Die US Navy experimentierte bereits Mitte der 2010er-Jahre mit der X-47B. Jetzt könnte CCA wieder unbemannte Kampfflugzeuge auf Flugzeugträger bringen.

Die US Navy experimentierte bereits Mitte der 2010er-Jahre mit der X-47B. Jetzt könnte CCA wieder unbemannte Kampfflugzeuge auf Flugzeugträger bringen

© US Navy

Militärtechnik

US Navy setzt plötzlich auf unbemannte Kampfflugzeuge für Flugzeugträger

Um F/A-XX ist ein Tauziehen im Pentagon entbrannt. Die Navy beharrt auf ihren Stealth-Fighter der 6. Generation, während die Trump-Administration den Kampfjet auf Eis legen will, damit Trumps „Superflieger“, die F-47, noch innerhalb seiner Amtszeit abheben kann.

Öl ins lodernde Feuer goss kürzlich Boeing, das für die Air Force die F-47 bauen wird. Der Konzern zeigte nämlich ein Konzeptbild der F/A-XX – die im Grunde genauso aussieht wie die F-47, nur dass sie eben für Flugzeugträger der US Navy geeinigt ist.

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F/A-XX-Entwurf von Boeing

Boeing F/A-XX Konzeptbild

Sollte Boeing nach dem NGAD-Programm der Air Force, aus dem die F-47 hervorgegangen ist, auch das F/A-XX-Programm der US Navy gewinnen, könnten die Flieger parallel fertig entwickelt werden. Boeing sagte schon früher, dass man dazu voll in der Lage sei und die Kapazitäten habe. Das Pentagon meinte hingegen, F/A-XX wird auf Eis gelegt, weil die Rüstungsindustrie nicht 2 Stealth-Fighter gleichzeitig zur Serienreife bringen könnte.

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Unbemannte Kampfjets für die Navy

Mitten in diesem Kampf um die F/A-XX hat die US Navy jetzt überraschend ihr CCA-Programm vorangetrieben. Dies ist eigentlich ein Begleit-Programm für F/A-XX. Auch die Air Force hat ein CCA-Projekt für die F-47.

CCA steht für Collaborative Combat Aircraft. Strenggenommen handelt es sich dabei um Drohnen, die aufgrund ihrer Größe, Ausstattung und Autonomie aber schon als unbemannte Kampfflugzeuge gelten können. Die ursprüngliche Idee von CCA war, „Loyal Wingmen“ für die kommenden Kampfjets der 6. Generation zu schaffen.

Was bedeutet Kampfjet der 6. Generation?

Kampfjets werden in Generationen eingeteilt. Die aktuellste, die im Einsatz ist, ist die 5. Generation, die sich durch vor allem durch Tarnkappeneigenschaften auszeichnet. Dazu gehören etwa die F-22, F-35, Su-57, J-20 und J-35.

Zu den derzeit noch lose definierten Fähigkeiten eines Kampfjets der 6. Generation gehören:

  • Tarnkappeneigenschaften und interner Waffenschacht
  • Für Luftkämpfe und Bodenangriffe geeignet
  • Geeignet für elektronische Kriegsführung
  • Erweiterte Datenübertragungsfähigkeiten für das vernetzte Schlachtfeld und Datenübertragung direkt zu Satelliten
  • Kompatibel zu Loyal-Wingmen-Drohnen
  • Kann optional ferngesteuert und mindestens teilautonom mittels KI agieren
  • Helm-Display ist mit Außenkameras verbunden, damit der Pilot „durch das Flugzeug“ durchschauen kann und so eine 360-Grad-Rundumsicht hat
  • Adaptives Triebwerk
  • Erweiterte Gegenmaßnahmen, wie Jammer, Infrarot-Blender und optional Energiewaffen – etwa um anfliegende Raketen per Laser zu zerstören

Die CCAs begleiten dabei F-47 und F/A-XX auf ihren Missionen, helfen im Luftkampf und können gefährliche Bodenangriffe fliegen, damit das nicht die menschlichen Piloten machen müssen. Die Drohnen sollen dabei viele ihrer Aufgaben autonom erledigen und nur noch grundlegende Befehle von der Einsatzleitung oder direkt vom menschlichen Piloten in der F-47 bzw. F/A-XX bekommen.

