Eine Frau trainiert auf einem Canyon-Rennrad mit Wahoo-Smarttrainer und nutzt die Zwift-App auf einem Tablet im Wohnzimmer.
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Radeln als Videospiel: 3 Indoor-Fahrrad-Apps im Vergleich

Bei Outdoor-Sportarten ist man immer darauf angewiesen, dass das Wetter mitspielt. Besonders stark gilt das für das Radfahren. Denn Regen - oder aktuell Schnee und Eis - sind hier nicht nur unangenehm, sondern können im schlimmsten Fall lebensgefährlich sein.

Gerade jetzt kommt auch noch das Thema Tageslicht hinzu. Die Feierabend-Ausfahrt fällt bei den meisten Zweirad-Begeisterten derzeit wohl auf eine Uhrzeit, zu der es bereits stockfinster ist. 

Will man sich nicht der Dunkelheit und den wetterbedingten Gefahren aussetzen, kann man auf das stationäre Radeln in den eigenen 4 Wänden ausweichen. Wer jetzt an ein Teleshopping-Ergometer aus den 90er-Jahren denkt, oder Retro-Rollentrainer, die wie Foltergeräte aussehen, könnte nicht falscher liegen. Heute trainiert man auf hochmodernen Geräten.

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Smart Trainer

Eine der beliebtesten Möglichkeiten, drinnen zu trainieren, ist mit einem sogenannten Smart Trainer wie den Kickr Core von Wahoo. Dabei nimmt man sein gewöhnliches (Renn-)Rad, baut den Hinterreifen aus und setzt an seine Stelle den Trainer. Vor sich hat man dann ein TV-Gerät oder ein Tablet, über das man in virtuelle Radfahrwelten eintaucht.

Per Pedaltritt treibt man dann sein virtuelles Hinterrad an. Die Trainer können dabei unterschiedliche Widerstände erzeugen. Gleichzeitig messen die Trainer, wie stark man tritt. Dieser Wert wird üblicherweise in Watt angegeben, eine gängige Messgröße beim Radfahren. Watt ist eine Kombination aus Kraftaufwand und Trittfrequenz. Je mehr Watt man treten kann, desto schneller fährt man. 

Das Indoor-Fahren ist mittlerweile zu einem Massenphänomen bei Hobby-Radfahrern geworden. “Indoor-Cycling war schon immer eine Option, wurde aber bis vor Kurzem eher gemieden. Zwift hat dazu beigetragen, das Fahren in der Wohnung zu einer begehrten Aktivität zu machen”, sagt Chris Snook zur futurezone. Er ist Sprecher von Zwift, der derzeit populärsten Indoor-Fahrrad-App.

Zwift

Zwifts Erfolg hängt nicht zuletzt mit Gamification zusammen. Der Dienst kombiniert das Training einerseits mit einer Portion Videospiel und andererseits mit einer sozialen Komponente. Dass derartiger Sport am Ende zu noch mehr Bildschirmzeit führt, will Snook nicht gelten lassen: “Screen Time hat normalerweise einen negativen Ruf, weil sie meist mit Inaktivität verbunden wird. Bei Zwift ist es genau das Gegenteil.” Zwift biete ein "immersives Erlebnis, das für einen gewissen Eskapismus sorgt", so Snook. Das vollständige Interview mit Snook lest ihr hier:

Zwift-Sprecher Chris Snook im futurezone-Interview

futurezone: Gibt es aktuelle Zahlen zur Nutzung? Wie ist der Unterschied zwischen Sommer und Winter?
Chris Snook: Bislang wurden im Jahr 2025 insgesamt 1,3 Milliarden Kilometer gefahren. Zwift wird im Winter am stärksten genutzt. Der Monat mit den meisten gefahrenen Kilometern ist der Jänner, mit 226 Millionen Kilometern im Jänner 2025.

Die durchschnittliche Zwift-Session dauert 59 Minuten. Weltweit ist das freie Solo-Entdecken die beliebteste Aktivität. In Österreich liegt die durchschnittliche Trainingsdauer bei 64 Minuten, in Deutschland bei 62 Minuten. In beiden Ländern ist das beliebteste Format ein Solo-Workout.

Indoor-Cycling boomt, vor allem im Winter. Aber wie erklärst du dir, dass viele Menschen freiwillig „im Keller“ radeln statt draußen, sogar im Sommer?
Ich glaube, das zeigt, wie erfolgreich unsere Mission ist, mehr Menschen öfter in Bewegung zu bringen. Zwift wurde gegründet, um Menschen beim Radfahren zu helfen, wenn sie sonst vielleicht nicht könnten oder nicht wollten. Indoor-Cycling war schon immer eine Option, wurde aber bis vor Kurzem eher gemieden. Zwift hat dazu beigetragen, das Fahren in der Wohnung zu einer begehrten Aktivität zu machen.

