Netzpolitik

Wirbel um Auftrag für digitalen Führerschein

Mitte 2019 wirbt der französische Rüstungskonzern Thales auf seiner Website mit einer „ID-Revolution auf dem Smartphone“. Der Rüstungskonzern, der den Sicherheitsspezialisten Gemalto gekauft hatte, verspricht Behörden, dass sie mit dem „Gemalto ID Wallet“ künftig eine „engere Verbindung zu den Bürgern aufbauen“ können. Gemalto war 2015 auch bereits wegen einer schweren IT-Sicherheitslücke unter Beschuss. Damals gab es bestätigte Angriffe seitens des Geheimdienstes NSA auf Gemalto-SIM-Karten.

Genau diese Firma, gehörend zu dem Rüstungskonzern, der in Frankreich in einen der größten Korruptionsskandale des Landes verwickelt war, soll einem „Presse“-Bericht zufolge den Millionenauftrag zur technischen Umsetzung einer digitalen Ausweisplattform in Österreich erhalten haben - um ihn kurz darauf wieder zu verlieren, wie es heißt. „In der Branche spricht man von einem undurchsichtigen Angebot, unklaren Leistungen und Dumpingpreisen“, ist in dem Bericht zu lesen.

Anbieterverfahren läuft noch

Die futurezone hat beim Wirtschaftsministerium nachgefragt und landete beim Bundesrechenzentrum (BRZ), welches vom Ministerium mit der Schaffung der digitalen Ausweisplattform beauftragt wurde. Das BRZ hat lediglich bestätigt, dass gerade ein entsprechendes Vergabeverfahren läuft. Dieses betreffe allerdings nicht die Elektronische Identität (E-ID), sondern nur die Plattform zur Verwendung von digitalen Ausweisen - wie Führerschein oder Reisepass - am Smartphone.

Neben Thales soll auch noch die Staatsdruckerei im Rennen sein, heißt es im „Presse“-Bericht. Diese hat ebenfalls bereits seit längerem eine Lösung für eine Ausweisplattform am Smartphone. Namen der involvierten Firmen wollte man seitens des BRZ jedoch keine nennen, da das Verfahren noch läuft. Dass der französische Rüstungskonzern Thales im Rennen gewesen sei, konnte man daher offiziell weder bestätigen, noch dementieren. Was man jedoch sagen konnte, war, dass der Erstbieter den Zuschlag nicht bekommen und diese Entscheidung auch nicht angefochten hat. Diese sei „bestandsfest“, heißt es aus dem BRZ.

Nachprüfungsantrag und "normales Prozedere"

Doch was war genau passiert? „Das einstimmige Ergebnis der Angebotsbewertung wurde den Vorgaben des Bundesvergabegesetzes entsprechend sämtlichen Bietern mitgeteilt. Seitens eines nachgereihten Bieters wurde innerhalb der Stillhaltefrist ein Nachprüfungsantrag gestellt. Im Rahmen dieses Nachprüfungsverfahrens waren neue Information zu bewerten, die zum Ausschluss der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin geführt haben“, heißt es seitens des BRZ. Daniela Feuersinger, Pressesprecherin des BRZ, sagte zur futurezone, dass es sich dabei um ein „ganz normales Prozedere“ handle, welches bei entsprechenden Vergabeverfahren so vorgesehen sei. Worum es sich bei den „neuen Informationen“ konkret gehandelt hat, war nicht zu erfahren.

Das digitale Amt am Smartphone gibt es schon.

Alles im Zeitplan?

Im „Presse“-Bericht heißt es zudem, dass der Auftrag ein Volumen von 35 Millionen Euro haben soll. Das wären weit mehr als die vom BRZ geschätzten Kosten von 18,5 Millionen Euro. Dazu konnte das BRZ aufgrund des noch laufenden Verfahrens ebenfalls keine Angaben machen. Die Zahlen wurden weder bestätigt, noch dementiert. Das Verfahren soll aber „demnächst“ abgeschlossen sein. Danach könne man mehr mitteilen, heißt es. Man liege außerdem im Zeitplan, so das BRZ.

Laut dem Wirtschaftsministerium soll sich auch der digitale Führerschein, der erste Schritt von vielen in diesem Bereich, nicht verspäten. Der digitale Führerschein war allerdings ursprünglich bereits für "Ende 2019" angekündigt. Auf futurezone-Nachfrage hieß es, dass der Regierungswechsel dazwischen gekommen und das einer der Gründe für die Verzögerung gewesen sei. Im Herbst 2021 soll nun ein "Pilot-Versuch" starten. Dieser Zeitplan soll halten, verspricht das Ministerium: "Der digitale Führerschein wird noch dieses Jahr kommen."

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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