Der M1A2 ist bereits seit Anfang der 90er-Jahre im Einsatz.

Der M1A2 ist bereits seit Anfang der 90er-Jahre im Einsatz

© US Army

Militärtechnik

M1E3 Abrams: Entwicklung von neuem US-Kampfpanzer kommt in die Gänge

Der M1A2 Abrams ist seit 1992 der Kampfpanzer der US Army. 2023 konkretisierten die US-Streitkräfte ihre Pläne, einen Nachfolger zu finden. Dann kann es aber zu etlichen Verzögerungen, weshalb manche Rüstungsanalysten schon glaubten, dass der nächste Abrams erst 2040 über das Schlachtfeld rollen könnte.

Jetzt gibt es aber ein deutliches Lebenszeichen. Die US Army hat auf dem staatlichen Auftragsportal SAM.gov eine Umfrage unter der Rüstungsindustrie abgehalten. Dieser Prozess kann als eine Art Vorauswahl für die spätere Konkretisierung und Vergabe von Aufträgen gesehen werden.

Umfangreicher Fragenkatalog für Rüstungsfirmen

In der Umfrage werden die Unternehmen zu ihren Fähigkeiten befragt, Kommunikations- und Kampfkontrollsysteme zu integrieren, installieren und verifizieren. Weiters geht es um die Produktion von elektronischen Modulen, Displays und Komponenten zur Energieversorgung. Weitere Fragen drehen sich um Technologie zur Vorhersage von Wartungsarbeiten und dem Feuerleitsystem, inklusive neuer Visiere, Stabilisation und Laseranwendungen.

Die Unternehmen sollen zudem Information zu ihrer Infrastruktur und den zur Verfügung stehenden Werkzeugen liefern, die benötigt werden, um schwere Kettenfahrzeuge zu bauen. Das inkludiert Testlabore für den Antriebsstrang, die Möglichkeiten zur Herstellung von Panzerung, dem Lackieren und Lagern von Komponenten, der Logistik zum Transport der fertigen Fahrzeuge und wie die Unternehmen ihre bestehenden Fabriken für den Bau des M1E3 umrüsten oder welche neuen Einrichtungen sie dafür bauen müssten.

Erster M1E3 in 30 Monaten einsatzbereit

Welche neuen Fähigkeiten der M1E3 haben soll, der in der serienreifen Version dann M1A3 heißen wird, geht aus dem Dokument nicht eindeutig hervor. Die US Army hat eine umfangreiche Wunschliste – ob davon wirklich alles umgesetzt wird, ist fraglich.

Denn anhand des Rüstungsrennens, dass sich die USA derzeit mit China liefern, wird die schnelle Verfügbarkeit in den Vordergrund gerückt. Vor Kurzem sagte die US Army noch, dass der erste M1E3 in etwa 65 Monaten fertiggebaut ist. Im April 2025 sagte dann Alex Miller, Chief Technology Officer der US Army, dass man das Projekt beschleunige: In 24 bis 30 Monaten soll der erste M1E3 an Soldaten übergeben werden.

Möglich soll diese Beschleunigung durch eine neue Form der Zusammenarbeit mit der Rüstungsindustrie werden – der Fragebogen ist ein erster Schritt Richtung dieser Bemühungen: „Was wäre, wenn wir die Industrie die Lego-Bausteine richtig zusammenfügen lassen, die dann den M1E3 ergeben, anstatt so zu tun, als wüsste die Regierung als einzige, wie das richtig funktionieren kann?“, sagte Miller: „Wir lassen die Industrie ihre eigene Lieferkette aufbauen, anstatt uns einzumischen. Das verbessert deren Stabilität und Flexibilität.“

Die Wünsche der US Army

Miller wiederholte im April einige Wünsche der US Army an den neuen Kampfpanzer – zumindest indirekt. Die 120mm-Kanone und die Panzerung habe sich zwar jahrenzente lang bewährt, aber man müsse schauen, was jetzt der Stand der Technik ist und nicht in den 80er- und 90er-Jahren war.

