Netzpolitik

Sind Dashcams in Österreich erlaubt?

Eine Dashcam im Auto kann verschiedene Vorteile haben. So kann man die Aufzeichnungen im Falle eines unverschuldeten Unfalls als Beweismittel einsetzen. Bei Fahrten durch ansehnliche Landschaften können sie außerdem eine schöne Erinnerung sein. Manche nutzen die Videos auch, um sich in sozialen Netzwerken über die Verfehlungen anderer Autofahrer lustig zu machen.

Doch wie ist die datenschutzrechtliche Lage dabei? Darf man sich in Österreich eine Dashcam montieren und damit filmen?

Nino Tlapak, Partner und Co-Head des Datenschutzteams bei DORDA Rechtsanwälte GmbH, erklärt auf Nachfrage der futurezone die Linie der Datenschutzbehörde hierzu.

Interessenabwägung

Bis etwa 2020 hieß es von der Datenschutzbehörde, dass die damit regelmäßig einhergehende invasive Überwachung des öffentlichen Raums nicht zulässig sei. “Seither kommt es auf eine detaillierte Interessenabwägung im Einzelfall an”, erklärt Tlapak. “Es ist daher zu prüfen, ob der Nutzer einer Dashcam ein berechtigtes Interesse hat, die Aufnahmen anzufertigen, und eine Aufzeichnung auch tatsächlich nur anlassbezogen erfolgt”, so Tlapak. Dazu kann ein Interesse an einer Beweissicherung eines Unfalls oder an einer Anzeigenerstattung zählen.

Das Augenmerk sollte auf dem Prinzip der Datensparsamkeit liegen. Man sollte also nicht mehr aufzeichnen als unbedingt notwendig. Die Aufnahmen sollen nur eine geringe Auflösung haben und einen beschränkten Raum um das Auto umfassen. Das permanente Aufzeichnen und Archivieren sämtlicher Fahrten zur Beweissicherung bei einem möglichen Unfall dürfte also schwer zu argumentieren sein. Wenn man hingegen nur einen kurzen Zeitraum filmt, die Aufnahmen dabei immer wieder automatisch überschreibt und nur im Anlassfall bis zur Zweckerreichung speichert – etwa per Unfallerkennung – ist das durchaus argumentierbar. Das Filmen aller Fahrten ohne spezifischen Grund ist jedoch nicht zulässig.

Diese Grundregeln gelten ebenso abseits des Straßenverkehrs: Auch der immer beliebter werdende Einsatz von privater Videoüberwachung und Drohnen muss den datenschutzrechtlichen Bestimmungen entsprechen. Wie bei Dashcams ist auf eine zulässige Speicherdauer und einen begrenzten Aufnahmebereich zu achten. Nach Ansicht der Datenschutzbehörde unterliegt die Aufzeichnung von öffentlichem Grund einer Interessensabwägung im Einzelfall. Die Mitüberwachung von Privatgrund eines Dritten, wie Nachbargrundstücke, oder die Überwachung von Aufzugs-, Treppen-, Gang- und Eingangsbereichen in Mehrparteienhäusern stellt laut Datenschutzbehörde regelmäßig einen unverhältnismäßig schweren Eingriff in die Grundrechte Dritter dar.

Landschaft Filmen

Das Filmen zu rein privaten oder familiären Zwecken, etwa um die Landschaft festzuhalten, sei nicht grundsätzlich untersagt. Im Gegenteil kann dort die sogenannte “Haushaltsausnahme” greifen, wie Tlapak erklärt. Auf derselben Basis sind auch regelmäßig Aufnahmen von Actioncams – etwa beim Snowboarden – oder das Drehen von Urlaubsvideos im öffentlichen Raum zulässig. Das gilt auch, wenn auf den Bildern andere Fahrzeuge oder Menschen identifizierbar sind.

tl;dr

Darf ich in Österreich eine Dashcam verwenden?

Ja, unter bestimmten Voraussetzungen ist das Filmen erlaubt, wenn man ein berechtigtes Interesse argumentieren kann. Auch das Filmen zu rein privaten Zwecken – etwa, um die Landschaft einzufangen – ist aufgrund der Haushaltsausnahme zulässig.

Veröffentlichung von Aufnahmen

Die Veröffentlichung von Aufnahmen ist nicht grundsätzlich untersagt, wie Tlapak erklärt. Dabei verlässt man aber regelmäßig den von der Haushaltsausnahme umfassten, rein privaten bzw. familiären Bereich. Die Frage, ob eine Veröffentlichung zulässig ist, ist daher immer vom konkreten Zweck und der identifizierenden Erfassung unbeteiligter Dritter abhängig, wobei es auch auf den Subtext ankommt. “Wenn ich die Aufnahmen veröffentliche, um andere Autofahrer bloßzustellen, wird weder die Aufnahme noch die Veröffentlichung rechtmäßig sein”, sagt der Anwalt. Personen sowie Kennzeichen Dritter sollten daher unkenntlich gemacht werden.

Wenn man hingegen seine Urlaubsausflüge auf einer privaten Webseite, auf Facebook, YouTube oder Instagram teilt, kann das durchaus zulässig sein. Aber auch hier kommt es im Einzelfall auf die Details an. Wenn die Aufnahmen etwa einen Blick in private Wohnbereiche oder den höchstpersönlichen Lebensbereich von anderen Menschen erlauben, wird die Interessensabwägung zu Gunsten der aufgenommenen Personen ausschlagen und die Aufnahme unzulässig sein, sagt Tlapak. 

Verwendung von Kameraattrappen

Solltet ihr zum Abschrecken von Einbrechern Kameraattrappen im Auto oder vor der Wohnungstüre angebracht haben, ist dies datenschutzrechtlich unbeachtlich. Es kommt dabei nämlich zu keiner Datenverarbeitung. Tlapak empfiehlt für den Fall einer Beschwerde Nachweise über den Attrappencharakter der Kamera aufzubewahren. Es ist jedoch selbst bei Attrappen sicherzustellen, dass keine Persönlichkeitsrechte Dritter verletzt werden. Das kann z.B. das dauerhafte Gefühl der Überwachung sein, wie der OGH bereits in Nachbarschaftsstreitigkeiten schon festgestellt hat. 

Probleme in der Praxis

Datenschutzrechtliche Probleme durch Dashcams wird man in erster Linie dann bekommen, wenn man sie als Beweismittel in einem Zivilverfahren einsetzt oder Anzeige bei der Polizei erstattet, erklärt Tlapak. “Letzteres bringt regelmäßig eine Anzeige bei der Datenschutzbehörde ein”, so der Anwalt. Dann prüft die Datenschutzbehörde das Vorliegen des berechtigten Interesses im konkreten Einzelfall.

Sowohl beim Anfertigen der Aufnahmen als auch bei der Veröffentlichung gibt Tlapak den Praxistipp mit, “mit einer gesunden Portion Hausverstand und Fingerspitzengefühl vorzugehen”.

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Thomas Prenner

ThPrenner

KURIER-futurezone Chefredakteur. Beschäftigt sich viel mit Dingen, die man täglich nutzt und schreibt darüber. Sitzt außerdem gerne am Fahrrad.

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