Netzpolitik

Lernsieg-App von Lehrer geklagt: Gerichtsprozess gestartet

Seit Monaten ist bekannt, dass der Lehrer-Bewertungs-App Lernsieg heftiger Gegenwind von Seiten der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst entgegenweht. In mehreren Musterklagen wollte die GÖD aufzeigen, dass durch die App Datenschutz- und Persönlichkeitsrechte von Lehrern verletzt werden. Durch die Corona-Krise verzögert, kam es allerdings erst heute, am 2. Oktober, zur ersten Verhandlung vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen in Wien.

Lehrer vs. App-Entwickler

Als Kläger standen sich dabei der niederösterreichische HTL-Lehrer Franz H. und Lernsieg-Gründer Benjamin Hadrigan gegenüber. Hadrigan hat Lernsieg als 17-Jähriger auf den Markt gebracht. Nach seinem 18. Geburtstag durfte er die Lernsieg Mobile Media GmbH gründen, das heute als Betreiber der App fungiert. Das Unternehmen ist im Verfahren zweitbeklagte Partei.

Ähnlicher Fall in Deutschland

Bei der Verhandlung stellte der Anwalt des Klägers klar, dass sein Mandant einer von vielen Betroffenen ist, denen die App ein Dorn im Auge ist. Ein Vergleich sei deshalb ausgeschlossen. Es gelte, eine eindeutige Entscheidung darüber zu treffen, ob Apps wie Lernsieg in Zukunft zugelassen werden dürfen. Der Anwalt des Beklagten wiederum sieht Lernsieg als legitimen Dienst, der von der österreichischen Datenschutzbehörde geprüft und als zulässig befunden wurde.

Außerdem beruft sich die Verteidigung auf ein Gerichtsurteil, das 2009 in Deutschland gefällt wurde. Dabei wurde eine App namens "Spickmich" für zulässig befunden. Genau wie bei Lernsieg wurden Lehrer dabei durch Schüler bewertet. "Die Klage ist sinnlos", ist Lernsieg-Entwickler Hadrigan deshalb überzeugt.

"Berechtigtes Interesse"

Laut einem Bericht von Wirtschaftsanwälte.at kommt es in diesem Prozess ganz darauf an, ob das Gericht zu der Auffassung gelangt, ob die Bewertung von Lehrern im "berechtigten Interesse" von Schülern und ihren Eltern liegt. Aufschluss über die Leistung von Lehrern und ganzen Schulen zu erhalten, könnte schließlich die Wahl der Schule entscheiden.

Weitere Klagen im Anmarsch

Laut der Richterin, die die Verhandlung geführt hat, scheint die Faktenlage klar. Eine weitere Beweisaufnahme sei nicht notwendig. Jetzt gelte es, zu einer Entscheidung zu gelangen. Die werde schriftlich erfolgen - womit die Verhandlung beendet wurde. Laut dem Anwalt des Klägers könne man in rund zwei bis vier Monaten mit einem Urteil rechnen. Neben der beschriebenen Klage wurden bereits zwei weitere Klagen gegen Lernsieg eingereicht. Das Urteil der ersten Klage wird aber wahrscheinlich richtungsweisend sein.

Lernsieg expandiert

Benjamin Hadrigan will Lernsieg unterdessen verbessern und weitere Märkte erobern. Neben österreichischen Schulen soll die Lernsieg-App künftig auch Schulen in Deutschland, Frankreich und Großbritannien beinhalten. In Österreich kann das Unternehmen auf mittlerweile 400.000 Downloads verweisen. Mit 2,5 von 5 Sternen bei Google Play und 2,3 von 5 Sternen im Apple App Store ist die App weiterhin mittelmäßig bewertet. In Kommentaren werden vor allem technische Mängel beklagt, aber auch der Vorwurf, bei Lernsieg handle es sich um eine Cyber-Mobbing-App gegen Lehrer, wird vorgebracht.

Sicherheitsmängel

Der App wurden in der Vergangenheit zudem Sicherheitsmängel vorgeworfen. Cybersecurity-Experten zeigten auf, dass sich Bewertungen von Lehrern manipulieren ließen. Außerdem konnte ausgeforscht werden, welche Nutzer welche Bewertungen abgegeben haben. Laut Lernsieg sind diese Sicherheitslücken mittlerweile behoben.

Im Oktober will Lernsieg eine neue Version seiner App präsentieren. Sie soll u.a. eine interaktive Diskurs-Funktion für Lehrer und Schüler bringen.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Energie, Mobilität und Klimaschutz. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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