Das gelte auch für den Antrieb: „Was hat sich in den vergangenen 40 Jahren bei Antriebssystemen technologisch getan?“ Auch den Autolader hat Miller angesprochen. Man würde seit 10 Jahren auf das Problem starren, jetzt wolle man sich ansehen, wie die Industrie das Problem lösen kann.

Wie ein Abrams, der diese Ansprüche erfüllt, aussehen könnte, wurde von General Dynamics schon ansatzweise gezeigt. Der Rüstungskonzern, der auch den M1A2 baut, hat vor 2 Jahren mit AbramsX ein entsprechendes Konzept vorgelegt.

Ein im wahrsten Sinne des Wortes schweres Problem, das die Rüstungsindustrie beim M1E3 zu lösen hat, ist das Gewicht. Es gab immer wieder kleinere Upgrades, die das Gewicht des Panzers aber auf mittlerweile über 70 Tonnen angehoben haben.

Diese Vorgehensweise führte schon zu Unmut innerhalb der US-Streitkräfte. „Ihr könnt noch so viel Scheisse oben draufpacken, wie ihr wollt: Das Teil ist trotzdem 30 Jahre alt!“, soll ein hochrangiger US-Army-Offizier bei einer Besprechung zur Zukunft des M1A2 geschimpft haben.

Der Wunsch sei demnach, den M1E3 auf unter 60 Tonnen, oder zumindest nur auf knapp über 60 Tonnen, erschlanken zu lassen. Weniger Gewicht bedeutet einen einfacheren Transport und weniger Probleme, wenn es darum geht, ob Straßen und Brücken geeignet für den Kampfpanzer sind.

Unbemannter Turm

Viel Gewicht könnte gespart werden, wenn der M1E3 einen unbemannten Turm bekommt. Das ist einer der Punkte, der auf der Wunschliste der US Army sehr weit oben steht.

Das Konzept der unbemannten Türme steckt bei Kampfpanzern derzeit noch in den Kinderschuhen. Am nächsten zu einem serienreifen Kampfpanzer mit unbemannten Turm ist Russland mit dem T-14 Armata. Aufgrund widersprüchlicher Informationen ist derzeit nicht klar, ob die russische Armee mittlerweile serienreife T-14s hat oder nach wie vor nur Prototypen und Testexemplare.

China hat mit dem Type 100, der zuvor als ZTZ-201 bekannt war, einen neuen Panzer mit unbemannten Turm vorgestellt. Beim Type 100 dürfte es sich aber nicht um einen klassischen Kampfpanzer handeln, sondern einen leichten Kampfpanzer mit geringerer Panzerung und einer 105mm- statt der üblichen 120mm- oder 125mm-Kanone.

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Vorteile eines unbemannten Turms

Der M1A2 Abrams hat derzeit eine Besatzung von 4 Personen: Kommandant, Schütze, Lader und Fahrer. Lediglich der Fahrer sitzt in der Wanne. Alle anderen Besatzungsmitglieder befinden sich im Turm.

Ist der Turm unbemannt, heißt das, dass die gesamte Besatzung in der Wanne sitzt. Alles, was zuvor direkt im Turm gemacht wurde, wird dann von den anderen Plätzen „ferngesteuert“. Daher wird dieses Konzept in Englisch „Remote Turret“ genannt.

Das hat mehrere Vorteile. Die Besatzung ist in der stärker gepanzerten Wanne besser geschützt. Außerdem ist sie weiter von der Munition entfernt, sollte es durch einen Treffer zu Sekundärexplosionen im Magazin im Turm kommen.

Der menschliche Lader wird durch einen Autolader ersetzt. Bei einem modernen Design kann dadurch die Schussrate des Hauptgeschützes erhöht wird. Zudem werden moderne Ladungen für Kampfpanzer immer schwerer. Dem Autolader ist das egal, der wird nicht müde.

Andere Länder nutzen Autolader schon seit Jahrzehnten in ihren Kampfpanzern. Die USA haben das Konzept beim Abrams bisher noch nicht aufgegriffen.

Weniger Panzerung heißt weniger Gewicht

Sind keine Menschen im Turm, kann der kompakter und flacher gebaut werden. Das reduziert Gewicht. Außerdem wird der Turm dadurch schwieriger zu treffen. Deshalb, und weil keine Menschen mehr darin geschützt werden müssen, kann die Panzerung des Turms noch weiter reduziert werden, um erneut Gewicht zu sparen.

