F-35A

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© US Air Force

Militärtechnik

Billiger als Superflieger F-47: Erste Details zur „Ferrari“ F-35

Als US-Präsident Trump die F-47 enthüllt hat, konnte er sich vor Superlativen kaum einkriegen. Es soll nicht nur der tödlichste Kampfjet der Welt sein, sondern natürlich auch der beste – ein wahrer Superflieger also.

Den Auftrag für die F-47 hat Boeing bekommen. Überraschenderweise hat Lockheed Martin, das ebenfalls bei der NGAD-Ausschreibung dabei war, aus der schließlich die F-47 hervorging, keine Klage gegen die Entscheidung eingereicht. Bei solchen Großaufträgen, die potenziell in die Billionen US-Dollar gehen, ist das normalerweise üblich.

Das Enthüllungsbild der F-47

Das Enthüllungsbild der F-47

Warum Lockheed nicht geklagt hat: Man will eine günstigere Alternative zur F-47 anbieten, in der Form eines Upgrades für die bewährte F-35. Lockheed nennt das ein „Nascar-Upgrade“ und eine „Ferrari-F-35“, die 80 Prozent der Fähigkeiten der F-47 haben, aber nur die Hälfte des Kampfjets der 6. Generation kosten soll.

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Bisher konnte man nur mutmaßen, welche Upgrades das sein sollen, die die F-35 zu einem Kampfjet der Generation 5+ machen werden. Jetzt hat sich Lockheed erstmals dazu geäußert und damit viele der Prognosen der futurezone bestätigt – aber auch von einer selbstfliegenden F-35 gesprochen.

Was bedeutet Kampfjet der 6. Generation?

Kampfjets werden in Generationen eingeteilt. Die aktuellste, die im Einsatz ist, ist die 5. Generation, die sich durch vor allem durch Tarnkappeneigenschaften auszeichnet. Dazu gehören etwa die F-22, F-35, Su-57, J-20 und J-35.

Zu den derzeit noch lose definierten Fähigkeiten eines Kampfjets der 6. Generation gehören:

  • Tarnkappeneigenschaften und interner Waffenschacht
  • Für Luftkämpfe und Bodenangriffe geeignet
  • Geeignet für elektronische Kriegsführung
  • Erweiterte Datenübertragungsfähigkeiten für das vernetzte Schlachtfeld und Datenübertragung direkt zu Satelliten
  • Kann optional ferngesteuert und mindestens teilautonom mittels KI agieren
  • Helm-Display ist mit Außenkameras verbunden, damit der Pilot „durch das Flugzeug“ durchschauen kann und so eine 360-Grad-Rundumsicht hat
  • Adaptives Triebwerk
  • Erweiterte Gegenmaßnahmen, wie Jammer, Infrarot-Blender und optional Energiewaffen – etwa um anfliegende Raketen per Laser zu zerstören

Bessere RAM-Beschichtung für mehr Stealth

Die neuen Infos zur Ferrari-F-35 kommen direkt vom Lockheed-CEO Jim Taiclet. Er hat bei einer Konferenz über das Upgrade gesprochen, berichtet twz. Er nannte dabei erneut das Ziel von „80 Prozent der F-47-Fähigkeiten zu 50 Prozent der Kosten“. Dies könne erreicht werden, weil die Technologien bereits für das NGAD-Projekt entwickelt wurden und deshalb verhältnismäßig günstig für die F-35 adaptiert werden können.

Speziell erwähnt hat er neue Beschichtungen, die die Infrarot- und Radarsignatur reduzieren sollen. Das würde die Stealth-Eigenschaften der F-35 erhöhen und sie schwerer für die Luftabwehr und die Suchköpfe von Raketen erfassbar machen.

Ein weiteres Ziel wird wohl sein, dass die Beschichtung robuster ist als das aktuelle RAM (Radar Absorbing Material) der F-35. Denn dieses löst sich mit der Zeit und ist anfällig für Korrosion. Auf Flugzeugträgern der US Navy sieht man deshalb oft F-35Cs mit einer braunen Färbung – es sieht fast so aus, als ob sie Flugrost hätten.

F-35C RAM

Weil das aktuelle RAM oft erneuert werden muss, damit die F-35 ihre Stealth-Eigenschaften behält, sind viele der Flieger in Wartungshallen statt in der Luft. Auch das ist ein Grund für die geringe Readiness des Kampfjets – also den Wert in Prozent, den ein Flieger einsatzbereit ist. 2024 lag die Readiness der F-35A bei 51,5 Prozent. Von den etwa 400 aktiven F-35A, die die US Air Force derzeit betreibt, war also nur rund die Hälfte einsatzbereit.

Neue Hülle für mehr Stealth

Ein weiterer wichtiger Teil der Ferrari-F-35 ist eine neue Hülle, die nicht die Umgestaltung der Kernstruktur des Stealth-Jets erfordert. Darauf bezieht sich Lockheeds Vergleich zu Nascar. In dieser US-Rennklasse sind nämlich früher nur Serienfahrzeuge angetreten, die lediglich Tourenwagen-ähnliche Chassis, als eine Art Renn-Karosserie, bekommen haben.

„Wir haben einige Erfahrungen gemacht, was die Form des Flugzeugs betrifft. Speziell bei den Lufteinlässen des Triebwerks und der Düse könnten wir Verbesserungen vornehmen, ohne die F-35 völlig neu designen zu müssen“, sagt Taiclet.

