Russlands Su-57 erstmals mit neuem Stealth-Triebwerk gesichtet
Russland arbeitet seit 6 Jahren an einem Update für die Su-57. Jetzt wurde erstmals eine wichtige Komponente der modernisierten Version des Tarnkappen-Kampfjets gesichtet.
Auf Fotos und Videos ist ein Triebwerk mit einer neuen Schubvektorsteuerung zu sehen. Die eckige Düse sieht radikal anders aus, verglichen mit den aktuellen, runden Düsen.
Das Flugzeug ist die T-50-2. Das ist der zweite fliegende Prototyp des Su-57-Programms. Dieser hob schon 2011 zum ersten Mal ab und wurde konstant weiterentwickelt, um zukünftige Upgrades für die Su-57 zu erproben. Auf den Fotos sieht man, dass die T-50-2 für die Tests 2 verschiedene Triebwerke hat: Links ist das neue AL-51F-1, rechts das übliche AL-41F-1.
Vektorsteuerung in 2D und 3D
Beide Triebwerke haben verstellbare Düsen, um eine Schubvektorsteuerung zu ermöglichen. Dabei wird der Abgasstrahl des Triebwerks in die gewünschte Richtung gelenkt. Neben Kampfjets und Senkrechtstartern, nutzen dieses Prinzip auch Raumschiffe, Trägerraketen und militärischen Raketen.
Das neue AL-51F-1 hat eine 2D-Vektorsteuerung, das alte AL-41F-1 eine 3D-Vektorsteuerung. Von 2D spricht man, wenn sich die Düsen bzw. Düsenklappen nur auf einer Achse bewegen. 3D ist es, wenn sich die Düse in mehreren Achsen bewegen kann.
Die Vektorsteuerung dient bei Kampfjets vor allem dazu, die Beweglichkeit im Luftkampf zu erhöhen. Die 3D-Bauweise hat bei der Beweglichkeit Vorteile gegenüber der 2D-Variante. Wäre die neue Düse bei der Su-57 dann nicht ein Downgrade?
Stealth statt Dogfight-Stärke
Das kommt darauf an, wofür man den Kampfjet nutzen will. Bei Stealth-Fightern der 5. Generation geht man eigentlich nicht davon aus, dass es zu einem Dogfight kommt – also dem Nahkampf in der Luft.
Stattdessen nutzen sie moderne Luft-Luft-Raketen. Die amerikanische AIM-174B hat etwa eine Reichweite von über 240 km, die russische KS-172 angeblich bis zu 400 km (genaue Daten sind geheim).
Deshalb wäre es für einen Stealth-Fighter wichtiger, möglichst gute Tarnkappenfähigkeiten zu haben. Und hier hat die 2D-Vektorsteuerung den Vorteil. Das AL-41F-1 war primär darauf ausgelegt, die Stealth-Eigenschaften von vorne zu erhalten. Das AL-51F-1 ist gemacht, um die Tarnkappenfähigkeiten auch seitlich und von hinten zu erhöhen.
Außerdem ist durch die eckige Form der Düse die Kühlung besser. Beim AL-51F-1 haben die Düsenklappen zudem kleine Kanäle, die einen zusätzlich Kühleffekt liefern. So soll auch die Infrarotsignatur des Kampfjets reduziert werden.
➤ Mehr lesen: Frankreichs neuer Stealth-Fighter kopiert von russischer Su-57
Neues Triebwerk gibt der Su-57 Supercruise
Die 2D-Vektorsteuerung beim AL-51F-1 wird die maximale Kurvengeschwindigkeit der Su-57 vermutlich senken und den Kurvenradius erhöhen. Dafür wird aber auch die Effizienz erhöht. Die neuen Düsenklappen ermöglichen Supercruise – also das längere Fliegen mit Überschallgeschwindigkeit (Mach 1) ohne die Nutzung der Nachbrenner.
Eigentlich war diese Fähigkeit von Anfang an für die Su-57 vorgesehen, konnte mit dem AL-41F-1 aber nicht umgesetzt werden. Einem Bericht von Aviation Week zufolge, dürfte das auf einen Streit zwischen dem Arkhip Lyulka Design Bureau, das für das AL-51F-1 verantwortlich ist, und Sukhoi zurückzuführen sein, das die Su-57 baut. Für das ursprüngliche Design des Triebwerks hätte der Flugzeugrumpf angepasst werden müssen, wogegen sich Sukhoi gewehrt hat. Der Grund dafür dürfte sein, dass die Su-57 schon etliche Jahre verzögert war und die russische Regierung auf eine Auslieferung drängte.
Bis das Design des AL-51F-1 entsprechend angepasst wurde, war die Su-57 schon mit dem AL-41F-1 in der Luft. Optimal ist das nicht: Das Triebwerk basiert nämlich technisch auf dem älteren AL-31F, das ua. bei der Su-27 und Su-30 genutzt wird.
Daher sind die Stealth-Eigenschaften nicht optimal: Das AL-31F war nicht für Tarnkappenfähigkeiten ausgelegt, während das AL-51F-1 eine Neuentwicklung, speziell für die Su-57, ist.
