Netzpolitik

Wie Trump die Raumfahrt für Propaganda missbraucht

Am 30. Mai war ein besonderer Tag für die USA und ihren Präsidenten Donald Trump. Während die „Black Lives Matter“-Demonstranten vor der Tür des Weißen Hauses angekommen waren, machte sich Trump stolz zum Kennedy Space Center in Florida auf. Denn dort fand sein Prestige-Projekt statt, der erste US-Start einer bemannten Raumkapsel seit 2011. Vor wehenden Flaggen und unter dem Titel „Launch America“ präsentierte er sich als starker Anführer einer Großmacht.

Mit dem Raketenstart sollte eine neue Ära der Raumfahrt eingeläutet werden und das kam Trump sehr gelegen: „Die Raumfahrt ist auch ein wichtiges Prestigeinstrument. Für die USA war es schmerzlich, viele Jahre nicht in der Lage zu sein, selbst Menschen in den Weltraum zu bringen. Mit dem Start konnte man wieder zeigen, dass man eine Großmacht ist und das Potenzial für technologische Innovation hat“, erklärt Martin Senn, Professor für Internationale Politik an der Universität Innsbruck, gegenüber der futurezone. Lange Zeit flogen NASA-Astronauten mit der russischen Sojus-Rakete zur Internationalen Raumstation ISS. Diese Abhängigkeit wurde mit dem erfolgreichen Flug beendet.

Fremde Federn

Dass der Flug eigentlich vom privaten Unternehmen SpaceX, mit dessen Raumkapsel "Crew Dagon" und dessen Rakete durchgeführt wurde, blieb eine Randnotiz des Spektakels. In Trumps Rede nach dem erfolgreichen Start blieb dafür nur eine gönnerhafte Bemerkung übrig: Dieser Tag sei die Erfüllung eines Traums für den SpaceX-Chef Elon Musk. Nicht nur Musk-Fans stieß das störend auf. Kritiker warfen Trump vor, sich ganz bewusst mit fremden Federn zu schmücken.

Gänzlich unbeteiligt war die US-Weltraumbehörde NASA dann aber doch nicht. Der Flug ist das Ergebnis jahrelanger Arbeit und 3,1 Milliarden Dollar an Fördergeldern im Rahmen des „Commercial Crew Program“. Ins Leben gerufen wurde es vom früheren US-Präsidenten Barack Obama 2010 und auch sein Vorgänger, George W. Bush hatte Privatunternehmen auf den Plan gerufen und damit die Basis für die Zusammenarbeit gelegt. 2006 beauftragte er unter anderem SpaceX damit, Frachtflüge zur ISS vorzunehmen. Seit 2012 das erste Mal eine SpaceX-Rakete an der Raumstation andockte, finden diese Flüge regelmäßig statt. Jetzt reklamiert Trump diesen Erfolg aber für sich: Er setze den Jahrzehnten des Nichtstuns ein Ende, während denen Gras durch die Risse im Asphalt der Landebahnen gewachsen sei, teilte er mit.

Nostalgie

Hatte Trump wenigen Stunden zuvor den Demonstranten vor dem Weißen Haus noch mit „den bösartigsten Hunden“ gedroht, verkündete er nach dem Start der beiden US-Astronauten in den Weltraum vereine alle Amerikaner. „Bei diesem Raketenstart ging es nicht darum, das Volk zusammenzubringen. Trump präsentiert sich als Macher und will in die Fußstapfen von großen Präsidenten wie J.F. Kennedy treten. Er versucht, an die Erfolge der Vergangenheit anzuknüpfen, da er selbst derzeit nicht sonderlich viele vorzuweisen hat“, sagt Senn.

Mit dem Start habe Trump ein Narrativ geschaffen, dass die US-Amerikaner an eine Zeit erinnern soll, in der man führend in der Weltraumforschung war. Das unterstützt auch das kurzfristige Ziel, 2024 wieder Menschen – darunter die erste Frau – auf den Mond zu bringen, bevor man sich zum Mars aufmacht. 

Das "Make Space Great Again"-Video wurde inzwischen wieder entfernt

Für die Präsidentschaftswahl im November bietet das Weltraum-Motiv Projektionsfläche für beide politische Lager. Mit der Rückkehr zur Weltraum-Großmacht spricht Trump konservative Republikaner ebenso an wie junge Demokraten, die sich für Wissenschaft interessieren. Der Wahlspruch „Make Space Great Again“ in Anlehnung an seinen Wahl-Slogan „Make America Great Again“ tauchte danach in einem Wahlvideo auf.

Darin wurden Impressionen des Crew-Dragon-Starts den Archiv-Aufnahmen der Mondlandung, inklusive der legendären J.F. Kennedy-Rede, gegenübergestellt. "Dass die USA das Wettrennen um den Weltraum in den 60er Jahren für sich entschieden hat, hat den Vereinigten Staaten einen großen Aufschwung als wissenschaftliche und militärische Führungsmacht beschert und an diese Zeit der Weltraumerfolge versucht man jetzt anzuknüpfen“, erklärt Senn.

