Schindelhauer Arthur im Test: E-Bike im Tarnanzug
Der Markt für E-Bikes in Österreich wächst stark. 2018 wurden knapp 150.000 Stück verkauft - eine Verdreifachung im Vergleich zu 2014. Für 2019 liegen aktuell noch keine Zahlen vor, erste Prognosen gehen aber von einem weiteren Wachstum aus.
Mittlerweile hat sich auch die Zielgruppe für die Elektrofahrräder gewandelt. War es vor ein paar Jahren eher vorwiegend ein älteres Publikum, das die Hersteller ansprechen wollten, sind es heute Fahrer in allen Altersklassen. Auf eine jüngere, stilbewusste Zielgruppe hat es das Berliner Unternehmen Schindelhauer abgesehen.
Mit dem Arthur bringt es nun ein E-Bike auf den Markt, dem man den Elektroantrieb - wenn überhaupt - erst auf dem zweiten Blick ansieht. Das Fahrrad sieht mehr wie ein hippes Fixie für Fahrten in der Stadt aus.
Die futurezone konnte das E-Bike, das nun auch in Österreich verkauft wird, einige Tage lang testen.
Rahmen und Reifen
Optisch macht das Schindelhauer Arthur einiges her. Der Aluminium-Rahmen ist in mattem Grau gehalten. Die Kabel sind in Rahmen und Gabel integriert. Der Akku befindet sich im Unterrohr, das darum eine Spur dicker ist, als man es von konventionellen Rädern gewohnt ist. Ohne speziell darauf zu achten, fällt das allerdings kaum auf. Den Rahmen gibt es in 4 verschiedenen Größen - je nach Körpergröße und Schrittlänge.
Die Verarbeitung entspricht dem, was man von einem hochpreisigen Fahrrad erwartet. Scharfe Kanten, große Spaltmaße oder unsaubere Verschweißungen sucht man vergebens. Standardmäßig wird das Fahrrad mit Reifen des Typs GP Urban Classic von Continental mit 35mm Breite ausgeliefert. Für ein E-Bike sind das eher schmale Reifen, sie tun dem Fahrgefühl in der Stadt allerdings äußerst gut. Beim mitgelieferten Sattel handelt es sich um das Modell Swift vom englischen Hersteller Brooks. Jener ist für meinen Geschmack etwas zu schmal, kann aber natürlich getauscht werden.
Das Gewicht von 13,4 Kilogramm (Größe M) ist für ein Pedelec sehr gering. Für den Alltag in der Stadt ist das sehr angenehm, da es mit überschaubarer Anstrengung möglich ist, das Fahrrad über ein paar Stufen zu tragen.
Einziges Bedienelement am Rad selbst ist ein beleuchteter Knopf vorne im Oberrohr, der als iWoc-ONE-Button bezeichnet wird. Dort kann man das Rad sowie das Licht ein- und ausschalten und den Unterstützungsmodus (grün, gelb oder rot) wählen. Auch der Akkustand ist dort per Farbanzeige ablesbar. Wie stark der Elektromotor in welcher Stufe mithelfen soll (0-100 Prozent), kann in der App eingestellt werden.
Eine Besonderheit des Bikes ist das Licht. Das "Lightskin"-Licht ist direkt im Lenker und in der Sattelstütze integriert und laut Schindelhauer auch in Österreich StVO-konform. Das Rad ist auch mit allen notwendigen Reflektoren versehen, wie von offizieller Seite aus versichert wird.
Antrieb
Schindelhauer ist laut eigenen Angaben der erste Fahrradhersteller weltweit, der ausschließlich Räder mit Zahnriemenantrieb baut. Das Arthur ist da keine Ausnahme. Der Carbon-Riemen ist im Vergleich zu einer gewöhnlichen Kette wartungsärmer, langlebiger und muss bzw. darf nicht geölt werden. Nachteil dieser Technik ist, dass der Tausch eventuell schwieriger ist, da man dafür die exakte Riemenlänge benötigt.
