Warum mit dem Informationsfreiheitsgesetz kaum jemand zufrieden ist
Datenschutz wird seit Jahren gerne pauschal als Begründung vorgeschoben, weshalb in Österreich bestimmte Auskünfte nicht erteilt und heikle Anfragen nicht beantwortet werden. Geht es nach dem Bundeskanzleramt, soll nun aber ausgerechnet die Datenschutzbehörde (DSB) auch beratend für Angelegenheiten der Informationsfreiheit zuständig sein, so der Gesetzesentwurf zum geplanten Informationsfreiheitsgesetz (IGF). Dieses sieht die Abschaffung des Amtsgeheimnisses vor und soll 2023 in Kraft treten.
Die DSB schreibt in einer Stellungnahme zum Gesetz nun, dass sie davon „aus den Medien erfahren“ habe und nur „unzureichend“ und „auf ausdrückliche Anfrage“ eingebunden worden sei. Kurzum: Man hat mit der Behörde nicht vorher geredet, ob diese überhaupt für Informationsfreiheit zuständig sein möchte, oder es personell schafft. Das tut die Behörde laut eigenen Angaben mit den derzeitigen Ressourcen nicht: Für eine rein „beratende Funktion“ seien mindestens 42 Vollzeitstellen notwendig, heißt es in der Stellungnahme.
Beratung "ohne Mehrwert"
Doch diese „beratende Funktion“, wie sie jetzt im Gesetzesentwurf vorgesehen ist, lehnt die Behörde ohnedies ab. Selten sind so klare Worte von einer Behörde zurückgekommen, wie im Fall dieser Begutachtung des Gesetzesentwurfs. Eine reine Beratungstätigkeit sei „problembehaftet“ und würde „keinen Mehrwert“ schaffen, heißt es, und das bei „großem Zeitaufwand“.
Das Problem: Im Zuge einer „Beratung“ müssten nicht alle erforderlichen Informationen vorgelegt werden und daher weiß die Behörde am Ende nicht, ob etwa der Datenschutz von Dritten verletzt werden würde und ob ein Fall wirklich eindeutig sei, oder ob man am Ende sogar gegen die eigentlichen Interessen der Behörde - personenbezogene Daten Dritter zu schützen - Empfehlungen aussprechen würde.
Die DSB spricht sich daher dafür aus, entweder auch Entscheidungen treffen zu dürfen, oder zumindest als „Ombudsstelle“ zu agieren. Sie würde sich in so einem Fall in einem Streitfall zwischen zwei Parteien als „Mediator“ sehen. Das würde allerdings nur für Verwaltung und den privaten Bereich gelten, weil im Falle von Gesetzgebung oder Gerichtsbarkeit würde ihre Tätigkeit der „verfassungsgesetzlich normierten Trennung der Staatsgewalten“ widersprechen, heißt es in der Stellungnahme.
Kein Kontrollorgan
Das „Forum Informationsfreiheit“ (FOI), das sich seit Jahren für ein entsprechendes Gesetz in Österreich einsetzt, sieht im Konzept der Beraterrolle der DSB einige Schwächen. „Die vorgesehene Einbindung der DSB beschränkt sich rein auf datenschutzrechtliche Belange. Eine Unterstützung für Behörden zur Durchführung der Interessenabwägung, sowie für die Bereiche Geschäftsgeheimnisse, Urheberrecht, Vorbereitung von Entscheidungen etc. fehlt vollkommen“, erklärt das „Forum Informationsfreiheit“ in seiner Stellungnahme zum Gesetzesentwurf.
Dieses plädiert anstelle der beratenden DSB für die „Einführung eines unabhängigen Informationsfreiheitsbeauftragten mit bestimmten Rechten und Pflichten.“ Das Fehlen einer solchen „unabhängigen Kompetenz-Stelle“ sei eine „zentrale Schwäche“ des Gesetzesentwurfes.
Die Bürgerrechtsorganisation epicenter.works, die sich seit Jahren für Datenschutz einsetzt, wird in ihrer Stellungnahme ebenfalls sehr deutlich: „Die Erläuterungen zeigen unmissverständlich und in klarer Weise, dass die DSB lediglich auf Anfrage oder Auskunft Serviceleistungen zu erbringen hat oder datenschutzrechtliche Fragen klärt. De facto kommt der DSB daher keine Funktion als Kontrollorgan zu. Weder ist sie Ansprechpartnerin für Antragsteller noch hat sie Kompetenzen betreffend der Erteilung des Zugangs zu Informationen.“
"De facto kommt der Datenschutzbehörde daher keine Funktion als Kontrollorgan zu. Weder ist sie Ansprechpartnerin für Antragsteller noch hat sie Kompetenzen betreffend der Erteilung des Zugangs zu Informationen."
Auch der C3W, der Wiener Ableger des Chaos Computer Clubs, kritisiert, dass keine Transparenzbehörde vorgesehen sei und fordert, dass die DSB entweder zu einer „vollwertigen Transparenz- und Datenschutzbehörde ausgebaut, oder eine unabhängige Transparenzbehörde geschaffen“ werden sollte.
Wirklich glücklich und zufrieden ist scheinbar niemand mit der für die Datenschutzbehörde vorgesehenen Funktion. Laut Verfassungsministerin Karoline Edtstadler will man die Position der Datenschutzbehörde in „weitere Verhandlungen mitnehmen“.
Keine Sanktionen bei Verstößen
Doch der Gesetzesentwurf hat noch weitere Schwachstellen. „Es sind keinerlei Sanktionen für öffentliche Stellen vorgesehen, wenn diese der gesetzlichen Transparenzpflicht nicht nachkommen. Diese sollten zumindest vorgesehen werden, wenn das Recht auf Informationszugang untergraben wird, etwa durch Zerstörung von Informationen, oder wenn eine Stelle systematisch das Recht auf Informationszugang verletzt“, fordert das „Forum Informationsfreiheit“.
Ihr hartes Urteil: „Das selbstgesetzte Ziel der Regierung, dass Bürger in Zukunft rasch, unbürokratisch und ohne finanziellen Aufwand Informationen und Dokumente erhalten können, wird in der vorliegenden Fassung nicht erreicht. Insbesondere dann nicht, wenn es um politisch relevante Informationen geht, die eine staatliche Stelle nicht öffentlich machen möchte“, sagt FOI-Vorstandsvorsitzender Mathias Huter. Die Rechtsanwaltskammer befürchtet gar, dass mit dem neuen Gesetz sogar mehr Informationen geheim gehalten werden könnten als es jetzt bereits der Fall ist, und zwar "zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen".