Ausgangsbeschränkung: A1 liefert Bewegungsdaten an Regierung
A1 stellt der österreichischen Regierung die Bewegungsprofile von Handynutzern anonymisiert zur Verfügung. Damit soll untersucht werden, inwieweit die Ausgangsbeschränkungen, die aufgrund der Coronavirus-Pandemie verhängt wurden, wirksam sind. Wie die Kronen Zeitung berichtet, soll der Mobilfunker die Daten auf Eigeninitiative bereitgestellt haben.
Die Daten zeigen für einen beliebigen Tag an, wie sich die Mobilfunk-Kunden verhalten haben. So soll der Krisenstab nachvollziehen können, ob Ausgangsbeschränkungen eingehalten und die sozialen Kontakte reduziert werden.
Stellungnahme
A1 bestätigt gegenüber der futurezone das Vorgehen. So heißt es in einer Stellungnahme, dass gemeinsam mit Invenium, einem Spin Off der TU Graz, Bewegungsanalysen analysiert werden, die aus vollständig anonymisierten Daten mittels Algorithmen errechnet werden.
Damit sei es möglich, die Bewegungsströme von Menschengruppen in 20er-Schritten zu visualisieren. Normalerweise werde das genutzt, um etwa die Bewegungen von Touristen nachvollziehen zu können.
"A1 stellt diese Analysen in Krisenzeiten relevanten staatlichen Stellen zum Wohle der Allgemeinheit zur Verfügung", so der Mobilfunker. Die Lösung sei "DSGVO-konform und TÜV geprüft".
Maßnahmen zeigen Wirkung
Michael Cik, Mitgründer von Invenium, erklärt gegenüber der futurezone, dass die Berechnungen zeigen, dass die Bewegungen der Österreicher am Dienstag, im Vergleich zu einem gewöhnlichen Tag, signifikant weniger geworden sind. „Die Leute halten sich an die Ausgangsbeschränkungen“, so Cik. Bei den Analysen gehe es darum, festzustellen, wie mobil sich die Bevölkerung verhält bzw. wie stark innerhalb und zwischen Gemeinden gereist wird.
Ein Problem hinsichtlich Datenschutz verortet Cik nicht. Dadurch, dass die Bewegungen nur in Schritten von mindestens 20 Nutzern erhoben werden, seien keine Rückschlüsse auf einzelne Anwender möglich. Das erzeuge zwar eine gewisse Unschärfe, mit dieser müsse man aber leben. "Auch wir wissen nicht, wer hinter diesen 20 Nutzern steckt", sagt Cik.
Rechtliches
Datenschutzrechtlich ist das Vorgehen von A1 gedeckt, weil der Mobilfunker nur anonymisierte Daten weitergebe, sagt auch der auf Datenschutzrecht spezialisierte Wiener Anwalt Rainer Knyrim zur futurezone. Bei rein anonymisierten Daten, brauche es auch keine Einwilligung der Nutzer.
Als anonymisiert könnten Daten dann gewertet werden, wenn man aus einer Gruppe Einzelpersonen nicht mehr herausrechnen könne, erläutert Knyrim. Das hänge von den Gruppengrößen und auch den Umständen ab. Letztlich müsste man aber der Einschätzung von Experten vertrauen.
Rechtlich wäre es dem Staat im Katastrophenfall auch erlaubt gewisse Daten, darunter sogar wesentlich sensiblere Gesundheitsdaten, zu verwenden, sagt Knyrim. Die Bekämpfung von Epidemien sei in der Datenschutzgrundverordnung in diesem Zusammenhang sogar explizit festgehalten.
Kritik
Kritik kommt indes von der Datenschutzorganisation epicenter.works. Sie kritisiert grundsätzlich, dass A1 derartige Analysen schon länger für Privatunternehmen durchführt. Außerdem fordern sie transparentere Maßnahmen hinsichtlich Anonymisierung.
"Um gegen die Zusammenführung mit Daten aus anderen möglichen Datenbanken zu schützen, wären zusätzliche mathematische Verfahren notwendig, von denen unklar ist, ob sie eingesetzt werden." Außerdem sei eine Nutzung eines Systems zur Bewegungsstromanalyse durch den Staat demokratiepolitisch deutlich heikler als die Nutzung dieser Daten durch Private, wie epicenter.works gegenüber der futurezone erklärt.
Rotes Kreuz sieht Schritt positiv
Via Facebook zu der Sache zu Wort gemeldet, hat sich auch Bundesrettungskommandant Gerry Foitik vom Roten Kreuz. Er bezeichnet die Analysen als "wertvoll für uns, um zu beurteilen wie gut die Maßnahmen wirken".
China und Israel
In anderen Ländern setzt man ebenfalls auf Bewegungsdaten, allerdings auch ohne Anonymisierung. Dazu zählt etwa China. Dort konnten Technologie-Konzerne Bewegungsprofile über einen Monat speichern, auswerten und an die Regierung übermitteln. Die Benutzer werden entsprechend ihres Verhaltens in Risikokategorien eingestuft.
In Israel werden mithilfe von Handydaten die Bewegungen von Menschen, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben, verfolgt. Wer mit ihnen in Kontakt kommt, wird per SMS angewiesen, sich in Quarantäne zu begeben. Möglich wird das durch eine Notfallbestimmung, die am Montagabend beschlossen wurde. Gelten soll sie zunächst für 30 Tage. Eine Genehmigung des Generalstaatsanwalts vorausgesetzt, können Behörden nun auf die Daten zugreifen, um die Ausbreitung von COVID-19 einzudämmen. Israels Vorgehen stößt auch auf Kritik. Selbst in Krisen wie dieser müssten Bürgerrechte erhalten bleiben, kritisiert der Datenschützer Malkiel Blass.
In Südkorea wird ebenfalls moderne Technologie zur Bekämpfung des Virus verwendet. So wird per App kontrolliert, ob Quarantänebestimmungen eingehalten werden.