Netzpolitik

Chelsea Manning: Daten entscheiden über Leben und Tod

Chelsea Manning kann, neben Edward Snowden, ohne Zweifel zu den bekanntesten Freiheitskämpfern der digitalen Ära gezählt werden. Wie auch Snowden opferte sie ihr privates und berufliches Leben, um über Missstände der US-amerikanischen Kriegspolitik aufzuklären. Mehrere Hunderttausende, den Irak-Krieg betreffende Top-Secret-Dokumente leakte sie während ihrer Zeit beim US-Militär.

Mannings Dienstzeit prägte nachhaltig ihre Meinung über den Umgang mit Big Data. Als Datenspezialistin war sie für die Erstellung von regionalen Sicherheitsberichten im Irak verantwortlich. Mithilfe ihrer Analysen plante das US-Militär Angriffe. Oftmals wurde sie daher passiv zum Richter über Leben und Tod. Besonders gefährlich seien bei diesen „Life/Death Decisions“, laut Manning, unvollständige oder nicht verständliche Datensätze, wegen denen im schlimmsten Fall unschuldige Zivilisten zu Tode kämen.

Geld wichtiger als Moral

Dass Daten über unser Leben entscheiden, sei Manning zufolge auch in der zivilen Welt gegeben. So wisse eine Suchhistorie oftmals mehr über einen Menschen als seine engsten Freunde. Dieses Wissen werde oft dazu verwendet, um Geld zu verdienen. Bestes Beispiel: personalisierte Online-Werbung.

Dass dadurch bestehende Strukturen, die Rassismus und Diskriminierung fördern, nicht aufgebrochen, sondern, im Gegenteil, in die digitale Sphäre übertragen werden, sei den großen Online-Unternehmen wie Google oder Facebook egal, so Manning. Das einzige, das zähle, sei nun mal das Geld.

Algorithmen diskriminieren

Schuld an der digitalen Diskriminierung sei jedoch auch die Funktionsweise von Algorithmen. Um diese in Zukunft diskriminierungsfrei zu gestalten, appellierte Manning an Programmierer und Nutzer zugleich. Programmierer dürften sich nicht mehr als reine Auftragsarbeiter verstehen, die ein Produkt lieferten, sondern müssten sich bewusstmachen, welche Auswirkungen ihr Algorithmus auf die Gesellschaft haben könnte.

Entwickler müssen sich einen eigenen ethischen Code auferlegen, der garantiert, dass ein Programm keinen Schaden anrichten kann. Zudem sei eine divers aufgestellte Entwickler-Community notwendig, um die Vielfältigkeit der Lebensentwürfe auch im Programmcode abbilden zu können

Das müssen die Nutzer ändern

Zudem müsse der Nutzer aktiv aus der eigenen Filterblase ausbrechen. Natürlich sei es angenehm, nur die Nachrichten zu lesen, die dem eigenen Weltbild entsprechen. Doch jedes Mal, wenn man auf etwas klickt, was der Algorithmus anzeigt, bestätige man das Programm in seinem Handeln.

Das Umdenken dürfe jedoch nicht nur im Digitalen stattfinden. Manning fordert einen kulturellen Wandel – auch in der Offline-Welt. Die Menschen sollten wieder aufeinander zugehen und miteinander reden.

Gerade weiße Menschen der Mittelschicht müssten sich ihrer Privilegien bewusst werden Zwar dürfe man nicht allen Menschen eine öffentliche Plattform verbieten, jedoch sollte wieder mehr im Privaten diskutiert werden, vor allem mit Personen, die nicht die eigene politische Meinung teilen.

Eine klare Grenze zieht Manning dann doch noch: Mit Menschen, die einen Genozid fordern, wolle sie nicht diskutieren.

 

Disclaimer: Die futurezone ist Medienpartner der re:publica 18.

Der Artikel ist zuerst auf futurezone.de erschienen

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Jan Pförtner

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