Der Turm ist immer eine Schwachstelle eines Kampfpanzers. Und wie der Ukraine-Krieg gezeigt hat, können selbst improvisierte, günstige Kamikaze-Drohnen Kampfpanzer zerstören. Auch moderne Panzerabwehrwaffen mit Hohlladungen durchschlagen problemlos den Turm eines Kampfpanzers.

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Aktive Schutzmaßnahmen statt dicker Panzerung

Daher wird die US Army beim M1E3 auf aktive Schutzmaßnahmen setzen. Neben einer Reaktivpanzerung sollen automatisierte Abwehrsysteme zum Einsatz kommen, die den Panzer von allen Seiten von anfliegenden Projektilen schützen. Möglicherweise könnte hierfür das israelische Trophy-System, bzw. eine Lizenzfertigung davon, genutzt werden.

Eine aktive Abwehr von Angriffen von oben, sei es durch Drohnen oder Panzerabwehrraketen, ist ebenfalls ein großer Wunsch der US-Armee. Hier wird die US Army noch ausloten, ob eine Kurzdistanzabwehr wie Trophy reicht, oder ob mehr Reichweite bei der Abwehr von Drohnen gewünscht ist.

Denkbar sei etwa die Integration von kompakten Luftabwehrraketen oder, was realistischer ist, ein Maschinengewehr oder eine Maschinenkanone am Turm mit unabhängiger Zielerfassung, das Drohnen und Raketen automatisch bekämpft. Mehrere Hersteller arbeiten an solchen Waffenstationen und Bilderkennungssystemen, um Ziele automatisch zu bekämpfen. Die Stationen können nicht nur auf Panzern, sondern auch Geländewagen und anderen Fahrzeugen montiert werden.

Eine Laserwaffe zur Abwehr von Bedrohungen dürfte aktuell kein Thema sein. Kompakte Laserwaffen sind noch zu groß oder ihre Leistung zu klein, wenn sie kompakter gebaut werden.

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Größere Kanone

Ein großes Fragezeichen beim M1E3 ist die Hauptbewaffnung. Wie Miller angedeutet hat, könnte die 120mm-Kanone ein Upgrade bekommen. Einige Rüstungkonzerne arbeiten an Panzerkanonen im Kaliber 130mm und 140mm, die entsprechend mehr Durchschlagskraft und Reichweite als die 120mm-Variante haben.

Der Wechsel wäre aber technisch ein großer Aufwand und würde die Logistik der US-Streitkräfte vor Herausforderungen stellen, weil dieses Kaliber derzeit noch nicht eingesetzt wird und es deshalb auch noch keine Munition dafür gibt. Passiert der Kanonenwechsel wirklich, würden die USA damit vorpreschen und ein neues Standardkaliber für NATO-Länder einführen. 

Ebenfalls fraglich ist noch, ob der von der US-Armee gewünschte Hybrid-Antrieb beim M1E3 realisiert werden kann. Der soll für einen geringeren Treibstoffverbrauch sorgen und einen „Schleichgang“ ermöglichen. Die leisere elektrische Fahrt soll das Aufspüren des M1E3 durch den Feind verhindern. Außerdem würden dabei keine heißen Abgase entstehen, was das Erkennen des Panzers durch Wärmebildkameras erschwert.

Neuer Schützenpanzer zusammen mit M1E3

Durch den beschleunigten Zeitplan ist es nun realistischer, dass der M1A3 zeitnahe mit dem M30 bei der Truppe in Dienst gestellt werden kann. Auch das war der US Army wichtig bei der Konzeption des M1E3. Der M30 ist ein Schützenpanzer, der den M2 Bradley ablösen soll.

Derzeit sind Rheinmetall und GDLS beauftragt, einen XM30 zu bauen - den Prototypen für den M30. Die Entscheidung, welches Design den Zuschlag erhält, soll Ende des Fiskaljahrs 2027 gefällt werden. Im Idealfall würden dann 2029 die ersten M30 an die Truppen geliefert werden. 

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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Gregor Gruber

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