Digital Life

"Der Algorithmus allein ist nicht schuld an der Polarisierung"

Wer kennt es nicht? Man kauft sich online ein Faschingskostüm und erhält Wochen und sogar Monate später am Laptop und Handy immer noch Werbeanzeigen mit Faschingskostümen, obwohl der Fasching schon lange vorbei ist. Mit diesem Problem kämpft zumindest Psychologin, Schauspielerin und Kabarettistin Nina Blum in der aktuellen Sendung "Spontan gefragt" auf KURIER TV mit Markus Hengstschläger.

Dabei bestimmen sogenannte Empfehlungsalgorithmen, welche Inhalte und auch Anzeigen wir im Web angezeigt bekommen. Computerwissenschafter Stefan Neumann von der TU Wien beschäftigt sich bereits seit Jahren mit der Technologie und ist ebenfalls zu Gast im Studio.

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Algorithmen als Geldmaschine

"Plattformen wollen die Nutzer möglichst lange halten, um Geld mit ihnen zu verdienen", sagt Neumann. Algorithmen in sozialen Netzwerken verstärken daher besonders kontroverse und polarisierende Inhalte. Diese erzeugen nämlich Aufmerksamkeit, regen zum Kommentieren an oder man regt sich einfach nur darüber auf. "Diese Postings führen aber auch zu sozialen Nebenwirkungen", sagt Neumann. Es wird viel Missinformation geteilt, politische Meinungen klaffen weiter auseinander.

"Sind Menschen, die nicht auf Social Media sind, also objektiver?", fragt sich Blum. Nicht unbedingt. Es gibt natürlich Leute, die auf Facebook und Co. nur in Gruppen mit Gleichgesinnten, sogenannten Echokammern, verkehren. Andererseits zeigen Studien auch, dass viele Social-Media-Nutzer ihre Informationen auch über andere Quellen beziehen, diese sogar aktiv suchen.

Der Algorithmus ist nicht (nur) schuld

Es kommt laut Neumann immer auf die einzelne Person an. Dem Algorithmus die Schuld für die Polarisierung der Gesellschaft zu geben, ist für ihn zu einfach. "In WhatsApp-Gruppen und auf Telegram, wo Missinformation besonders verbreitet wird, gibt es gar keinen Algorithmus", sagt der Forscher.

Dennoch können Algorithmen dazu beitragen, dass Extrempositionen besonders prominent angezeigt werden. Neumann und sein Team arbeiten daher an Algorithmen, die etwas gemäßigter sind. Die zeigen nicht nur extreme Meinungen an und können so vielleicht Brücken in der Gesellschaft bilden.

Werbung wirkt durch Masse

Und auch für das Dilemma mit den Faschingskostümanzeigen hat Neumann eine Erklärung. "Studien zeigen: je häufiger eine Werbeanzeige angezeigt wird, desto mehr Leute kaufen es trotzdem - auch wenn sie schon ein Kostüm haben. Vielleicht ist das zweite dann für den Partner, oder für die Faschingsparty nächstes Jahr."

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Marcel Strobl

marcel_stro

Ich interessiere mich vor allem für Klima- und Wissenschaftsthemen. Aber auch das ein oder andere Gadget kann mich entzücken.

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