Netzpolitik

Das ist der aktivste Wikipedia-Autor Österreichs

Steven Pruitt hat fast drei Millionen Änderungen bei der englischsprachigen Wikipedia vorgenommen und 35.000 Originalartikel verfasst. Es brachte ihm nicht nur Auszeichnungen ein, sondern auch einen fast legendären Status im Internet. Das berichtet „CBS News“.

Artikel über Österreich

Die Online-Enzyklopädie enthält inzwischen mehr als 5,7 Millionen Artikel in englischer Sprache und Millionen weiterer Artikel, die in andere Sprachen übersetzt wurden. Artikel über Österreich gibt es auf der deutschsprachigen Wikipedia etwa bereits 114.091. Das ist der aktuelle Stand, wie aus einer eigenen Wikipedia-Page hervorgeht. Editierfreudige Nutzer können sich dort auch Artikel aussuchen, bei denen Bearbeitungsbedarf besteht.

Pruitt zählt in der englischsprachigen Wikipedia zu den Editoren, die am meisten Beiträge editiert haben. Er startete damit allerdings bereits vor 13 Jahren. Im deutschsprachigen Raum gibt es ebenfalls Wikipedia-Editoren, die ihr ganzes Herzblut reinstecken und viel bearbeiten.

Die aktivsten Nutzer aus Österreich und Deutschland

User „Aka“ zählt im deutschsprachigen Raum zu denjenigen, die am meisten editiert haben und zu den aktivsten. Aus seinem Wikipedia-Profil ist ersichtlich, dass er bereits seit 16 Jahren und fünf Tagen dabei ist und sich vor allem für Informatik, Software-Entwicklung und Musik interessiert.

"Aka" wurde 2017 für seinen außergewöhnlichen Einsatz mit einer "EhrenEule" ausgezeichnet. Andere Nutzer beschreiben ihn unter anderem mit den Worten er wäre ein: „Gigant der Wikipedia“, oder auch „Fundament der Wikipedia“ und nicht zuletzt „Rückgrat der Wikipedia“. "Aka" hat seit 2003 fast 1,4 Millionen Bearbeitungen auf der deutschsprachigen Wikipedia durchgeführt. Er schreibt zudem Tools, hinzu kommen zahlreichen Fotos.

In Österreich ist laut Claudia Garád, Österreich-Geschäftsführerin der Wikimedia Foundation, der Wikipedia-Nutzer „Invisgoth67“ der aktivste Nutzer. Laut seinem User-Profil ist er seit Februar 2006 dabei, editiert vor allem Beiträge rund um Wien – angefangen von der Stadt- und Bezirksgeschichte, bis zu Kunst und Kultur. Er kümmert sich auch um die Ergänzung von Geokoordinaten oder die Bebilderung von Artikeln. Doch auch Tipp- und Formatfehler beschäftigen ihn und halten ihn zwischendurch auf Trab. In den vergangenen Tagen hat er mehr als 500 Beiträge editiert.

Erster Artikel über einen Verwandten

Pruitt wurde vom Time Magazine zu einer der einflussreichsten Personen im Internet gekürt, weil ein Drittel aller englischsprachigen Artikel in Wikipedia bearbeitet hatte. Er hat eine Vorliebe für Geschichte. "Mein erster Artikel war über Peter Francisco, der mein Ur-Ur-Ur-Urgroßvater war“, erzählte Pruitt.

Pruitt, der noch bei seinen Eltern in dem Haus lebt, in dem er aufgewachsen ist, ist seinen Interessen immer treu geblieben. „Es gab Zeiten, da hieß es, der Junge ist verrückt. Ich weiß nicht, wieso er seine Zeit verschwendet.“ Denn wie bei allen Wikipedianern ist auch Pruitts Arbeit an der Online-Enzyklopädie völlig freiwillig und unbezahlt.

Das Time Magazine hat ihn neben Präsident Trump, und der Harry-Potter-Autorin J.K. Rowling zu den 25 einflussreichsten Personen im Internet genannt. Er zitiert bei seiner Arbeit für Wikipedia Bücher, wissenschaftliche Zeitschriften und andere Quellen und verbringt mehr als drei Stunden am Tag mit Recherchen, Redigieren und dem Schreiben.Sogar sein Tagesjob ist Recherche, denn er erledigt Aufzeichnungen und Informationen beim US-Zoll und Grenzschutz.

Zahlen von Aktiven

Doch auch bei der deutschsprachigen Wikipedia arbeiten einige wenige freiwillige Autoren an der Verbesserung und Erweiterung der Online-Enzyklopädie. 875 Personen machen laut einer Statistik der Wikimedia bei der deutschsprachigen 100 oder mehr Änderungen bei Beiträgen. 5383 Personen machen fünf oder mehr Änderungen pro Monat.

Die Wikipedia steht allerdings auch vor Herausforderungen. Durch die Verlagerung der Internet-Nutzung auf mobile Geräte sinkt die Bereitschaft, aktiv mitzuarbeiten. „Man kann nur kleinere Änderungen via Smartphone machen“, sagte Garád im Gespräch vor rund zwei Jahren.

Stammtische in Wien

Seither hat sich diesbezüglich wenig geändert. Auch die Zahlen zu den österreichischen Editoren sind aus dem Jahr 2016, wie Garád bestätigt. Zirka 455 Wikipedianer zählen in Österreich zum „harten Kern“ der Aktiven, die mehr als fünf Beiträge pro Monat verfassen. Regelmäßige Stammtische ermöglichen es neuen Editoren aber, sich über die Grundlagen von Wikipedia zu informieren. Der nächste Stammtisch in Wien findet etwa am 5.2.2019 ab 17 Uhr in Wien statt.

Frauen editieren Frauen

Aktiven Frauen, die regelmäßig Wikipedia-Einträge editieren, gibt es auch - doch sie sind nach wie vor deutlich unterrepräsentiert. Obwohl der Zugang zum Editieren jeder und jedem offen steht, spiegelt Wikipedia damit nicht den Bevölkerungsdurchschnitt wider. Das macht sich in Folge auch in den Inhalten bemerkbar: Biographien zahlreicher verdienter Frauen fehlen oder sind ausbaufähig. Sogenannte "Edit-a-thons", also Editier-Marathons bei denen Frauen gemeinsam Frauen-Biografien ergänzen, sollen dies jedoch ändern.

Doch auch Pruitt editiert regelmäßig auch bewusst Wikipedia-Einträge über Frauen und engagiert sich beim Projekt "Women in Red". Das Projekt ist den Frauen-Biografien gewidmet, die bereits von Personen als "wichtig" identifiziert worden sind, aber von denen es noch keine Einträge gibt.

Es macht einen Unterschied

Jemand von Wikimedia hat sich bereits die Mühe gemacht, mit analytischen Methoden zu messen, ob es einen Unterschied macht, wenn man die Profile von wichtigen weiblichen Persönlichkeiten bewusst in der Enzyklopädie ergänzt. Das Beispiel, das sie dafür herangezogen haben, dreht sich um die Studentin Emily Temple-Wood.

Emily hat für jede Troll-Mail, die sie bekam, eine Wissenschaftlerin in die Wikipedia eingetragen – und aufgrund des großen Zuspruchs das WikiProject Women scientists gegründet. Die Wikimedianer haben den Impact wissenschaftlich analysiert und sind zu dem Schluss gekommen: “Emily hat einen Unterschied gemacht. Das wurde untersucht, bewiesen und prototypisiert. Es ist nicht nur ein Symbol, sondern ein echter Wandel.”

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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