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Aus dem Glückshormon Dopamin wird Metall gemacht

Dopamin ist eine Substanz, die eigentlich als Botenstoff im menschlichen Nervensystem sein Zuhause hat. Dort vermittelt er in bestimmten „Schaltkreisen“ im Gehirn positive Gefühlserlebnisse, weswegen er, so wie auch Serotonin, als Glückshormon gilt. Doch Dopamin könnte bald noch für ein ganz anderes Glück sorgen: Es könnte als Metallersatz bewirken, dass auf der Erde weniger Ressourcen verschwendet werden.

Aus Dopamin kann man nämlich einen Platin-ähnlichen Stoff erzeugen, wie Linzer Forscher herausgefunden haben. Am Institut haben sie eine neue Methode zum Erzeugen von Wasserstoff entwickelt, bei der als Katalysator ein innovatives Verfahren mit einem Polymer auf Basis von Dopamin dient.

„Wir haben herausgefunden, dass man daraus ein spezielles Polymer machen kann, das auch den elektrischen Strom leiten kann“, sagt Philipp Stadler vom Institut für Physikalische Chemie der Johannes Kepler Universität Linz im Gespräch mit der futurezone. „Polydopamin funktioniert sehr gut für die Wasserstoffsynthese, weil es ähnliche physikalische Eigenschaften wie Metall hat“, erklärt der Forscher.

Halime Coskun-Aljabour im Labor der JKU bei der Forschung

Chemie und Biologie verschmelzen

Auf die Idee, diesen ungewöhnlichen Weg zu erforschen, kam die damalige Studierende und mittlerweile Doktorin Halime Coskun-Aljabour. „Uns hat das interessiert, weil damit 2 Welten verschmelzen: Die klassisch organische Chemie und die Biologie. Das hat uns gereizt und deshalb haben wir weiter geforscht“, sagt Stadler. Das Polydopamin ist vollständig biologisch abbaubar und besitzt ein paar besondere Eigenschaften, die vielfältig eingesetzt werden können. „Die ersten Messungen waren vielversprechend, dann ist es ein Selbstläufer geworden“, so der Forscher.

Stadler beschäftigt sich schon mehrere Jahre lang mit Ansätzen, um seltene, teure und kritische Metalle in technischen Prozessen zu ersetzen. „Wenn man sich ansieht, wie Gold oder Platin gewonnen werden, hat das viel mit Naturzerstörung zu tun, Einschränkungen von Menschen, die in den Gebieten leben und Ressourcenknappheit. Es ist notwendig, Alternativen zu finden“, sagt Stadler. Wenn man auf neue Technologien wie Wasserstoff setze, dürfe man nicht denselben Fehler machen wie vorher. „Wenn eine Ressource knapp ist kommt es zur Ausbeutung und das ist nicht nachhaltig“, sagt der Forscher.

Philipp Stadler vom Institut für Physikalische Chemie

Dopamin als Leiter

Bei der klassischen Abscheidung von Wasserstoff mittels Elektrolyse wird Wasser unter Einsatz von elektrischem Strom in seine Bestandteile zerlegt. Der Wasserstoff wandert an die aus normalerweise aus Platin bestehende Kathode, der Sauerstoff an die Anode. Mit dem Polydopamin hat man jetzt einen natürlichen Leiter, mit dem man auf das Platin verzichten kann.

„Dopamin ist als Leiter natürlich noch nicht ganz so gut wie Metall. Sagen wir, es ist um einen Faktor 1000 weniger leitfähig, aber auch bei anderen Systemen hat es Jahrzehnte gebraucht, dass diese so gut geworden sind. Dopamin hat von Anfang an einen recht guten Wert, daher sind wir zuversichtlich“, sagt der Forscher.

Bisher kann auf Basis der Polydopamin-Technologie im Labor Wasserstoff „im Literbereich“ hergestellt werden. „Als nächstes suchen wir uns einen industriellen Partner, mit dem wir das in größerem Rahmen erproben können“, sagt Stadler.

Nach Wasserstoff mittels Elektrolyse gäbe es eine große Nachfrage, so der Experte. Die Methode ohne Metall ließe sich für die chemische Industrie genauso verwenden wie bei Windparks, damit man dort die überschüssige Energie als Wasserstoff speichern kann.

So sieht die Forschung zum Polydopamin in der Praxis aus

Metallersatz für Smartphones

Doch die Erzeugung von Wasserstoff ist nicht das einzige Projekt, das der Linzer Forscher am Radar hat: „Wir wollen ein Material schaffen, das wir bei Mikrochips einsetzen können und somit erreichen, dass man kein Metall mehr braucht für Smartphones und andere elektronische Geräte. Unsere Vision ist es, organisch biologische Materialien in allen Bereichen, in der man von Ressourcen abhängig ist, einzusetzen und diese schrittweise zu ersetzen.“ Das sei herausfordernd, aber möglich, so der Forscher.

In modernen Smartphones stecken rund 30 verschiedene Metalle. Darunter befinden sich Kupfer, Aluminium, Nickel, Zinn, Gold, Silber, Platin, Kobalt, Tantal und Seltene Erden. Zinn wird etwa zum Löten der Bauteile benötigt, Kupfer leitet den Strom, Tantal dient zum Speichern von Energie und Kobalt ist im Akku.

Schwieriger Rohstoffabbau

Allen Metallen gemein ist, dass sie mühsam gewonnen werden müssen und das oft in Ländern, in denen Menschenrechte und Naturschutz nicht gerade groß geschrieben werden. Stoffe wie Zinn, Tantal und Gold sind zudem als sogenannte „Konfliktstoffe“ eingestuft, weil sie aus Fördergebieten stammen, die in bürgerkriegsumkämpften Regionen wie dem Kongo vorkommen und damit der Kauf von Waffen finanziert wird. Diese Stoffe werden meistens außerhalb staatlicher Kontrolle abgebaut. Oft liegen die Abbaugebiete in tropischen Regenwäldern, die für die Rohstoff-Förderung abgeholzt werden.

„Wir haben etwa herausgefunden, dass wir mit Polydopamin nicht nur Wasserstoff erzeugen können, sondern diesen auch im Material selbst speichern. Somit lässt sich Polydopamin als Schnittstelle einsetzen für biologische oder medizinische Anwendungen“, erzählt Stadler über seine aktuelle Forschungsarbeit.

„Damit könnte man dann etwa auch einen Energiespeicher machen, der so klein ist wie eine Batterie. Der könnte Handys mit Strom versorgen“, so der Forscher, der „groß denkt“: „Statt neue Probleme zu schaffen, möchte ich mit Technologie versuchen, Dinge besser zu machen und dabei auf natürliche Ressourcen setzen.“

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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