Eine Mücke der Gattung "Aedes aegypti"
Saugrüssel von totem Moskito wird zur Druckdüse
Mücken können für uns Menschen ziemlich nervig sein, ganz besonders die Weibchen, die sich mit ihrem Saugrüssel durch unsere Haut bohren, von unserem Blut trinken und Juckreiz zurücklassen.
Saugrüssel der Gelbfiebermücke (Aedes aegypti) eignen sich allerdings auch für einen ganz anderen Zweck: Ein Forschungsteam der kanadischen McGill University hat sie zu ultradünnen Druckdüsen für den 3D-Druck umfunktioniert. Wie genau das funktioniert, erklären die Ingenieurinnen und Ingenieure in der Fachzeitschrift Science Advances.
Natürliche Mikronadeln
In der Natur gebe es eine Reihe an Mikronadeln mit ausgeklügelten Strukturen und hervorragender Leistung, wie das Forschungsteam um den Doktoranden Justin Puma schreibt. Für den 3D-Druck sollte eine Mikronadel möglichst wenig gebogen sein und aus steifem, stabilem Material bestehen. Wichtige Kriterien sind außerdem der innere Durchmesser und die Länge der Druckdüse.
Im Vergleich mit Skorpion-Stacheln, Fangzähnen von Schlangen oder den Harpunen bestimmter Meeresschnecken schnitten die Saugrüssel der Gelbfiebermücke in Bezug auf diese Anforderungen besonders gut ab. Ein solcher Saugrüssel ist kaum gebogen und hat einen besonders kleinen Innendurchmesser.
Perfekte Eigenschaften
„Diese aus biologischen Stoffen hergestellte Düse erreicht Druckauflösungen von etwa 20 Mikrometern und ist damit feiner als die meisten handelsüblichen Metall- oder Kunststoffdüsen“, erklärt Changhong Cao, Assistenzprofessor an der McGill University. Varianten aus Glas könnten zwar Durchmesser von nur einem Mikrometer erreichen, sind dafür aber schwierig herzustellen und sehr spröde.
Evolutionär sei die Innenseite für den effizienten Transport von nicht-Newtonschen Flüssigkeiten – zu denen Blut und bestimmte 3D-Druck-Materialien gehören – ohne Verwirbelungen optimiert. Der Saugrüssel ist in seiner Steifheit vergleichbar mit konventionellem Plastik und sei mit etwa 2 Millimetern Länge gut zu verarbeiten. Außerdem sind Moskitos weit verbreitet, und im Labor sehr einfach aufzuziehen.
Eigens angefertigter 3D-Drucker
Um die Saugrüssel-Druckdüsen auszuprobieren, bauten die Forscherinnen und Forscher einen sogenannten Direct Ink Writing (DIW) 3D-Drucker. Ein Kolbenextruder drückt dabei die Tinte über eine handelsübliche Dosiernadel durch den Saugrüssel.
Sind Geschwindigkeit des Tintenflusses und der Düsenbewegung passend aufeinander abgestimmt, lässt sich die Tinte gleichmäßig auf 20-30 Mikrometern extrudieren. Der Moskito-3D-Drucker erreichte damit eine Auflösung, die 250 Prozent feiner ist als die derzeit beste kommerziell verfügbare Düse schafft.
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Im Tiefkühler lagern
Zu Bedenken sei allerdings, dass Moskito-Saugrüssel als natürliches Material mit der Zeit abbauen. Bei Raumtemperatur halten sie nicht länger als 14 Tage, wobei die Fehlerrate dann schon auf 30 Prozent steigt. Bei Minus 20 Grad Celsius gelagert, lassen sie sich aber auch nach einem Jahr noch erfolgreich einsetzen.
Extreme Umgebungsbedingungen beim Druck – etwa große Hitze oder Luftfeuchtigkeit – würden der Funktionalität ebenfalls schaden. Genaueres könne man dazu aber ohne weitere Forschung nicht sagen, erklären die Ingenieurinnen und Ingenieure.
Honigwabe und Ahornblatt
Um ihre Erfindung zu testen, druckten die Forscherinnen und Forscher verschiedene Strukturen. So entstand eine Honigwabe mit einer Größe von 600 x 600 x 310 Mikrometern. Das ist etwas größer als ein Salzkorn.
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Bei ihrem Ahornblatt – dem Nationalsymbol Kanadas – erreichten sie sogar eine noch genauere Auflösung. Jedes einzelne Filament des 900 x 870 x 310 Mikrometer kleinen Objekts war unter dem Mikroskop deutlich zu erkennen.
Medikamentenverabreichung
Am Rande ihrer Experimente probierte das Team auch aus, ob sich der Moskito-Saugrüssel zur exakten Verabreichung von Medikamenten eignet. Sie stellten fest, dass die Haut bei der Nutzung der elastischen Biokomponente im Gegensatz zu starren Düsen weniger verletzt wird.
Zusätzlich beschränkt der Saugrüssel passiv den möglichen Druck der Verabreichung. Synthetische Düsen haben diesen Schutzmechanismus nicht.
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Necrobots aus Spinnenbeinen
Im Laufe der Evolution hat die Natur Organismen geschaffen, die mit heutigen menschlichen Mitteln kaum nachzubauen sind. Das Team hinter dem 3D-Necroprinting ist daher nicht das erste, das aus diesem Grund auf Teile toter Tiere zurückgreift.
So stellten Forscherinnen und Forscher der University of Houston 2022 pneumatische Mikrogripper vor, die auf den Beinen toter Spinnen basieren. Diese sogenannten Necrobots sind günstig, effizient und im Gegensatz zu konventionellen Varianten biologisch abbaubar.
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