Thermomix im Test: Kann er einen Skeptiker überzeugen?
Seit einigen Jahren befindet sich der Thermomix auf einem Siegeszug durch die heimischen Haushalte. Dort, wo ein Thermomix steht, findet man meist auch nahezu fanatische Anhänger*innen, die auf ihre teure Küchenmaschine schwören.
"Der Thermomix ist die beste Anschaffung überhaupt, eine richtige Erleichterung", "Das Kochen geht seither fast wie von selbst. Der nimmt mir schon viel Arbeit ab" oder "Mit dem Thermomix koche ich Rezepte, an die ich vorher gar nicht gedacht hätte".
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Der Thermomix, eine Wundermaschine?
All diese Komplimente hört man die Thermomix-Ultras sagen, wenn sie ins Schwärmen kommen. Aber wie kommt es, dass man so wenig Negatives über den Thermomix hört? Ist die Küchenmaschine von Vorwerk tatsächlich der ultimative Helfer in der Küche?
Dieses nicht enden wollende Lob macht mich zum Skeptiker. Daher wollte ich herausfinden, ob die Wundermaschine hält, was ihre Fans versprechen. Also habe ich einen aktuellen Thermomix TM6 unter die Lupe genommen.
Die Geschichte des Thermomix
Der Vorläufer des modernen Thermomix kam bereits 1961 auf den Markt. Die Universalküchenmaschine von Vorwerk mit der Bezeichnung VKM5 vereinte 7 Funktionen: Rühren, Kneten, Schneiden, Raspeln, Mixen, Mahlen und Entsaften.
1971 brachte Vorwerk den Heizmixer VM2000 auf den Markt, der als Ur-Thermomix gilt. Nachdem sich Vorwerk die Marke "Thermomix" gesichert hatte, war ab 1980 der erste Thermomix TM3000 zu haben.
Es folgten zahlreiche Universalgeräte unter der Bezeichnung. Ab 1996 war der Dampfgaraufsatz Varoma und eine integrierte Waage erstmals Teil des Thermomix TM21. Der aktuelle Thermomix TM6 ist seit 2019 auf dem Markt.
Der alte Tupperparty-Schmäh
Woher das positive Feedback zum Thermomix kommt, ist übrigens unter anderem auf einen uralten Verkaufsschmäh zurückzuführen. Lange Zeit wurden die Küchenmaschine nämlich ausschließlich im Tupperparty-Stil im Direktvertrieb von Berater*innen verkauft.
Auf solchen Kochpartys kennt man die Verkäufer*innen meist persönlich, das vorgeführte Potenzial der Küchenmaschine sorgt natürlich für Begeisterung. Oft schaffen sich dann gleich mehrere Freund*innen gleichzeitig einen teuren Thermomix an. Man berichtet über die ersten Erfahrungen und gibt sich gegenseitig Tipps.
Dieser positiven Erzählung mit Kritik zu entgegnen und die etwaigen Nachteile hervorzukehren, würde nur das harmonische Bild stören. Außerdem will man sich nicht selbst enttäuschen, wenn man gerade 1.499 Euro für eine Küchenmaschine ausgegeben hat.
Wer einer solchen Kochparty entgehen möchte, kann den Thermomix TM6 mittlerweile auch im freien Handel und online auf der Vorwerk-Website kaufen. Kostenpunkt: immer noch 1.499 Euro. Genug geschwafelt: Nun wird endlich gekocht.
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Die ersten Schritte
Die Inbetriebnahmen des Thermomix ist denkbar einfach. Da kann man im Grunde nichts falsch machen. Natürlich wollte ich sofort das Guided-Cooking ausprobieren - also das Kochen von Rezepten mit einer Schritt-für-Schritt-Anleitung, die am Touchscreen des TM6 dargestellt wird.
Dafür muss man sich aber erst einen Account bei Cookidoo erstellen - dem Rezept-Portal des Thermomix. Mit dem Cookidoo-Konto meldet man sich dann auch auf der Küchenmaschine an, die mittlerweile im WLAN hängen sollte.
Cookidoo gibt es als App für Smartphone, Tablet und auch im Browser am Laptop. Dort sind insgesamt fast 94.000 Rezepte hinterlegt, die per Guided-Cooking im Thermomix zubereitet werden können. Stellt man den Filter auf Österreich, bleiben noch 5.951 Rezepte übrig.
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Jahresabo notwendig
Aus dieser Datenbank kann man sich Rezepte speichern, Sammlungen erstellen und einen Wochenplan bauen. Die Rezepte können unter anderem per Kategorie, Zutaten, Tags, Arbeitszeit, Gesamtzeit und Bewertungen gefiltert werden. Entscheidet man sich für ein Rezept, kann dieses an den TM6 übertragen werden. Wo man umgehend mit dem Schritt-für-Schritt-Kochen beginnen kann.