➤ Mehr lesen: Chinas neuer mysteriöser Stealth-Fighter soll "bis ins All" fliegen
Su-57 ist keine Erfolgsgeschichte
Wie etliche große Rüstungsprojekte Russlands in den 2000er-Jahren, ist auch die Su-57 von Budgetproblemen geplagt. Ihren Ursprung hat sie schon in den 1980er-Jahren, als die Entwicklung der MiG 1.44 angeregt wurde. Im Jahr 2000 flog ein Prototyp des Stealth-Fighters, das Programm wurde aber eingestellt.
Ende 2000 wurde ein neues Programm für ein Stealth-Fighter gestartet, das schließlich in der Su-57 endete. Bei der Entwicklung war Indien finanziell beteilig, stieg aber 2018 aus dem Projekt aus. Bisher gibt es keine offizielle Bestätigung, das irgendein Land die Export-Variante Kampfjets kaufen wird.
Der Stückpreis einer Su-57 für die russische Luftwaffe liegt angeblich bei 35 Millionen US-Dollar. Damit wäre die Su-57 deutlich günstiger als eine amerikanische F-22, die bei ihrer Einführung 143 Millionen US-Dollar gekostet hat.
Eigentlich hätten zwischen 2016 und 2020 52 Stück Su-57 geliefert werden sollen. Die russische Luftwaffe reduzierte diese Bestellung auf 12 Stück. 2019 hieß es dann, dass bis zum Jahr 2028 insgesamt 76 Stück Su-57 angeschafft werden. Wie viele Su-57 Russland aktuell besitzt und wie viele einsatzfähig sind, ist nicht bekannt. Schätzungen zufolge sind es 20 bis 24 Stück.
➤ Mehr lesen: Warum Russland eigene Stealth-Drohne abgeschossen haben könnte
Jet mit neuen Triebwerken heißt Su-57M
Die jetzt aufgetauchten Fotos und Videos mit dem AL-51F-1 deuten darauf hin, dass an der Su-57M gearbeitet wird. Den Auftrag für die Entwicklung der modernisierten Su-57 bekam Sukhoi schon im Oktober 2018. Bisher gibt es aber noch keine offizielle Bestellung für die Su-57M.
Es ist auch unklar, wann die Testflüge abgeschlossen sein werden und die Produktion beginnen könnte. Ursprünglich war die Serienfertigung für Mitte 2025 vorgesehen. Neben den neuen Triebwerken soll die Su-57M bessere Elektronik erhalten und Updates, die die Zuverlässigkeit erhöhen und die Wartung vereinfachen.
Weniger stealthy als die Amerikaner
Die aktuelle Su-57 ist Russlands erster und einziger Stealth-Kampfjet, der in Dienst gestellt wurde. Durch die spezielle Form soll der Radarquerschnitt klein gehalten werden. Interne Waffenschächte helfen ebenfalls dabei, den Radarquerschnitt zu reduzieren.
➤ Mehr lesen: So wird Österreichs Luftraum überwacht
Die Glaskuppel des Cockpits hat eine Beschichtung aus Metalloxiden, die die Radarrückstrahlung um 30 Prozent reduziert. Das alles soll dazu beitragen, dass der Radarquerschnitt etwa 30-mal kleiner als der einer Su-27 ist. Laut Sukhoi beträgt der Radarquerschnitt der Su-57 0,1 bis 1 m². Das ist deutlich größer als die der amerikanischen Stealth-Fighter F-22 (ca. 0,001 m²) und F-35 (ca. 0,05 m²).
Bewaffnung
Die maximale Waffenlast der Su-57 soll zwischen 7.500 und 10.000 kg liegen. In den 2 Waffenschächten der Su-57 können Luft-Luft-Raketen, Luft-Boden-Raketen, Antischiffsraketen und Lenkbomben untergebracht werden. Russland arbeitet an einer Hyperschallrakete auf Basis der 47M2 Kinzhal, die klein genug für die Waffenschächte ist.
An der Außenseite gibt es 6 Hardpoints für Zusatztanks oder weitere Waffen, was aber den Radarquerschnitt erhöht. Bewaffnet ist die Su-57 zudem mit einer 30mm-Bordkanone mit 150 Schuss.
Mit dem AL-41F-1 erreicht die Su-57 eine Maximalgeschwindigkeit von 2.600 km/h. Die Dienstgipfelhöhe ist mit 20.000 Meter angegeben. Bei Unterschallflug beträgt die Reichweite bis zu 3.500 km, der Einsatzradius wird mit 1.250 km angegeben.
Aufschließen zur F-22
Die Su-57 ist technisch gesehen ein Gegenstück zur amerikanischen F-22. Militärexperten halten sie der F-22 für unterlegen, weil die Stealth-Fähigkeiten geringer sind und sie kein Supercruise beherrscht. Mit dem AL-51F-1 könnte die Su-57M zumindest etwas aufschließen zur F-22 – die die USA eigentlich schon wieder mit einem Nachfolge-Jet ersetzen will. Allerdings stockt das NGAD-Projekt.
➤ Mehr lesen: Kampfjet der Zukunft: Air Force steht wieder bei Null
Den Vergleich mit der F-22 muss sich die Su-57M noch mehr gefallen lassen als die Su-57. Denn auch die F-22 hat eine 2D-Vektorsteuerung, die für Stealth optimiert ist. Deshalb ist ihr Radarquerschnitt geringer als der der F-35, obwohl sie physisch das größere Flugzeug ist.
Kommentare