Digital Life

So soll der Stealth-Fighter F/A-XX der US Navy gerettet werden

Die F-47 wird nicht nur die Nachfolgerin der F-22, sondern auch „das beste und tödlichste Flugzeug, das jemals gebaut wurde“. Das behauptet zumindest US-Präsident Trump, für den der neuen Stealth-Fighter ein Teil seines Vermächtnisses sein soll. Deshalb heißt der „Superflieger“ auch F-47 – weil Trump gerade der 47. Präsident der USA ist.

Das Enthüllungsbild der F-47

Damit die F-47 der US Air Force noch in seiner Legislaturperiode abhebt, müssen Milliarden in das Projekt gebuttert werden. Und weil das Geld nicht aus dem Nichts kommt, wird dafür überall anders gespart. Auch das Stealth-Fighter-Programm der US Navy soll deshalb für unbestimmte Zeit auf Eis gelegt werden. Jetzt wird für die F/A-XX aber ein Rettungsversuch unternommen.

F/A-XX-Konzeptgrafik von Boeing

US-Senat stellt sich hinter die F/A-XX

Das Pentagon sieht vor, die finanziellen Mittel für die F/A-XX zu streichen. Das ging aus den Budgetentwürfen für das nächste Fiskaljahr hervor. Es ist lediglich vorgesehen, dass die Navy für F/A-XX eine „minimale Finanzierung bekommt, um den Entwicklungsfortschritt zu erhalten“, so ein Vertreter des Pentagons, bei der Vorstellung des Budgetentwurfs. Das kann man in etwa vergleichen mit der Übernahme der Lagerkosten, damit gebaute Windtunnelmodelle im Hangar bleiben können und ab und zu vom Putzpersonal abgewischt werden, anstatt sie im Freien verrotten zu lassen.

➤ Mehr lesen: Superflieger ist zu teuer: F-47 killt F/A-XX, A-10 und F-35

Jetzt schreitet aber das Senate Committee on Appropriations ein. Der ständige Ausschuss des Senats ist für die Bereitstellung der finanziellen Mittel zuständig. Er stellt sich gegen die Entscheidung des Pentagons und hinter die F/A-XX. Der Ausschuss hat einen eigenen Budgetvorschlag präsentiert, in dem 1,4 Milliarden US-Dollar für die F/A-XX vorgesehen sind. Auch die vom Pentagon gestrichene Beschaffung des Frühwarnflugzeugs E-7 Wedgetail ist mit 647 Millionen US-Dollar wieder eingeplant.

Eine E-7 der australischen Luftwaffe

F/A-XX für den Krieg im Pazifik

Zuvor hatte sich die US Navy vehement dafür ausgesprochen, dass die F/A-XX nicht auf Eis gelegt wird. Admiral Daryl Caudle, Kandidat für den Posten des Chief of Naval Operations, hat gesagt: „Die Fähigkeit, die Luftüberlegenheit zu erhalten, wird aufs Spiel gesetzt, wenn die Navy nicht in einer relevanten Zeitspanne einen Kampfjet der 6. Generation erhält. Ohne den Ersatz für die F/A-18E/F Super Hornet und E/A-18G Growler wird die Navy gezwungen, diese Generation-4-Flieger nachzurüsten und mehr Jets der 5. Generation zu kaufen - in einem Versuch, mit den Kampfjets der 6. Generation mitzuhalten, einer Bedrohung, die bereits fliegt.“

Was bedeutet Kampfjet der 6. Generation?

Kampfjets werden in Generationen eingeteilt. Die aktuellste, die im Einsatz ist, ist die 5. Generation, die sich durch vor allem durch Tarnkappeneigenschaften auszeichnet. Dazu gehören etwa die F-22, F-35, Su-57, J-20 und J-35.