Das funktioniert zunächst einwandfrei. Doch spätestens nach 30 Tagen, wenn die kostenlose Testphase abläuft, wird man draufkommen, dass für den Zugriff auf die Rezepte und dem damit verbundenen Guided-Cooking ein Jahresabo für 48 Euro notwendig ist.
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Das erste Kochen
Klassische Spaghetti Bolognese stehen auf dem Speiseplan, die Zutaten liegen bereit und der Kochvorgang kann gestartet werden. In diesem Fall ist der Thermomix eine praktische Sache, weil man die Zutaten einfach in den Mixtopf gibt und das Kochen und Rühren automatisch über die Bühne geht.
Die Nudeln kocht man abseits vom TM6 wie gewohnt am Herd. Das Rezept, das ich in der Cookidoo-Plattform gewählt habe, schmeckt super gut - daran gibt es nichts auszusetzen. Die Arbeitszeit wird am Rezept mit 20 Minuten angegeben, die Gesamtzeit mit 45 Minuten. Unterm Strich hat der Thermomix also rund 25 Minuten selbständig gearbeitet.
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Garen und Rühren
Nächster Versuch: Hühnchen-Tajine mit Pflaumen und Mandel-Honigsauce. Dabei wird das Hühnchen im Garkörbchen gegart, während ebenso im Mixtopf die Sauce köchelt. Gleichzeitig wird der Varoma-Dampfgaraufsatz auf dem Topf angebracht und der Couscous zubereitet.
Auch in diesem Fall ist der Thermomix hilfreich, da er mir das Rühren komplett abnimmt und nichts anbrennen kann. Das Rezept war OK, würde ich beim nächsten Mal aber ein bisschen anders kochen. Die Küchenmaschine kann eine Tajine besonders gut simulieren, weil darin auch nichts angebraten, sondern hauptsächlich gegart und gekocht wird.
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Mehrere Schwachstellen
Will man etwas Anbraten schaut es dann nämlich ein bisschen anders aus: Bei einem Hühner-Curry-Rezept, bei dem das Hühnchen im Mixtopf angebraten und gleich anschließend die Sauce darauf aufgesetzt wird, haben sich gleich mehrere Schwachstellen des TM6 offenbart.
Zum einen funktioniert das Anbraten nicht wirklich gut. Das gelingt in der herkömmlichen Pfanne wesentlich besser. Zum anderen setzt sich am Boden des Mixtopfes oft etwas ab, weil das Rührmesser nicht ganz bis zum Boden reicht.
Außerdem sind die Rückstände am Topfboden und auf dem Messer extra blöd zu reinigen. Besonders blöd ist, dass das Messer nicht ganz so einfach herausgenommen werden kann. Praktisch hingegen ist, dass alle Einzelteile des Thermomix spülmaschinengeeignet sind.
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Was gut funktioniert, was gar nicht klappt
Nach dem Ausprobieren zahlreicher Guided-Cooking-Rezepte lässt sich festhalten, dass One-Pot-Sachen im Thermomix am besten funktionieren. Das Rühren, Köcheln und Garen kann die Maschine einem fast gänzlich abnehmen. Anbraten funktioniert nur bedingt bis gar nicht.
Mit den Kochanleitungen auf dem Touchscreen wird auch jemand zurecht, der noch nie zuvor etwas gekocht hat. Praktisch ist zudem die integrierte Waage, die auch abseits des Guided-Cooking wunderbar funktioniert.
Perfekt geeignet sind beispielsweise Gemüse-Currys, Suppen, Saucen und Risotto, sowie Teige. Alles wo gegart, geköchelt, gerührt und gedampft wird, ist mit dem Thermomix besonders einfach und mühelos zu bewerkstelligen - vor allem auch ohne Guided-Cooking und den Schritt-für-Schritt-Anleitungen.
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Bei solchen Gerichten lädt der TM6 auch zum Ausprobieren neuer Rezepte ein. Germknödel hätte ich etwa ohne Thermomix wohl nie selber gemacht. Sie waren übrigens wirklich lecker. Das Reinigen des Mixtopfs und der Rührmesser ist in diesem Fall aber extrem mühsam.
Die Rezeptauswahl auf der dazugehörenden Cookidoo-Plattform ist riesig, da ist wirklich allerhand zu finden. Die Rezepte, die mir vorgeschlagen wurden und die, die besten Bewertungen hatten, waren mir aber meist zu üppig und fett - zu viel Sahne und zu viel Maizena. Das lässt sich durch Variieren aber locker umschiffen.