Motor und Akku
Der Motor stammt vom deutschen Unternehmen Mahle, das als Zulieferer für die Automobilindustrie bekannt ist. Die maximale Leistung liegt bei 250 Watt bei einem maximalen Drehmoment von etwa 40nM. Letzteres ist im Vergleich zu sportlicheren E-Bikes eher gering, für den Stadtverkehr riecht es aber aus. Unterstützt wird, wie gesetzlich für diesen Fahrradtyp vorgeschrieben, bis zu einer Geschwindigkeit von 25 km/h.
Der integrierte Akku hat eine Kapazität von 250 Wh. Das ist nicht besonders viel, dürfte aber für den Einsatz am Arbeitsweg in der Regel genügen. Die Reichweite hängt von vielen Faktoren ab, auf der Herstellerseite findet sich auch vermutlich deswegen keine konkrete Angabe dazu. Bei voller Ladung schätzte die App eine Reichweite von knapp 75 Kilometer. Die Reichweite konnte ich im Rahmen des Tests bestätigen. Nach gut 32 Kilometer mit voller Unterstützung durch Wien - inklusive einiger Steigungen und Gegenwind - waren noch rund 50 Prozent Ladung im Akku vorhanden.
Muss man das Rad dann doch einmal laden, kommt ein Nachteil des Arthur zum Vorschein. Da der Akku nicht entnommen werden kann, muss das ganze Fahrrad an die Steckdose.
Testfahrt und App
Auf der Straße fühlt sich das Arthur wie ein hochwertiges Fahrrad an. Nichts stört oder rattert, man schwebt mit aktiviertem Antrieb nahezu über den Asphalt. Das geringe Gewicht sorgt nicht nur dafür, dass man das Rad leicht tragen kann, sondern auch, dass es sich selbst ohne elektrischen Antrieb wie ein - zugegeben etwas schwereres - Single-Speed-Fahrrad fährt. Schmale Radstreifen und kurvige Strecken lassen sich mit dem Rad elegant bewältigen.
Dazu tragen auch die hochwertigen Komponenten bei. Die hydraulischen Formula Cura-Scheibenbremsen greifen ebenfalls pointiert und zuverlässig, was dem Fahrgefühl insgesamt zugute kommt.
Mit 40Nm ist das maximale Drehmoment zwar nicht besonders hoch ausgefallen, für die allermeisten Hügel reicht es aber auch, um in der Regel nicht zu sehr ins Schwitzen zu kommen.
Eine passende App zum Fahrrad gibt es vom Motorhersteller Mahle. Bei jener ist noch etwas Luft nach oben. Die Anwendung ist wenig intuitiv und funktionierte im Test unter Android mit einem Samsung Galaxy S10 wenig zuverlässig. Das Navigieren und Aufzeichnen von Strecken ist eher umständlich. Abgesehen vom Checken des Akkustands und vom Konfigurieren der Unterstützungs-Modi würde ich im Alltag die Finger von der App lassen.
Fazit
Das Schindelhauer Arthur ist ein nahezu perfektes E-Bike für die täglichen Wege in der Stadt. Die Komponenten sind hochwertig, das Fahrgefühl entsprechend gut. Auch dann, wenn man genug vom unterstützten Fahren hat und selbst ordentlich treten möchte, macht das Radeln mit dem Arthur Spaß.
Die Bedienung per einzelnem Knopf ist im Alltag intuitiv und sinnvoll. Außerdem sieht das kreisrunde Licht im Oberrohr besonders in der Dunkelheit gut aus. Das ansprechende Design sorgt gleichzeitig für den größten Nachteil des Rades, nämlich, dass man den Akku nicht entnehmen kann. Solange man am Radabstellplatz eine Steckdose hat, hält sich das Problem in Grenzen. Ist das nicht der Fall, wird es mühsam. Auch schade finde ich die eher lieblos gemachte App. Hier wäre durchaus noch einiges an Potenzial für Verbesserungen dagewesen.
Das Design und die hochwertige Verarbeitung hat ihren Preis. Das E-Bike kostet bei dem Händler Citybiker.at, der der futurezone das Gerät zum Testen leihweise zur Verfügung gestellt hat, 3.799 Euro.