ Aber es gebe natürlich immer Vorfälle, die man so nicht habe vorhersagen könne. Man müsse nun prüfen was passiert sei - er wisse es noch nicht.
Die Feuerwehr war während des Brandes in großer Sorge um die beiden Türme des massiven Baus. Priorität der Arbeiten sei es gewesen, die Struktur der beiden Türme zu schützen, sagte Sprecher Plus.
Die Befürchtung sei gewesen, dass die Konstruktion der Türme geschwächt würde und die tonnenschweren Glocken von Notre-Dame abstürzen könnten. Zu Beginn der Löscharbeiten sei es nicht übereilt gewesen, einen Zusammenbruch der Strukturen zu bedenken.
Keine Brandstiftung
Eine große Herausforderung für die Arbeiten sei die Sicherung der Kunstschätze gewesen. Nach dem Einsturz des Spitzturms, der sich im Zentrum des Mittelschiffs befand, seien Leute aus dem Inneren der Kirche zurückgezogen worden. Dort sei dann ein Roboter eingesetzt worden.
Die Pariser Staatsanwaltschaft ermittelt, bisher wird dabei die Spur eines Unfalls verfolgt. Das Feuer sorgte weltweit für Entsetzen. Es war am Montagabend ausgebrochen, über Stunden schlugen Flammen in den Himmel.
„Man kann annehmen, dass die Struktur von Notre Dame gerettet und in ihrer Gesamtheit bewahrt ist“, sagte Feuerwehrchef Jean-Claude Gallet. Dies soll nun auch mit Lasertechnik untersucht werden.
Schätze gerettet
Die Staatsanwaltschaft leitete eine Untersuchung wegen unbeabsichtigter Zerstörung durch Feuer ein, von Brandstiftung ist bisher nicht die Rede. Der Brand könnte mit Bauarbeiten auf dem Dach der Kirche zusammenhängen. Die Staatsanwaltschaft nahm dazu zunächst keine Stellung. Die Ermittler begannen in der Nacht, die Arbeiter der Baustelle zu befragen. Auf dem Dach hatten die Bauarbeiter ein Gerüst angebracht.
Eine der wichtigsten Reliquien wurde aus der brennenden Kathedrale gerettet. Es handle sich dabei um die Dornenkrone, die Jesus Christus bei seiner Kreuzigung getragen haben soll, sagte Patrick Chauvet, der Direktor des Gotteshauses. Die Flammen hätten den Kirchenschatz nicht erreicht.
Notre Dame ist eine der wichtigsten Pariser Touristenattraktionen und wird jährlich von Millionen Menschen besucht. Die Kathedrale steht im Herzen der Stadt auf der Seine-Insel Ile de la Cite.