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Insta360 X5 im Test: Was kann die gehypte 360-Grad-Action-Cam?

Wer darauf achtet, sieht sie in letzter Zeit überall: auf Selfiesticks nahe Touristen-Hotspots, auf Fahrrädern auf der Mountainbike-Strecke und sogar auf Motorrädern und Autos auf der Straße. Und natürlich sind Videoplattformen wie YouTube, Instagram und TikTok voll mit Content der 360-Grad-Kamera Insta360. Seit kurzem gibt es die Action-Cam in der neuen Variante X5. Ich habe die Kamera getestet. 

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Das Besondere an der Insta360 ist, dass sie Fotos und Videos im 360-Grad-Modus aufnimmt. Das bedeutet, dass man sich auf den entstehenden Videos virtuell “umschauen” kann. Vergleichbar ist das etwa mit Google Street View, wo man sich ebenfalls in der Umgebung drehen und so seinen Blickwinkel verändern kann. 

Die Kamera hat ein weiteres besonderes Feature: Sie rechnet den Selfiestick bzw. das Stativ, auf dem sie montiert ist, aus der Aufnahme heraus und macht die Stange auf den Aufnahmen unsichtbar. Es sieht es dann so aus, als würde die Kamera in der Luft schweben bzw. einen wie eine Drohne verfolgen. 

Hier sieht man den Selfie-Stick nicht, weil er eben unsichtbar gemacht wird.

Wozu eigentlich 360-Grad-Videos?

Zwar könnte man die 360-Grad-Videos auch als solche veröffentlichen. Das bedeutet, dass man sich tatsächlich während des Videos drehen kann. Das ist theoretisch auch auf YouTube möglich, allerdings muss man hier mit den Insta360-Files etwas tricksen. Einfacher ist es, die 360-Grad-Videos, wenn man sie tatsächlich so sharen möchte, über die hauseigene Insta360-Plattform zu teilen. Dafür bietet das Unternehmen einen Cloud-Speicher an, der ab einer gewissen Größe kostenpflichtig ist. Eines der auf diese Art und Weise geteilten Videos (in diesem Fall mit der X4 aufgenommen) findet ihr unter diesem Link.

Das Veröffentlichen von echten 360-Grad-Videos ist allerdings nicht der hauptsächliche Einsatzzweck für die meisten Insta360-Nutzer. Vielmehr ist es in der Praxis so, dass man aus den 360-Grad-Videos im Nachhinein “normale” Videoclips macht. 

Ein Beispiel: Man hat die Kamera am Lenker eines Fahrrades montiert. Dank 360-Grad-Aufnahme filmt man somit einerseits die Radlerin oder den Radler von vorn sowie die gesamte Umgebung, mit Blickrichtungen zu den Seiten und in Fahrtrichtung. Beim Nachbearbeiten kann man all diese Blickwinkel kombinieren. In der ersten Einstellung kann man den Blickwinkel auf den Radler richten, anschließend kann man auf die Umgebung schwenken, wie etwa im folgenden Video zu sehen ist. Die Kamera ist dabei an einer Halterung am Lenker neben dem Fahrradcomputer montiert. Die Halterung wird von der Kamera automatisch ausgeblendet. Man sieht aber auch, wie das Eck des Fahrradcomputers ein wenig verschwindet. 

Beim Bearbeiten kann man dann also entscheiden, welchen Bildausschnitt man verwenden möchte. Auch lässt sich so im Nachhinein bestimmen, ob man lieber Hochkant-Aufnahmen für Social Media oder Breitbild für YouTube haben möchte. 

Mein hauptsächlicher Einsatzzweck für Actioncams ist Fahrradfahren. Dabei kann man die Insta360 entweder vorne am Lenker, wie im obigen Video, befestigen, oder über eine spezielle Vorrichtung hinten. Das sieht dann so aus:

Insta360 X5 am Rennrad mit entsprechender Halterung - muss man mögen.