Boeing-Konzept der F/A-XX mit Wingman-Drohne.

Ein älteres Boeing-Konzept der F/A-XX mit CCA als Lyoal Wingman

Wie jetzt bekannt wurde, hat die Navy Aufträge im Rahmen von CCA vergeben. Anduril, Boeing, General Atomics und Northrop Grumman sollen Konzepte für unbemannte Kampfjets entwickeln, die von Flugzeugträgern aus operieren können. Lockheed Martin soll eine Architektur zur einheitlichen Steuerung der CCAs entwickeln.

Anforderungen

Die Anforderungen an die CCAs sind noch nicht im Detail bekannt. Die Navy hat diese lediglich rudimentär zusammengefasst und am 20. August als „nicht geheim“ eingestuft.

So beschreibt die US Navy ihr CCA-Programm.

So beschreibt die US Navy ihr CCA-Programm

Das Bild aus der Präsentation macht aber erst seit Kurzem die Runde. Laut dem beschreibt die Navy ihr CCA-Programm so:

  • Unbemannte, modulare, austauschbare und vielseitige Plattformen
  • Hartnäckige, tödliche und agile Schlagkraft-Verstärker
  • Kann von Flugzeugträgern aus operieren
  • Kosten- und missionseffizient
  • Maximale Flexibilität bei Operationen
  • Schließt sowohl aktuelle als auch zukünftige Lücken bei Operationen
  • Für Operationen mit erhöhtem Risiko geeignet
  • Reduziert das Risiko für bemannte Flugzeuge
  • Funktioniert mit Kampfjets der 4., 5. und 6. Generation

Kurz gesagt: Es wird eine möglichst günstigste Drohne mit Stealth-Eigenschaften gesucht, die den Luftkampf und Angriffe auf Bodenziele beherrscht und mit den bestehenden Kampfjets F/A-18 und F-35C kompatibel ist – zusätzlich zur F/A-XX, falls es diese geben wird.

Schnelle Ergebnisse gewünscht

Die Auswahl der Konzerne, die CCA-Designs vorlegen sollen, deutet darauf hin, dass die Navy möglichst schnell in die nächste Phase des Programms starten will. Anduril hat mit YFQ-44A bereits ein CCA für die Air Force entwickelt, das in Kürze den Jungfernflug absolvieren soll.

Das unbemannte Flugzeug YFQ-44A steht in einem Hangar vor einer Tunnelöffnung.

YFQ-44A

General Atomics hat mit YFQ-42A ebenso ein CCA für die Air Force gebaut. Es wird bereits für Flugtests genutzt.

Boeing und Northrop Grumman hatten sich alle für das F/A-XX-Programm beworben, bei dem die Kompatibilität zu CCA immer eine Anforderung war. Es liegt daher nahe, dass die 2 Konzerne deshalb schon CCA-Konzepte haben, die man damals der Navy im Rahmen von F/A-XX angeboten hat.

Drohnen müssen Katapultstarts aushalten

Damit CCAs für die Navy geeignet sind, müssen sie zusätzliche Anforderungen erfüllen, gegenüber Varianten für die Air Force. So benötigen sie einen verbesserten Korrosionsschutz, weil die Salzwassertröpfchen in der Meeresluft das Rosten begünstigen, speziell von Stealth-Beschichtungen.

Putzarbeiten an einer F/A-18: Die Meeresluft erfordert zusätzliche Wartung.

Putzarbeiten an einer F/A-18: Die Meeresluft erfordert zusätzliche Wartung

Außerdem müssen sie robust genug sein, um mit dem elektromagnetischen Katapult der Ford-Klasse und den Dampfkatapulten der anderen Navy-Flugzeugträger starten zu können. Für die Landung müssen sie mit den Fangseilanlagen der Flugzeugträger kompatibel sein.

Die Alternative wäre, dass die CCAs von so kurzen Landebahnen starten können, dass sie die Katapulte gar nicht benötigen. Das hat etwa General Atomics mit der Drohne Grey Eagle gezeigt, auf einem koreanischen amphibischen Landungsschiff.