Allerdings musste das Video zurückgezogen werden, nachdem zahlreiche NASA-Mitarbeiter, darunter die Astronautin Karen Nyberg, deren Mann Doug Hurley die Crew-Dragon-Mission leitet, sich beschwerten: „Ich finde es verstörend, dass eine Videoaufnahme von mir und meinem Sohn ohne mein Wissen oder meine Zustimmung für politische Propaganda genutzt wird. Das ist falsch“, schrieb Nyberg auf Twitter.

Es handelte sich dabei um offizielle Aufnahmen der NASA. Deren Verwendung für Marketing oder politische Kampagnen ist nicht gestattet, weshalb die Verantwortlichen des Trump-Wahlkampfteams das Video wieder löschen mussten. 

Jim Bridenstine, NASA-Chef

Umstrittener NASA-Chef

Jim Bridenstine ist ein ungewöhnlicher NASA-Chef. Anders als seine Vorgänger, der Astronaut Charles Bolden und der Ingenieur Robert M. Lightfoot Jr., ist er kein Wissenschaftler, sondern Politiker. Donald Trump hatte 2017 den 44-jährigen Republikaner für das Amt des NASA-Chefs vorgeschlagen. Dieser Vorstoß wurde von Republikanern und Demokraten kritisiert. 

Nicht nur die fehlende Expertise war dabei Thema. Bridenstine hatte wiederholt den menschgemachten Klimawandel angezweifelt. 2013 hatte er in einer Rede den damaligen Präsidenten Obama kritisiert, dieser gebe zu viel Geld für den Klimaschutz aus. Eine Erderwärmung gebe es seit 10 Jahren nicht mehr, sagte er damals. 2018 übernahm Bridenstine die NASA-Administration. Inzwischen erkennt er an, dass der Mensch einen großen Anteil am Klimawandel hat.

Doch auch während seiner Amtszeit eckte er an. So hatte er mehrfach betont, seiner Ansicht nach sei Pluto ein Planet und soll auch weiterhin als solcher bezeichnet werden. Die Begründung, er möge es, dass neun Planeten existieren, erntete Kritik von Astronomen. Pluto wurde 2006 zu einem Zwergplaneten herabgestuft, da er deutlich kleiner als andere Planeten ist und seine Umlaufbahn eher der eines Asteroiden gleicht.

Space Force

Im Dezember 2019 hatte die Trump-Regierung offiziell die Space Force als neuen Teil der Streitkräfte gegründet. Im Zentrum stehen die Raketenabwehr und Anti-Satellitenwaffen. „Die Trump Administration sieht ein großes Risiko, dass die USA gegenüber Russland, China und inzwischen auch Indien ins Hintertreffen geraten und man im Falle eines Angriffs auf Satellitensysteme verwundbar ist“, erklärt der Politologe Senn.

„Es geht den Vereinigten Staaten um Abschreckung zum Schutz kritischer Infrastruktur im Weltraum, die im Fall eines Konfliktes mit anderen Großmächten verwundbar wäre.“ Zudem wolle man Dominanz zeigen und eine unangefochtene militärische Position im Weltraum einnehmen. „Die Space Force soll vor allem die Stellung der USA unter den Großmächten wieder verbessern“, sagt Senn. Dass die Militärorganisation die amerikanische Vorherrschaft im All schaffen soll, hatte auch Verteidigungsminister Mark Esper bei der Präsentation der Space Force verkündet

Satelliten ausschalten

Bisher konnte die Weltraumstreitkraft eine erste Offensivwaffe präsentieren: Einen Kommunikationsstörsender, der feindliche Satelliten binnen weniger Minuten stören kann. So könnten etwa Luftschlag-Warnsysteme von feindlichen Nationen temporär ausgeschaltet werden. Die erste offizielle Weltraummission der Space Force fand im April statt. Es wurde ein militärischer Kommunikationssatellit im Orbit platziert.

Bei der Präsentation der Space-Force-Flagge am 15. Mai hatte Trump zudem von einer neuen Waffe gesprochen, die der Präsident „Super-Duper Rakete“ getauft hat. Sie soll 17-mal so schnell wie andere Raketen sein. Die Präsentation der Flagge selbst sorgte für Spott: Das Logo der Space Force ähnle stark dem der Sternenflotte aus der TV-Serie „Star Trek“. Selbst hier würde Trump vom Erfolg anderer profitieren wollen.

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Franziska Bechtold

frau_grete

Liebt virtuelle Spielewelten, Gadgets, Wissenschaft und den Weltraum. Solange sie nicht selbst ins Weltall kann, flüchtet sie eben in Science Fiction.

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