Zu den derzeit noch lose definierten Fähigkeiten eines Kampfjets der 6. Generation gehören:

  • Tarnkappeneigenschaften und interner Waffenschacht
  • Für Luftkämpfe und Bodenangriffe geeignet
  • Geeignet für elektronische Kriegsführung
  • Erweiterte Datenübertragungsfähigkeiten für das vernetzte Schlachtfeld und Datenübertragung direkt zu Satelliten
  • Kann optional ferngesteuert und mindestens teilautonom mittels KI agieren
  • Helm-Display ist mit Außenkameras verbunden, damit der Pilot „durch das Flugzeug“ durchschauen kann und so eine 360-Grad-Rundumsicht hat
  • Adaptives Triebwerk
  • Erweiterte Gegenmaßnahmen, wie Jammer, Infrarot-Blender und optional Energiewaffen – etwa um anfliegende Raketen per Laser zu zerstören

Mit der „Bedrohung“ ist China gemeint. Die Rüstungsstrategie der USA ist derzeit stark auf einen Konflikt mit China im Pazifik ausgerichtet. China hat mehrfach angedroht, Taiwan zu erobern und die USA haben mehrfach zurückgedroht, dass man Taiwan zur Hilfe eilen werde.

China hat Ende 2024 mit Testflügen für die J-36 und J-50 begonnen, bei denen es sich um Kampfjets der 6. Generation handeln soll. Da bei einem Krieg gegen China im Pazifik die Flugzeugträger der US Navy an vorderster Front stehen würden, hätte China hier einen technologischen Vorteil und könnte sich die Luftüberlegenheit sichern. Und wer bei einem Krieg über dem Meer die Luftüberlegenheit hat, hat auch sehr gute Chancen, mit von Flugzeugen gestarteten Antischiffsraketen die Überlegenheit auf dem Meer zu erhalten.

F/A-18E/F seit 24 Jahren im Einsatz

Die F/A-18E (Einsitzer) und F/A-18F (Zweisitzer) sind das Rückgrat der Navy-Flugzeugträgerflotte. Sie wurden 2001 in Dienst gestellt. Die Navy besitzt über 400 Stück davon, 93 weitere sind bestellt.

Die E/A-18G ist eine Variante der F/A-18F zur elektronischen Kriegsführung. Die zukünftige F/A-XX soll ebenfalls Fähigkeiten zur elektronischen Kriegsführung haben und damit sowohl die F/A-18E/F als auch die E/A-18G ablösen können.

E/A-18G

F-35C nicht mit allen Flugzeugträgern kompatibel

Der größte Nachteil der F/A-18E/F und E/A-18G am modernen Schlachtfeld: Sie haben keine Tarnkappenfähigkeiten. Dazu hat die Navy die F-35C – allerdings nur etwa 110 Stück. Zudem sind nicht alle Flugzeugträger mit dem Stealth-Jet der 5. Generation kompatibel und müssten erst entsprechend umgebaut werden.

F-35C startet an Bord der USS Carl Vinson

Sogar die USS Gerald R. Ford, der neueste und größte Flugzeugträger der US Navy, hat noch keine F-35C an Bord. Der Bau des Kriegsschiffs war bereits zu weit vorangeschritten, um die zum Betrieb der F-35C nötige Infrastruktur einzubauen. Die Ford muss erst damit nachgerüstet werden.

China rüstet bei Stealth-Fighters auf

Eigentlich wollte die Navy noch über 270 Stück F-35C anschaffen. Jetzt stellt sich aber die Frage, ob das noch sinnvoll ist. Denn China hat mit der J-36 und J-50 nicht nur potenzielle Generation-6-Stealth-Flieger in Arbeit, sondern mit der J-35 auch vor Kurzem einen Gen-5-Jet für Flugzeugträger eingeführt, der durch seine 2 Triebwerke vermutlich leistungsstärker als die F-35 ist.

➤ Mehr lesen: Stealth-Fighter für die Fujian: Serienversion der J-35 gesichtet

J-35

Zudem arbeitet China an mehreren luftkampffähigen Drohnen, die von Flugzeugträgern starten können. Für die Navy scheint es da sinnvoller, gleich die technisch fortschrittlichere F/A-XX voranzutreiben, statt weiterhin auf die F-35C zu setzen. Das Konzept der F/A-XX sieht außerdem vor, genau wie bei der F-47, dass es Wingman-Drohnen gibt, die den Kampfjet begleiten und bei Kampfeinsätzen in der Luft und gegen Boden- und Seeziele unterstützen.

➤ Mehr lesen: Dieser unbemannte Kampfjet soll den Superflieger F-47 begleiten

Geringe Readiness der F-35 ein Problem

Zudem hat die F-35 eine niedrige Readiness. Die Landversion F-35A, die pflegeleichter als die F-35C ist, hatte 2024 eine Readiness von 51,5 Prozent. Das heißt: Von den etwa 400 aktiven F-35A, die die US Air Force derzeit betreibt, war nur rund die Hälfte einsatzbereit.

