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Unbemannter Stealth-Bomber? Chinas riesige GJ-X erstmals im Flug gesichtet

Erstmals wurde die GJ-X bei einem Testflug erspäht. Was diese Drohne von den vielen anderen, chinesischen Stealth-Drohnen unterscheidet, ist ihre imposante Größe.

Im September 2024 wurde sie zum ersten Mal auf Satellitenfotos bei einem chinesischen Luftwaffenstützpunkt gesichtet. Anhand derer konnte berechnet werden, dass die GJ-X eine Flügelspannweite von etwa 43 Metern und eine Länge von 22 Metern hat.

GJ-X: Größenmessung per Satellitenfoto

Damit wäre sie sogar etwas größer die B-21, der neue Stealth-Bomber der USA. Deren Abmessungen werden auf 40 Meter Flügelspannweite und 16 Meter Länge geschätzt. Die genauen Angaben wurden noch nicht veröffentlicht.

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Vorserienmodell der B-21 bei einer Präsentation der US Air Force

Auch die GJ-X gilt derzeit noch als geheim. Nicht einmal der Name ist bisher bestätigt, sondern basiert darauf, dass Chinas Drohnen üblicherweise die Bezeichnung GJ tragen, gefolgt von einer Zahl. Die von Hongdu produzierte Kampfdrohne Sharp Sword heißt etwa GJ-11.

GJ-X hat eine Cranked-Kite-Form

Es ist möglich, dass das in der Luft gesichtete Fluggerät nicht die GJ-X ist und auch nicht eine weiterentwickelte Variante der im September aufgetauchten, riesigen Drohne. Die Ähnlichkeiten sind aber, soweit ersichtlich, relativ groß, weshalb auch Rüstungsexperten davon ausgehen, dass sich tatsächlich die GJ-X im Flug gezeigt hat.

Die GJ-X hat eine „Cranked Kite“-Form. Das kann man sich in etwa vorstellen, wie die Nurflüger-Form Flying Wing, die zusätzlich eine länger gezogene Spitze hat.

Cranked Kite: Eine Mischung aus Kite und Flying Wing

Northrop Grummans X-47B ist ebenfalls ein Cranked Kite, weshalb in den sozialen Netzwerken gespottet wird, dass China diese kopiert hat. X-47B ist aber nur mal halb so groß wie die GJ-X.

X-47B

Die X-47B wurde Ende der 2010er-Jahre für die US Navy entwickelt. Bei Tests ist sie von einem Flugzeugträger aus gestartet. Außerdem wurde sie erfolgreich in der Luft betankt. Zur geplanten Einführung Anfang der 2020er-Jahre kam es nicht. Das Programm wurde beendet.

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Split-Rudder statt klassisches Leitwerk

Die Aufnahmen der GJ-X in der Luft lassen erahnen, dass sie ein Split-Rudder nutzt. Die GJ-X verzichtet auf ein klassisches Leitwerk und ist deshalb Tailless, wie auch die B-2 und B-21. Das erhöht die Stealth-Eigenschaften.

Um trotzdem steuern zu können, gibt es ua. das Split-Rudder, jeweils an den Enden der Flügel. Dieses ist zweigeteilt. Eine Hälfte klappt nach oben, die andere nach unten. Ausgeklappt erhöht sich der Luftwiederstand. Rollt die B-2 etwa nach links, wird rechts das Split-Rudder ausgeklappt, damit die Nase oben bleibt. Das Split-Rudder dient also bei der B-2, und vermutlich auch bei der GJ-X, zur Kontrolle der Gierachse (yaw).

Aufgeklapptes Split-Rudder beim Check der Steuerung am Boden

Ein Nachteil des Split-Rudders: Es reduziert die Stealth-Eigenschaften. Das gilt für alle Teile, die von einem Stealthjet abstehen – deshalb haben die B-2 und B-21 eben kein klassisches Leitwerk. Bei der B-2 wird das Split-Rudder im Missionsgebiet deaktiviert, wenn es nicht absolut notwendig ist.

Aufgeklapptes Split-Rudder beim Landeanflug

Stattdessen wird mittels der 2 Triebwerke gesteuert. Der Schub jedes Triebwerks kann individuell gesteuert werden, um die Gier-Kontrolle zu ermöglichen. Die B-2 ist so weniger beweglich als mit Split-Rudder, aber besser vor der Entdeckung durch das Radar der feindlichen Luftüberwachung geschützt.