Es stimmt, am häufigsten entscheiden sich Menschen im Winter wegen des Wetters oder der fehlenden Helligkeit für das Training in der Wohnung. Indoor-Training ist außerdem unglaublich bequem, zeiteffizient und effektiv. Wenn man wenig Zeit hat, ist es oft schwierig, eine qualitativ hochwertige Einheit unterzubringen – mit Zwift kann man die verfügbare Zeit optimal nutzen. Das passt sehr gut zu unserem modernen Lebensstil.

Zwift sammelt auch enorme Mengen an Leistungs- und Gesundheitsdaten. Wem gehören diese Daten und was passiert damit?
Alle Informationen dazu gibt es in der EU-Datenschutzerklärung von Zwift.

Wie reagiert ihr auf den Vorwurf: „Noch mehr Bildschirmzeit – diesmal auch noch beim Sport“?
Bildschirmzeit hat in der Regel einen negativen Beigeschmack, weil sie meist mit Sitzen und Inaktivität verbunden wird. Bei Zwift ist es genau umgekehrt. Denn Zwift hilft, Menschen in Bewegung zu kommen, wenn sie es sonst vielleicht gar nicht schaffen würden. Wie bereits erwähnt, soll Zwift das Radfahren draußen nicht ersetzen. Es soll Radfahrenden helfen, das Maximum aus ihren Outdoor-Aktivitäten herauszuholen, indem es ihnen ermöglicht zu fahren, wenn sie sich sonst vielleicht dagegen entscheiden würden. Genau deshalb lassen sich auch Outdoor-Aktivitäten mit Zwift synchronisieren – so können Zwifter ihr gesamtes Training ganzheitlich in Zwift abbilden.

Indoor-Fahren mit Zwift kommt dem Fahren draußen so nahe wie möglich – es bietet ein immersives Erlebnis, das für einen gewissen Eskapismus sorgt, ermöglicht die sozialen Seiten des Radfahrens mit Freunden und gleichzeitig hochwertiges Training – alles im Komfort des eigenen Zuhauses. Egal, ob man unter der Woche eine solide Trainingseinheit einbauen möchte oder wegen anderer Verpflichtungen nicht rauskommt – Zwift bietet eine Lösung, die sowohl effektiv als auch unterhaltsam ist.

Wie seht ihr den zunehmenden Wettbewerbsdruck unter den Anbietern, und wie wollt ihr euch differenzieren?
Natürlich ist es wichtig, den Wettbewerb im Blick zu behalten, aber die wichtigste Person, auf die wir uns konzentrieren müssen, ist der Kunde, die Kundin. Zwift ist angetreten, um das Indoor-Cycling-Erlebnis zu verbessern, und dieser Auftrag gilt bis heute.

Zwift hatte schon immer eine unglaublich starke Marke, die uns sichtbar von anderen abhebt. Zwift macht Spaß und wirkt verspielt, hat aber auch eine sehr ernsthafte Seite – schließlich ist es ein äußerst effektives Trainingswerkzeug. Wir sehen zwar mehr Konkurrenz in diesem Bereich, aber Zwift ist heute das umfassendste Angebot am Markt und richtet sich an alle Typen von Radfahrenden – von Einsteigern bis hin zu Tour-de-France-Siegern und Weltmeistern.

Unsere große Vielfalt an hochwertigen Inhalten sorgt dafür, dass es jeden Tag etwas Neues zu erreichen gibt. Das ist entscheidend, denn so kommen die Menschen immer wieder zurück. Ich glaube aber, für die meisten ist die Community das, was Zwift wirklich besonders macht. Es gibt sonst keinen Ort auf der Welt, an dem man einfach losfahren und zu jeder Tages- und Nachtzeit sofort ein Hinterrad zum Dranhängen finden kann.

Wo siehst du Zwift in 5 Jahren? Wird VR oder Mixed Reality ein stärkeres Thema werden?
VR und AR sind unglaublich spannende Bereiche, aber sie haben noch einen langen Weg vor sich, bis sie für ein echtes Fitness-Erlebnis wie Zwift optimiert sind. Die Technologie entwickelt sich jedoch rasant, daher behalten wir dieses Feld genau im Auge.

Personalisierte Erlebnisse werden immer wichtiger. Wir haben viel über Bequemlichkeit gesprochen, aber Kundinnen und Kunden wollen heute Lösungen, die sich ganz persönlich auf sie zugeschnitten anfühlen. In diesen Bereich investieren wir aktuell verstärkt. Unser erster Einsatz von KI-Technologie, die direkt auf Kundinnen und Kunden ausgerichtet ist, zielt darauf ab, ein persönlicheres Erlebnis zu schaffen – damit sie weniger Zeit damit verbringen müssen, zu entscheiden, was sie tun, und mehr Zeit damit, tatsächlich zu fahren.