Für die F-35C gibt es keine offiziellen Zahlen zur Readiness. Da die F-35C bei den Katapultstarts und Landungen mit Fangseil stärker belastet und noch dazu der Meeresluft mit dem höheren Salzgehalt ausgesetzt ist, muss sie vermutlich öfters gewartet und repariert werden, weshalb die Readiness noch niedriger ist. Deshalb ist auch eine Anforderung an die F/A-XX, dass sie robuster ist und somit länger im Einsatz bleiben kann, bevor sie gewartet werden muss.

NGAD: Selber Name, 2 Projekte

Warum sich die Air Force und Navy überhaupt um die Finanzierung von F-47 und F/A-XX streiten müssen, scheint nicht ganz klar. Bei der F-35 haben sie auch geschafft, sich zusammenzutun – inklusive der US Marines, die mit der F-35B die Variante mit Senkrechtstartfunktion nutzen.

Die Air Force und Navy nutzten zu Beginn sogar denselben Namen für ihre parallel laufenden Projekte: NGAD - Next Generation Air Dominance. Mit Boeing, Lockheed Martin und Northrop Grumman bewarben sich auch dieselben Unternehmen, jeweils für NGAD der Air Force und der Navy.

Die offizielle Begründung für die getrennten Projekte ist, dass die Anforderungen von Air Force und Navy an die Stealth-Jets der 6. Generation zu unterschiedlich sind. Kooperieren wollte man aber zumindest bei den Triebwerken der neuen Flieger, Projektname NGAP (Next Generation Adaptive Propulsion).

Pentagon wollte Boeing die Schuld geben

Im Laufe der vergangenen Jahre gab es immer wieder Auf und Abs bei beiden Projekten. Zwischendurch sah es so aus, als wollte die Air Force ihr NGAD-Projekt einstellen, während die Navy darauf beharrte, mit ihrem weiterzumachen. Deshalb kam es relativ überraschend, als mit der F-47 im März die Siegermaschine des NGAD-Projekts der Air Force verkündet wurde. Daraufhin wurde angenommen, dass die Navy ihre F/A-XX wenige Wochen danach präsentieren wird – bis dann das Pentagon mehr oder weniger das Ende für das maritime NGAD-Projekt verkündete.

Die Begründung dafür war natürlich nicht direkt, dass die F-47 möglichst schnell realisiert werden soll, damit sie noch zu Trumps Amtszeit in Dienst gestellt werden kann. Stattdessen wurde behauptet, man wolle sich die F-47 konzentrieren, weil die Rüstungsindustrie nicht in der Lage sei, 2 Kampfflugzeuge der 6. Generation gleichzeitig zu entwickeln, zu testen und zu bauen.

Bisher ist die F-47 nur als Grafik zu sehen gewesen

Boeing, das die F-47 bauen wird, sieht das nicht so: „Unsere Strategie war, dass wir an beiden NGAD-Projekten teilnehmen, gewinnen und abliefern werden“, sagte Steve Parker, CEO von Boeing Defense: „Wir haben 5 Milliarden US-Dollar investiert, um beide NGAD-Projekte voranzutreiben. Also ja, wir können absolut beide Jets bauen.“

Das setzt voraus, dass Boeing auch für die F/A-XX den Zuschlag bekommt. Lockheed hat sich angeblich zurückgezogen aus der Ausschreibung, Boeing müsste also nur noch Northrop schlagen, das derzeit für die US Air Force den Stealth-Bomber B-21 Raider baut.

Und natürlich müsste dazu auch beschlossen werden, ob es wirklich mit der F/A-XX weitergeht. Das Pentagon und der Senat haben jetzt konkurrierende Budgetvorschläge für die Rüstungsausgaben vorgelegt und müssen sich auf einen gemeinsamen Entwurf einigen.

Über dessen Annahme wird danach final abgestimmt und schließlich muss der US-Präsident das Ganze absegnen. Sollten Trumps Berater ihm einflüstern, dass die Fortsetzung von F/A-XX „seinen“ Superflieger F-47 verzögern könnte, wird er womöglich alles daran setzen, dies zu verhindern.

Klicken Sie hier für die Newsletteranmeldung

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

mehr lesen