Die dabei entstehenden Aufnahmen wirken so, als würde man von einer Drohne verfolgt werden. Je weiter man den Stick nach hinten überstehen lässt, desto besser. Allerdings muss man während der Fahrt bedenken, dass man unter Umständen nach hinten länger wird. Dazu kommt, dass der Stick etwas flexibel ist. Das heißt, er schwankt etwas, wenn man über Bodenwellen fährt. Das verändert das Fahrgefühl am Rad zwar nicht massiv, aber doch ein wenig. 

Die Insta360-App erlaubt es außerdem, GPS-Daten und andere Werte von verschiedenen Diensten abzurufen und als Overlay über die Videos zu legen. Unterstützt werden etwa Garmin Connect, Apple Health oder Huawei Health. Im folgenden Video ist zu sehen, wie das aussehen kann.

Man kann bei der Positionierung der Kamera aber auch kreativer werden. In diesem konkreten Fall habe ich sie mithilfe des Sticks von der Lenkerstange nach unten stehen lassen. Bei derartigen Konstruktionen sollte man aber sehr vorsichtig sein, um nicht zur Gefahr im Straßenverkehr zu werden.

Der dabei entstehende Blickwinkel ist jedenfalls spannend und etwas, das man in dieser Form nur mit einer 360-Grad-Kamera filmen kann. 

Unsichtbarer Selfiestick

Freilich kann man die Kamera auch einfach an dem “unsichtbaren” Selfiestick befestigen und einfach so herumtragen, um zu filmen oder zu fotografieren. Die Aufnahmen sind dabei weniger dynamisch als bei schnellen Bewegungen. Mit den durch den 360-Grad-Effekt möglichen Kameraschwenks werden aber auch diese Videos ansehnlich. 

Die Videoqualität

Sowohl Insta360 X4 als auch X5 erzeugen im Freien bei guten Lichtbedingungen gute und herzeigbare Aufnahmen. Wie bei anderen Actioncams mit Weitwinkel-Linse bekommt man auch hier die schönsten Bilder bei blauem Himmel und Sonnenschein. Auch wenn der dezidierte HDR-Modus deaktiviert ist, entstehen hier beeindruckende Bilder. 

Das Funktionsprinzip der 360-Grad-Aufnahme basiert darauf, dass die Bilder, die die beiden Weitwinkellinsen machen, “zusammengeflickt” werden. Dieses “Stitching” kann man auch sehen, wenn man genau hinschaut. Auch der Bereich, wo der Selfiestick herausgerechnet wird, ist im fertigen Video manchmal verschwommen, wie in den Clips oben.

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Groß und ein wenig heikel, langer Akku

Im Vergleich zu klassischen Action-Kameras ohne 360-Grad-Videos sind die Insta360-Geräte eher groß und schwer. Beim Travel-Vloggen mit Selfiestick oder bei der Montage auf dem Motorrad ist das wahrscheinlich weniger störend. Bei der Befestigung am (in der Regel möglichst leichten) Rennrad könnte die 200 Gramm allerdings für manche schon ein Wermutstropfen sein. Auch die Größe ist mit 46 × 124,5 × 38,2 mm jetzt nicht gerade kompakt. Im Unterschied zu winzigen Actioncams wie der DJI Action überlege ich mir bei der Insta360 jedenfalls 2 Mal, ob ich sie wirklich einpacke. 

Die Kamera verfügt über ein Display mit Touchscreen und 2 Objektiven. Diese stehen seitlich ab und sind somit äußerst anfällig für Beschädigungen. Bei der aktuellsten X5 kann man in diesem Fall die Objektive tauschen. Bei den Vorgängern wird ein Schutzglas angeboten, das man über der eigentlichen Linse befestigt. Positiv ist jedenfalls die Akkulaufzeit: In voller Qualität kann man fast 90 Minuten mit einer Ladung filmen.