Die CCAs werden aber vermutlich weit größer und schwerer als Grey Eagle sein, weshalb die Katapult-Kompatibilität eine technische Voraussetzung sein dürfte. Denkbar ist, dass General Atomics sein Konzept Gambit 5 einreicht, das im Vorjahr präsentiert und u. a. der britischen Marine angeboten wurde.

Ein unbemanntes Flugzeug vom Typ Gambit 5 überfliegt einen Flugzeugträger.

Konzeptbild Gambit 5

Boeing könnte die MQ-28 Ghost Bat ins Rennen schicken. Diese wurde ursprünglich für die australische Luftwaffe entwickelt. Boeing hat aber bereits eine Flugzeugträger-Variante davon in Aussicht gestellt und ein Konzeptbild veröffentlicht, bei dem MQ-28s eine F/A-18F Super Hornet begleiten.

Mehrere Boeing MQ-28 Ghost Bat Drohnen im Flug über einer bewaldeten Landschaft.

Boeing MQ-28

Northrop Grumman hat schon Erfahrung mit Drohnen mit Düsentriebwerken auf Flugzeugträgern. So wurde die X-47B auf Flugzeugträgern getestet, das Projekt wurde aber Mitte der 2010er-Jahre eingestellt.

Mehrere mögliche Gründe für das CCA-Vorpreschen der Navy

Militärexperten sind sich uneinig, warum die US Navy gerade jetzt ihr CCA-Programm vorantreibt. Einige vermuten, dass Chinas Stealth-Drohnen, die vor der großen Militärparade am 3. September gesichtet wurden, jemanden im Pentagon (oder Trump) in Panik versetzt haben. Deshalb könnte die Navy den Befehl erhalten haben, möglichst rasch unbemannte Kampfflugzeuge auf Flugzeugträgern zu stationieren.

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Dieser Verdacht ist zumindest plausibel, da die Rüstungsbemühungen der USA derzeit sehr stark auf eine mögliche Konfrontation mit China im Pazifik ausgelegt sind – und da wäre die US Navy an vorderster Front. Diesen Grund nennt die Navy selbst immer wieder als Argument, wenn es darum geht, dass F/A-XX nicht auf Eis gelegt werden soll.

Andere Rüstungsexperten gehen davon aus, dass die Navy bereits akzeptiert hat, dass es in absehbarer Zeit nichts mit F/A-XX wird. Deshalb versucht man jetzt aus dem Programm rauszuholen, was geht – in diesem Fall die CCAs. Wenn man schon keinen Stealth-Fighter der 6. Generation hat, um China zu begegnen, dann zumindest Stealth-Drohnen, um Chinas unbemannte Fluggeräte zu kontern.

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Jetzt CCA, um später F/A-XX zu rechtfertigen

Eine weitere Möglichkeit wäre, dass die Navy mit CCA später die Notwendigkeit der F/A-XX argumentieren will. Am besten zum Steuern von mehreren Drohnen würde sich die F/A-18F Super Hornet eignen, da sie ein Doppel-Cockpit hat.

Die Piloten einer F/A-18F.

Die Piloten einer F/A-18F

Während der Pilot sich aufs Fliegen konzentriert, kann der Co-Pilot die CCAs befehligen. Die F/A-18F Super Hornet ist aber ein Kampfjet der 4. Generation, hat also keine Stealth-Fähigkeiten. Daher, so könnte die Navy argumentieren, ist der Stealth-Fighter F/A-XX nötig, der durch KI und Automation auch einem einzelnen Piloten erlaubt, seine Aufmerksamkeit den Drohnen zu widmen.

Mit der F-35C hat die Navy zwar einen Stealth-Fighter der 5. Generation. Allerdings ist sie nicht mit allen Flugzeugträgern kompatibel.

Selbst der neueste und größte Flugzeugträger der US Navy, die Gerald R. Ford, hat keine F-35C an Bord. Der Bau des Kriegsschiffs war zu weit fortgeschritten, um die zum Betrieb der F-35C nötige Infrastruktur einzubauen.

Die Ford muss erst damit nachgerüstet werden. Hierzu gab es Überlegungen, die geplanten Umrüstarbeiten für einige Flugzeugträger auf Eis zu legen, bis die F/A-XX da ist, für die die Schiffe ebenfalls adaptiert werden müssten.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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