Bei der fliegenden GJ-X sieht man eine kleine Erhebung am Heck, die nicht mittig ist. Das könnte eine Düse sein. Die Positionierung deutet darauf hin, dass es 2 davon gibt – also wird vermutlich die GJ-X 2 Triebwerke haben, wie auch die B-2 und B-21.

Tarnbemalung an der Unterseite

Auffällig ist noch die Bemalung bzw. Beschichtung an der Unterseite der GJ-X. Diese ist zweifärbig. Das könnte zufällig beim Bau der Drohne entstanden sein. Die geraden Kanten und die Form sehen aber sehr gewollt aus.

GJ-X bei Testflug: Die Unterseite ist zweifärbig bemalt

Deshalb handelt es sich vermutlich um eine Art Tarnung, die die eigentliche Silhouette der GJ-X verbergen soll. Die dunkle, aufgemalte Form ist kleiner und sieht mehr wie ein reguläres Flugzeug aus als wie ein Stealth-Bomber. Das soll bei optischer Sichtung die Identifikation des Fluggeräts erschweren, sowie das Einschätzen von Flughöhe, Ausrichtung und Fluggeschwindigkeit.

Diesen Trick gibt es nicht nur bei Flugzeugen. In den Weltkriegen wurden damit etwa Schlachtschiffe optisch „verkleinert“. Russland hat diese Taktik für den Krieg gegen die Ukraine wieder ausgegraben, damit Schiffe kleiner, und somit als weniger wertvolle Ziele, erscheinen, wenn die Ukraine Häfen mit fliegenden Drohnen und Drohnenbooten angreift.

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Einsatzzweck noch unklar

Wofür China die GJ-X einsetzen will, ist noch unklar. Form und Größe deuten darauf hin, dass sie die Funktion eines Stealth-Bombers hat – also ein unbemanntes Gegenstück zur amerikanischen B-21 ist. In den sozialen Netzwerken wird sogar spekuliert, ob China hier eine neue Richtung einschlägt. Der geplante Stealth-Bomber H-20 könnte womöglich aufgegeben werden, um stattdessen die GJ-X zu nutzen.

Ein künstlerisches Konzept des chinesischen H-20-Bombers.

Langstreckenbomber, wie die B-2, brauchen üblicherweise mindestens 2 Mann Besatzung, damit sich die Piloten während den Flügen abwechseln können. Durch den Verzicht auf die Besatzung entfällt auch der Platz für das Cockpit, der groß genug sein muss, um zumindest eine Schlafstelle für eine Person zu bieten. Der gewonnene Platz kann für eine effizientere Verteilung der Systeme dienen und Gewicht reduzieren, wodurch mehr und größere Nutzlast möglich wird.

Der YouTube-Channel Unconvential lieferte einen seltenen Einblick ins Cockpit der B-2

Eine andere Möglichkeit ist, dass die GJ-X eine Langstrecken-Aufklärungsdrohne sein soll, die bei Bedarf besonders hoch fliegen kann. Allerdings hätte China mit der CH-7 ein Design, das für diesen Zweck etwas besser geeignet ist. Die CH-7 ist nämlich für eine längere Flugdauer, und damit eine längere Beobachtungszeit, optimiert.

CH-7 Drohne. Die gelbe Farbe ist die Grundierung, bevor der eigentliche Lack aufgetragen wird.

Das eine muss aber das andere nicht ausschließen. Die GJ-X könnte beide Funktionen erfüllen, je nachdem, welche Nutzlast sie trägt. Theoretisch könnte sie statt Marschflugkörpern und Bomben auch weitreichende Luft-Luft-Raketen aus größer Höhe starten, um etwa Tankflugzeuge und AWACS-Radarflugzeuge zu bekämpfen.

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Ebenso könnte sie eine große Menge von Loitering Munitions für Schwarmangriffe über dem Einsatzgebiet abwerfen, die sich dann selbstständig ihre Ziele suchen. Sie könnte auch kleinere Aufklärungsdrohnen abwerfen, die detailliertere Aufnahmen aus niedriger Flughöhe liefern. Die GJ-X würde dabei als Relay dienen, um die Videosignale der Drohnen an die Einsatzzentrale weiterzuleiten.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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