DIe F-35 hat trapezförmige Lufteinlässe für das Triebwerk

DIe F-35 hat trapezförmige Lufteinlässe für das Triebwerk

Diese 2 Komponenten sind besonders kritisch für die Stealth-Eigenschaften eines Kampfjets, weil sie im Grunde große Löcher im Rumpf darstellen. Und Löcher so zu integrieren, dass sie Radarstrahlen zerstreuen bzw. absorbieren, ist schwierig.

Besonders die Rückseite der F-35 hat hier Schwächen, weshalb ihr Design in der Vergangenheit immer wieder kritisiert wurde. Angeblich wurde aus Kostengründen auf einen Mechanismus bzw. eine Form verzichtet, die der Düse bessere Stealth-Eigenschaften verlieht.

F-35A

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Pilot optional

Ebenfalls auf der To-do-Liste für die Ferrari-F-35 stehen laut Taiclet Verbesserungen bei der elektronischen Kriegsführung, den Netzwerkfähigkeiten und der Autonomie. Gerades Letzteres sei „sehr kritisch“ und würde den Weg ebnen, dass die F-35 „in einer akzeptablen Zeitspanne optional bemannt wird“, sagt Taiclet.

Welche Upgrades die Ferrari-F-35 dann noch bräuchte, um ohne Pilot fliegen zu können, verrät der Lockheed-CEO nicht. Vermutlich bräuchte sie mehr Sensoren und Kameras, damit der Kampfjet seine Umgebung erfassen kann. Generell ist es plausibel, dass die F-35 ohne Pilot fliegt, da sie ohnehin eine digitale Architektur hat. Dies würde z. B. auch erlauben, dass sie, sobald sie von der F-47 abgelöst wird, als dessen Loyal Wingman dienen könnte – also als unbemannter Kampfjet, der Großteils autonom fliegt, aber vom Piloten der F-47 Befehle bekommen kann.

➤ Mehr lesen: Dieser unbemannte Kampfjet soll den Superflieger F-47 begleiten

Neue Waffen

Als weiteren Punkt auf der Agenda nennt Taiclet neue Waffen. Die Ferrari-F-35 könnte Waffen nutzen, die für NGAD entwickelt wurden, bzw. sich für die F-47 in Entwicklung befinden. Hier dürfte es vor allem um Luft-Luft-Raketen mit großer Reichweite gehen, die aber in den internen Waffenschacht passen.

Das ist wichtig, weil Raketen, die aufgrund ihrer Größe auf den Hardpoints unter den Flügeln angebracht werden, die Radarsignatur der F-35 erhöhen und damit die Stealth-Fähigkeiten reduzieren.

F-35I im Beast Mode

Eine isreaelische F-35I mit Bomben auf den Hardpoints unter den Flügeln

Sowohl Russland als auch China sollen über Luft-Luft-Raketen verfügen, die eine höhere Reichweite als die der USA haben. Die russische R-37M soll bis zu 400 km Reichweite haben und optional sogar mit einem nuklearen Gefechtskopf bestückt werden können.

➤ Mehr lesen: Russland hat neue nuklearfähige Luft-Luft-Raketen

Chinas PL-15 soll eine Reichweite von über 200 km haben. Die neue PL-21, die derzeit entwickelt wird, soll mindestens 300 km Reichweite haben. Angeblich peilt China hier sogar eine Variante mit bis zu 800 km Reichweite an.

Die amerikanische AIM-120 AMRAAM hat nur bis zu 180 km Reichweite. Ihr Nachfolger ist die von Lockheed entwickelte AIM-260 JATM. Sie soll mindestens 200 km Reichweite haben. Produziert wird sie seit 2024, noch wurde sie aber nicht in Dienst gestellt, weil die Integration mit Kampfjets noch nicht abgeschlossen ist.

Da auch die AIM-260 womöglich hinter den russischen und chinesischen Raketen zurückbleibt, hat Lockheed im Rahmen von NGAD vermutlich eine verbesserte Version entwickelt, mit mehr Reichweite. Und die könnte dann nicht nur in der F-47, sondern auch in der Ferrari-F-35 landen.

Straffer Zeitplan

Überraschend ist noch die Aussage von Taiclet, dass das Ferrari-Upgrade schon in 2 bis 3 Jahren fertig sein könnte. Bei der Konferenz präzisierte er, dass es sich dabei um den Zeitplan bis zu „Erstflug und Integration“ handelt. Die Bestandteile des Nascar-Pakets müssten dann nach und nach in die F-35-Produktion einfließen, „weil man nicht zu viel neues Equipment und zu viele neue Software gleichzeitig integrieren kann, ohne die fortlaufende Produktion zu unterbrechen“, sagt Taiclet.

Dazu, ob die Ferrari-F-35 künftig exportiert werden sollen, äußerte sich der Lockheed-CEO nicht. Taiclet sagte nur, dass man das F-35-Upgrade derzeit der US-Regierung vorschlägt. Für Länder, die aktuell auf ihre bestellten F-35 warten, wäre es ein willkommenes Upgrade. Für einen voraussichtlich akzeptablen Aufpreis könnten sie eine deutlich potentere Version der F-35 bekommen.

➤ Mehr lesen: Warum der US-Superflieger F-47 kein Exportschlager sein wird

Hier ist aber unklar, ob Lockheed von der US-Regierung die Erlaubnis bekommt, die Ferrari-F-35 zu exportieren. Denn die US-Regierung hat im Rahmen des NGAD-Programms Boeing und Lockheed für die Entwicklung der Technologien bezahlt, zumindest teilweise. Möglicherweise könnte sie von Lockheed verlangen, dass ein Teil der Förderungen zurückbezahlt werden muss oder eine Frist auferlegen, dass die Technologien erst nach einem Ablauf von z. B. 10 Jahren für den Export freigegeben werden.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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Gregor Gruber

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