Zahlreiche Aufnahmemodi

Neben dem gewöhnlichen 360-Grad-Videos bietet die Insta360 noch zahlreiche weitere Aufnahmemodi für spezielle Szenarien. Hier eine Liste der Modi bei der X5:

  • 360°-Video: Nimmt die komplette Umgebung in 360° auf, ideal zum späteren Reframing und für immersive Videos
  • PureVideo: Spezieller Low-Light-Modus für rauscharme und klare Videos bei wenig Licht
  • InstaFrame: Zeichnet gleichzeitig ein normales (flaches) Video und eine vollständige 360°-Aufnahme auf
  • Single-Lens-Video: Nimmt mit nur einer Linse auf, wie eine klassische Actioncam, für direkt nutzbare Weitwinkel-Videos bis 4K60
  • Bullet Time: Erzeugt einen Rundum-Zeitlupeneffekt, indem die Kamera am Selfiestick im Kreis geschwungen wird
  • TimeShift: Erstellt ein stabilisiertes Hyperlapse-Video, gedacht für dynamische Bewegungsaufnahmen und Reisen
  • Timelapse: Zeitraffer-Modus für spektakuläre Langzeitaufnahmen, z.B. von Sonnenauf- und Sonnenuntergängen
  • Starlapse: Spezieller Zeitraffer für Sternenspuren und Nachtaufnahmen
  • Loop Recording: Zeichnet fortlaufend auf und überschreibt ältere Clips, praktisch als Dashcam oder für unvorhersehbare Momente
  • Road Mode: Speichert einen reservierten Bereich auf der Speicherkarte für Dashcam-Aufnahmen im Straßenverkehr
  • Foto: 360°-Fotos mit bis zu 72 MP für detailreiche Rundum-Aufnahmen
  • Burst/Intervall: Serien- und Intervallaufnahmen für schnelle Action oder Zeitraffer-Fotografie

Arbeit

Die Flexibilität, den Bildausschnitt erst nach dem Filmen anzupassen, bedeutet natürlich auch Arbeit, bevor man seine Aufnahmen auf Instagram, YouTube oder TikTok veröffentlichen kann. Konkret heißt das, dass man die Files in der Insta360-App bearbeiten muss. 

Grundsätzlich hat man dabei 2 Möglichkeiten: Entweder man drückt auf den KI-Button und lässt die Künstliche Intelligenz die Blickwinkel bestimmen. Das funktioniert in der Praxis manchmal sehr gut, manchmal greift die KI allerdings völlig daneben. Bei relativ einfachen Szenarien (Beispiel: Radler am Fahrrad) kann es durchaus sein, dass die KI in wenigen Augenblicken vollautomatisch ein perfektes Video erstellt. Es kann aber auch sein, dass sie völlig daneben liegt und genau bei der Vorbeifahrt am beeindruckenden Berg stattdessen die Mülltonne auf der anderen Straßenseite im Fokus hat. 

Möchte man den Blickwinkel manuell anpassen, muss man sich länger mit der App beschäftigen. Die gibt sich zwar alle Mühe, intuitiv zu sein, wenn man so beeindruckende Aufnahmen machen möchte, wie man sie vielerorts im Netz sieht, muss allerdings einige Stunden in Einarbeitungszeit investieren und sich mit Begriffen wie Keyframes auseinandersetzen. Hier ist es ratsam, sich einige der zahlreichen Tutorial-Videos im Netz anzusehen. 

Neben den Apps für iOS und Android gibt es auch für Desktop-Rechner und Macs das Insta360 Studio. Das ist in Sachen Funktionsumfang und Geschwindigkeit den mobilen Apps allerdings weit unterlegen. Ich habe echt versucht, mich auf dem Mac auch mit der Desktop-Version auseinanderzusetzen, habe aber schlussendlich die Nerven weggeschmissen. Am Ende war es das iPad, das zu meinem präferierten Bearbeitungsgerät für die 360-Grad-Videos wurde. 

Daten

Die Insta360 nimmt 360-Grad-Videos in 8K-Auflösung mit bis zu 30 fps auf. Die Menge an Daten, die dabei anfällt, ist enorm. Ein Videofile in höchster Qualität und voller Auflösung mit der X5 benötigt in etwa 1,5 GB. Das heißt, man muss natürlich auch eine entsprechend große Speicherkarte haben. Im Test habe ich auf eine 512GB-Karte von Samsung (50 Euro bei Amazon) gesetzt, die hervorragend funktioniert hat. 