In Zwift hat man auf dem Bildschirm vor sich eine virtuelle Figur, die durch sehr bunte virtuelle Welten radelt. Auf den Straßen trifft man dabei zahlreiche andere Radlerinnen und Radler. Dabei handelt es sich um andere Nutzer aus der ganzen Welt, die selbst gerade in den eigenen 4 Wänden sitzen. Diesen kann man zuwinken und sogar chatten. Während der Fahrt sammelt man virtuelle Punkte, die man dann gegen Spiel-Equipment eintauschen kann. Dazu zählt Kleidung für den virtuellen Radler, aber auch neue Fahrräder. 

In der App gibt es Events, bei denen sich die virtuellen Radfahrenden treffen und gemeinsam eine Ausfahrt unternehmen, oder im Rahmen von Rennen um die Wette fahren. Wer zu Hause härter in die Pedale tritt, also mehr Watt erzeugt, dessen Spielfigur fährt auch schneller. 

Zwift will vermehrt abseits der virtuellen Welt Fuß fassen und experimentiert mit Events, bei denen sich virtuelle “Zwifter” auf echtem Asphalt zur Ausfahrt treffen. Zudem ist Zwift Hauptsponsor der Tour de France Femmes, dem wichtigsten Etappenrennen im Frauenradsport, das immer im Anschluss an die Tour de France der Männer stattfindet. 

Zwift kostet monatlich 20 Euro oder 200 Euro jährlich.

Rouvy

Einer der größten Konkurrenten von Zwift ist Rouvy. Anstelle von teilweise komplett ausgedachten Welten, fährt man dort echte Straßen nach. Die Basis sind Videoaufnahmen, über die ein virtueller Radfahrer gelegt wird. Der Trainer simuliert dabei unter anderem Anstiege, indem er den Widerstand entsprechend anpasst. 

Die App will mit vielen gefilmten Kursen punkten sowie strukturiertem Training, einem Karrieresystem und Rennen, ähnlich wie bei Zwift. Insgesamt steht aber der spielerische Aspekt sowie das Community-Feeling deutlich weniger im Fokus als bei Zwift.

Rouvy kostet 20 Euro pro Monat oder 180 Euro jährlich.

TrainerRoad 

TrainerRoad ist eine völlig andere Art und Weise des Indoor-Radelns. Anstelle von virtuellen Strecken liegt der Fokus auf zielgerichtetem Training. Die App berechnet mittels Künstlicher Intelligenz persönlich zugeschnittene Pläne und schlägt Intervalltrainings vor. 

Vor sich hat man keinen virtuellen Avatar, sondern nur Balkengrafiken, wie hart man treten muss. In der Praxis sieht das zum Beispiel so aus, dass man zum Aufwärmen 5 Minuten 170 Watt tritt, sich dann auf 220 Watt steigert und schließlich mehrere intensive Intervalle mit 300 Watt fährt. Auf Basis dessen, wie man sich dabei schlägt (analysiert wird etwa die Herzfrequenz), wird das Training angepasst. 

TrainerRoad ist für Sportler gedacht, die mehr Wert auf Zahlen und messbaren Fortschritt legen als auf virtuelle Punkte und Trikots. Bei TrainerRoad gibt es keinerlei Community-Funktionen.

TrainerRoad kostet 19 Euro pro Monat oder 180 Euro pro Jahr. 

Fazit

Welche Plattform man wählt, hängt in erster Linie davon ab, was für ein Typ man ist. Hat man einen Hang zu Community und Videospielen, kommt man an Zwift nicht vorbei. Träumt man hingegen von der nächsten echten Reise mit seinem Rad, kann man den Anstieg auf Mallorca oder den Kanaren schon vorab mit Rouvy virtuell üben. Wer mit all dem virtuellen Firlefanz gar nichts anfangen kann und lieber strukturiertes Training bevorzugt, wird bei TrainerRoad landen.

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Günstigere Alternativen

Die obigen Anbieter sind die jeweils populärsten ihrer Klasse. Mittlerweile gibt es auch günstigere Alternativen:

  • MyWhoosh konkurriert in erster Linie mit Zwift und ist eine komplett kostenlose Indoor-Cycling-Plattform mit virtuellen Welten, strukturierten Workouts und regelmäßigen Events und Rennen. Sie wirkt optisch stark von Zwift inspiriert, ist aber dauerhaft gratis.
  • Bkool konkurriert mit Rouvy und setzt auf Video-Strecken und 3D-Welten. Sie bietet eine riesige Auswahl an Routen und Trainingsmodi und kostet mit 12 Euro im Monat oder 110 Euro im Jahr deutlich weniger.
  • TrainerDay ist eine sehr günstige bzw. teils kostenlose TrainerRoad-Alternative mit Fokus auf strukturierten Intervall-Workouts und einer großen, von der Community gepflegten Workout-Bibliothek. Du kannst eigene Pläne bauen, sie auf den Smarttrainer schicken und zahlst im Abo normalerweise deutlich weniger als bei TrainerRoad.

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Thomas Prenner

ThPrenner

KURIER-futurezone Chefredakteur. Beschäftigt sich viel mit Dingen, die man täglich nutzt und schreibt darüber. Sitzt außerdem gerne am Fahrrad.

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