Mini-Solaranlagen bringen Energiewende am eigenen Balkon
In Mitteleuropa schickt die Sonne durchschnittlich 1.000 Kilowattstunden Energie pro Jahr auf jeden Quadratmeter. Um diese Energiefülle zu nutzen und damit einen Beitrag zur Energiewende zu leisten, kann man sich heute kleine Photovoltaik-Anlagen auf den Balkon stellen, die besonders einfach zu betreiben sind. Sie erfreuen sich steigender Beliebtheit.
Anstecken und los gehts
Die Anlagen besitzen üblicherweise ein Photovoltaikpaneel, das Sonnenlicht in Gleichstrom umwandelt, einen Wechselrichter, der den Gleichstrom in Wechselstrom umwandelt und einem Stecker, den man in eine normale Schuko-Steckdose steckt. Nach dem Plug-and-Play-Prinzip stellt man das Gerät auf, schließt es an und fertig ist das Kraftwerk am Balkon. Natürlich sollte man sich auch darum kümmern, dass das Solarpaneel gut befestigt ist, entweder mit schwerem Standfuß, am Balkongeländer oder an der Hauswand.
Sobald Sonnenlicht darauf fällt, produziert die Mini-PV-Anlage Strom, der über die Steckdose in das Haus- oder Wohnungsstromnetz fließt. Von dort geht es direkt an alle Verbraucher im Haushalt, etwa Lampen, Kühlschrank, Herd oder Fernseher. Der Verbrauch an Strom über das normale Stromnetz sinkt dadurch. Bei alten Stromzählern sieht man das durch eine langsamere Drehung des Zählerrads und kann sich dann über eine niedrigere Stromrechnung freuen.
Ertrag...
Wie viel weniger Netzstrom man durch eine Balkon-Solaranlage benötigt, hängt von ihrer Dimension und Leistung ab. Gesetzlich erlaubt sind maximal 800 Watt, erklärt Wolfgang Urbantschitsch, der Vorstand des Energie-Regulators E-Control. Üblich seien eher 200 bis 500 Watt Maximalleistung. In der Praxis kommt man an diesen Wert freilich nur heran, wenn das Sonnenlicht besonders intensiv ist (Sommer) und in einem 90-Grad-Winkel auf die Photovoltaikzellen fällt.
Was kann man mit einer Leistung von 200 Watt ungefähr anstellen? "Man kann ein Mittagessen für 3 Personen kochen, 4 iPads aufladen oder 30 Doppelseiten ausdrucken", schildert die Kärntner Firma Energetica Industries, die mit dem rund 400 Euro teuren "Simon" eines der österreichischen Pionierprodukte bei Balkon-PV-Anlagen vertreibt.
... und Aufwand
"Man kann davon ausgehen, dass der Strom, der damit erzeugt wird, immer Abnehmer in der Wohnung findet. Von einer kompletten Eigenversorgung ist man aber normalerweise weit weg", sagt Wolfgang Urbantschitsch. Durch die gesparten Stromkosten amortisieren sich Mini-PV-Anlagen dennoch bereits nach 5 bis 7 Jahren.
Genehmigungen benötigt man für steckerfertige Balkon-Solarkraftwerke nicht. Man muss aber dem eigenen Netzbetreiber Bescheid geben, damit dieser sicherstellt, dass der eigene Stromzähler eine Rücklaufsperre besitzt. Ins öffentliche Stromnetz darf der Strom nämlich mit so einer Anlage nicht eingespeist werden. Das hat weniger technische, als bürokratische Gründe (Verfälschung der Stromrechnung).
Hohe Nachfrage
Balkon-Solaranlagen lassen sich auch mit Akkus kombinieren, um den erzeugten Sonnenstrom auch nachts zu nutzen oder sich für Stromausfälle zu rüsten. Das Grazer Start-up EET hat mit seinem System "Solmate" so eine Kombination entwickelt. Trotz Preisen ab 2.400 Euro ist die Nachfrage enorm. "Wir wollten eine Lösung entwickeln, die Solarenergie für jeden zugänglich macht. Über 80 Prozent der Menschen leben in Städten und können sich keine teure Anlage auf das Dach montieren", sagt Jan Senn von EET.
Das Angebot an Balkon-PV-Anlagen wächst rasant. Laut EET gibt es bereits über 200 Anbieter. Laut Wolfgang Urbantschitsch sollte man beim Kauf auf CE- und ÖVE-Zeichen achten. Vor der Installation einen Elektriker zu konsultieren, sei vor allem bei älteren Hausstromanlagen ratsam. Generell seien Balkon-Anlagen "eine tolle Sache", denn: "Jemand, der sich so etwas installiert, befasst sich mehr mit Strom und geht bewusster damit um."
Lukas Kohlmaier vom Kärntner Solarenergie-Anbieter Sonnenkraft bezeichnet Balkon-Anlagen als "Einstiegsdroge für erneuerbare Energien". Man benötige dafür nur ein kleines Budget. "Später steigen einige Nutzer dann auf größere Anlagen um."