Insta360 X5 und X4

Insta 360 X4 vs X5

Die Insta360 X5 kostet bei Amazon 595 Euro, die X4 gibt es um 480 Euro. Einer der Hauptunterschiede zwischen der X4 und der X5 ist der Bildsensor, der bei der neueren und teureren Variante größer und somit lichtstärker und rauschärmer ist. Das heißt, dass die X5 vor allem in dunklen Umgebungen deutlich bessere Videos macht. Genau das war auch einer der größten Schwachpunkte früherer Insta360. In diesem Zusammenhang gibt es auch den neuen PureVideo-Modus, der besonders rauscharme Videos produzieren soll. 

Ein weiterer großer Unterschied ist die austauschbare Linse, was im Fall eines Unfalls ebenfalls durchaus praktisch sein könnte. Kleinere Unterschiede sind längere Akkulaufzeit bei der X5, bessere Wasserdichtigkeit und ein besserer Windschutz für Audioaufnahmen. 

Wer vorhat, nur bei guten Lichtverhältnissen im Freien zu filmen, der kann sich die rund 115 Euro zusätzlich für die X5 tatsächlich sparen. Wer auch nachts oder im Innenraum bei Kunstlicht filmen möchte, sollte den Aufpreis aber investieren.

Pro und Contra

Pro

  • Alles im Blick: Weil man immer die gesamte Umgebung filmt, kann man einfach draufhalten, ohne nachzudenken.
  • Bildqualität: Die Videos wissen auch in Sachen Kontraste und Farbstärke zu überzeugen.

Contra

  • Einarbeitungszeit: Wer wirklich eindrucksvolle Clips machen möchte, muss sich in Kamera und App einarbeiten.
  • Groß und schwer: Mit einem Gewicht von rund 200 Gramm und Abmessungen von 46 x 125 x 38 Millimetern ist die Kamera im Vergleich zu anderen Actioncams groß.

Fazit

Will man sich selbst und seine Umgebung bei Aktivitäten draußen filmen, macht die Insta360 Spaß und liefert beeindruckende Bilder, die sich sowohl als persönliche Erinnerung als auch auf Social Media sehen lassen können. Auch ist es beim Filmen regelrecht befreiend, sich keine Gedanken machen zu müssen, ob man den schönen Berggipfel jetzt drauf hat, denn dank Rundumsicht ist dieser definitiv drauf. 

Die coolen Bilder haben allerdings ihren Preis. Und zwar nicht nur in Form der Kamera selbst (die X5 kostet bei Amazon derzeit 595 Euro), sondern auch in Form von Aufwand und Zeit. 

Selbst, wenn man nur ein paar Clips für Instagram machen möchte, muss man sich mit der Kamera und vor allem mit den Bearbeitungs-Apps zumindest rudimentär auseinandersetzen, damit sie so werden, wie man es in zahlreichen Insta360-Videos im Netz sieht. Es schadet auch nicht, schon ein bisschen Vorwissen zum Thema Videoschnitt mitzubringen. Die KI-Videobearbeitung, bei der man die Clips mit nur einem Klick machen kann, ist zwar tatsächlich oft eine große Hilfe, um ein Grundverständnis der App kommt man nicht herum. 

Bedenken muss man auch, dass nicht nur Kosten für Kamera und Selfiestick anfallen. Um wirklich coole Aufnahmen mit dem Gerät zu machen, braucht es entsprechende Halterungen für den jeweiligen Einsatzzweck. Die können ebenfalls ins Geld gehen. Dazu kommt eine entsprechend große Speicherkarte und gegebenenfalls eine externe SSD, um die recht großen Mengen an Daten zu verwalten. 

Wer bereit ist, Geld und Zeit zu investieren, bekommt mit der Insta360 wohl die flexibelste aller Actioncams, die auch spektakuläre Bilder erzeugt

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Thomas Prenner

ThPrenner

KURIER-futurezone Chefredakteur. Beschäftigt sich viel mit Dingen, die man täglich nutzt und schreibt darüber. Sitzt außerdem gerne am Fahrrad.

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