Übrigens: Die Cookidoo-App dient tatsächlich nur zum Durchstöbern und Auswählen von Rezepten. Sobald ein Rezept an den Thermomix übertragen wurde und dort die Schritt-für Schritt-Anleitung durchgegangen wird, spielt die App beziehungsweise das Smartphone keine Rolle mehr. Es gibt keine Notifications, wenn ein Schritt fertig ist und es kann auch kein Programm über die App gestartet werden.
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... und abseits der Kochanleitungen?
Wer ein bisschen etwas vom Kochen versteht, wird schnell damit beginnen, die Rezepte abzuwandeln und die Guided-Cooking-Anleitungen teilweise nur mehr als grobes Grundgerüst zu betrachten. Praktisch ist, dass man Schritte überspringen, wiederholen oder leicht anders durchführen kann.
Abseits davon kann der Thermomix auch vollständig zum manuellen Kochen verwendet werden. Zum Aufwärmen, Köcheln, Warmhalten, Rühren, Teigkneten, Dampfgaren und zum Zerkleinern aller möglichen Lebensmittel. Je länger man ihn verwendet und je besser man lernt damit umzugehen, desto interessanter wird das manuelle Kochen.
Tatsächlich gibt es beim Thermomix kaum Grenzen: Man kann ihn auch zum Milch aufschäumen verwenden, zum Pürieren von Smoothies, zum Mahlen von Getreide und Kaffee, zum Herstellen von Eis und mit dem passenden Zubehör auch als Entsafter - auf Amazon für 30 Euro.
Der Mixer mit dem integrierten Messer ist beispielsweise derart leistungsstark, sodass sich herkömmliche Kristallzucker in wenigen Sekunden in Staubzucker verwandeln lässt.
Alles mögliche an Zubehör
Im Lieferumfang des Thermomix TM6 befinden der sogenannte Varoma-Aufsatz zum Dampfgaren, ein Rühreinsatz, ein Garkörbchen und ein praktischer Spatel. Optional gibt es von Vorwerk darüber hinaus noch einen Gemüseschneider, einen externen Temperatursensor und sämtliche Einzelteile des TM6.
Auf Amazon ist auch kompatibles Zubehör zu finden, das allerdings nicht von Vorwerk stammt: von Salatschleudern und praktischen Messerschutzaufsätzen bis zu einem Eiereinsatz.
- Einsatz zum Eierkochen: für 23 Euro auf Amazon
- Salatschleuder: für 25 Euro auf Amazon
- Messerschutz zum Teigrühren: für 25 Euro auf Amazon
- Messerabdeckung: für 28 Euro auf Amazon
- Anbrennschutz: für 15 Euro auf Amazon
- Teiglöser: für 7 Euro auf Amazon
- Teigmesser: für 23 Euro auf Amazon
Fazit
Haben die Thermomix-Ultras recht? Ist der Küchenroboter tatsächlich eine riesige Erleichterung? Naja... Es kommt in erster Linie darauf an, was man kocht und wie man mit der Maschine umgeht. Bei manchen Rezepten ist der TM6 wirklich super hilfreich und eine praktische Unterstützung. Manche Sachen würde man ohne Thermomix gar nicht erst machen.
Dann gibt es aber Rezepte, die funktionieren mit dem Thermomix nicht besonders gut. Und bei einigen Rezepten stellt man sich schon die Frage: Wäre das auf dem herkömmlichen Weg mit einer Pfanne oder Topf nicht schneller und unkomplizierter gegangen?
Wer noch keinen Dampfgarer hat (oder nur einen riesigen im Backrohr integriert), wer noch keinen leistungsstarken Standmixer, Pürierstab oder Teigrührer hat, wer mit Küchenmaschinen generell schlecht ausgestattet ist, wird im Thermomix TM6 eine allumfassende Küchenmaschine finden, die alle Stücke spielt und wohl tatsächlich nicht enttäuscht.
Billig ist der Thermomix jedoch nicht. Auch wenn er zahlreiche Küchengeräte kombiniert, sind 1.499 Euro ein hoher Preis. Für das Geld bekommt man jedoch nicht nur eine umfangreiche Küchenmaschine, man ist dann auch Teil der riesigen Thermomix-Community, die mit unzähligen Online-Foren und YouTube-Videos mit Rat und Tat zur Seite steht.
Und irgendwann wird man sich dann einer geselligen Runde wiederfinden, in der man über seinen Thermomix schwärmt und mit Gleichgesinnten die besten Rezepte bespricht. Die ungläubigen Pfanne-Verfechter versucht man dann eines Besseren zu belehren und sie von der teuren Allzweckmaschine zu überzeugen.
Am Ende hat mich der Thermomix TM6 tatsächlich überzeugen können - zumindest zum Teil. Betrachtet man ihn nämlich mehr als Universalküchenmaschine und weniger als Küchenroboter, der selbständig arbeitet, dann gibt es an dem Vorwerk-Gerät kaum etwas auszusetzen.
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