Wie Apples iPad Microsoft in Panik versetzte
Zehn Jahre ist es her, dass Apple-Gründer Steve Jobs am 27. Jänner 2010 das erste iPad präsentierte. Etwa 400 Millionen verkaufte Geräte später erinnert sich der damalige Windows-Chef Steven Sinofsky an das damalige Ereignis. In einer Serie an Tweets beschreibt er seine Gefühle kurz nach der Veröffentlichung von Windows 7. "Das iPad markiert einen klaren Meilenstein im Computerzeitalter. Für mich war es ebenso eine Herausforderung wie auch magisch", schreibt Sinofsky.
Ehrlich beschreibt der damalige Windows-Chef, wie das gesamte Microsoft-Team von der Präsentation völlig am falschen Fuß erwischt wurde. Der Erfolg des iPhones habe alle geblendet. Aus den Tablet-Gerüchten machten sich die Microsoft-Verantwortlichen den Reim, dass Apple ein Mac-basiertes Gerät vorstellen würde, das wie alle anderen existierenden Tablet-PCs mit einem Stift bedient wird.
Netbooks einfach nur schlechte Notebooks
Microsoft habe sich große Sorgen gemacht, dass Apple mit einem günstigen Laptop-ähnlichen Gerät den damals gerade boomenden Netbook-Markt aufrollen und damit auch Windows Marktanteile abgraben werde. Tatsächlich machte Jobs sich bei der iPad-Präsentation (siehe Video unten) über die billigen Netbooks lustig, die außer günstig nur langsam und mit qualitativ schlechten Displays ausgestattet seien.
Der erste Schockmoment sei die Ankündigung gewesen, dass das iPad zehn Stunden von Akku-Leistung garantiere, was die 4 Stunden der lüfterbasierten Notebooks extrem schlecht aussehen ließen. "Dann war da kein Stylus, kein Stift", erinnert sich Sinofsky. PC-Leute seien damals so auf Tastatur, Maus und Stift fixiert gewesen, dass die Vorstellung ohne diese Werkzeug produktiv sein zu können, unglaublich klang.
Microsoft und die Angst, irrelevant zu werden
Dass Apple bei der Präsentation keinen Zweifel ließ, dass man mit dem iPad eben tatsächlich produktiv sein könne und auch noch vollwertige Programme wie die Office-Alternative iWorks präsentierte, und das ganze mit sofortigem Standby, automatisch drehbarer Anzeige, virenfrei und Sync-Funktionen von iTunes koppelte, ließ bei dem Windows-Chef, aber sicher auch anderen Veranwortlichen die Alarmglocken schrillen. Dazu kam das integrierte 3G-Modem. Und das alles um einen Preis von 499 Dollar.
Zwar sei das iPad in vielerlei Hinsicht nicht so disruptiv gewesen wie etwa das iPhone - beide Geräte seien aber als existenzielle Bedrohung von Microsoft wahrgenommen worden, schreibt Sinofsky: "Es hat unseren Kern als Plattform-Anbieter getroffen. Ohne eine Plattform zu haben, die Entwickler anstrebten, fehlte die Seele des Unternehmens." Er spricht damit auf die Erfolge Apples mit iOS und Googles Android im Smartphone-Markt an.
Windows 8 als Schnellschuss
Besonders irritiert war Microsoft auch, dass sowohl das iPhone, aber auch das iPad mit einem vollwertigen Betriebssystem unter der Gerätehaube rannte inklusive neuer Eingabemethode (Touch) und einer App-basierten Infrastruktur, mit der Apple sich als führender Plattform-Anbieter im Markt zu etablierten drohte. Was danach folgte, zeigt, wie die Nerven bei Microsoft blank gelegen sein müssen.
Mit Windows 8 vollzog Microsoft einen radikalen Schnitt zu einer Oberfläche, die Anleihen am eigenen mobilen Betriebssystem Windows Phone nahm und die kachel- und touchbasierte Oberfläche auf PCs, Notebooks und Tablets wie das Surface RT transferierte. Surface RT entwickelte sich zum Flop. Da Microsoft auf einem Berg unverkaufter Geräte sitzen blieb, musste der Konzern 900 Millionen Dollar deswegen abschreiben, und das Betriebssystem mehrfach stark überarbeiten.