Auto oder Öffi: Große Unterschiede bei Online-Karten
Was für eine Route spuckt mir meine Online-Karte aus? Hinter derartigen Berechnungen stecken ebenfalls Computerentscheidungen, die von Menschen programmiert worden sind. Apps mit Online-Karten geben die unterschiedlichsten Empfehlungen ab. Manchmal scheint der Weg mit öffentlichen Verkehrsmitteln schneller, manchmal der mit dem Auto. Ben Wagner, Forscher am Privacy und Sustainable Lab der WU Wien, hat sich dieses Problem im Rahmen eines Forschungsprojekts über die Auswirkungen von Algorithmen auf technische Systeme angesehen.
„Wir haben festgestellt, dass es hier starke Unterschiede gibt, je nachdem, für welche Zielgruppe eine Online-Karte zugeschnitten ist“, so der Forscher im Gespräch mit dem KURIER. „Bei den Apps, die für Auto-Nutzer optimiert sind, werden etwa viele Variablen nicht mitberücksichtigt wie die Zeit, die man braucht, um einen Parkplatz zu finden, oder die man bis zum Endpunkt noch laufen muss“, sagt Wagner.
Falsche Berechnungen
Bei Apps wie Google Maps wird die Route in Echtzeit berechnet und passt sich ständig an. Das System erkennt etwa, wenn sich ein Auto im Stau befindet und längere Zeit stillsteht. „Das bedeutet aber, dass der Nutzer am Ende nie weiß, wie viel Zeit er wirklich für eine Strecke gebraucht hat.“ Apps, die derartige Berechnungen einsetzen, seien daher nicht so transparent, wie sie sein sollten. „Das führt dazu, dass man die Zeit, die man mit dem Auto verbraucht, unterschätzt und die Zeit, die man mit öffentlichen Verkehrsmitteln brauchen würde, überschätzt“, so der Forscher. Das wiederum hat Auswirkungen auf die Entscheidung von Nutzern auf die Auswahl ihres Verkehrsmittels. „Wie genau diese Effekte aussehen, daran forschen wir noch“, sagt Wagner.
Andere Entscheidungen
Generell seien die Auswirkungen der neuen Technologien auf die Gesellschaft ein Dauerbrenner-Thema am Institut. „Es sind nicht nur hochkomplexe Systeme davon betroffen, sondern alltägliche Dinge, die wir täglich verwenden“, sagt Wagner. Wenn Fußstrecken berücksichtigt werden, wenn man mit dem Auto fährt (etwa vom Parkplatz zum Ziel), würde die Bilanz der öffentlichen Verkehrsmitteln vielleicht anders aussehen. „Wir müssen stärker transparent machen, woher die Entscheidungen kommen und dass sie mit Unsicherheiten behaftet sind. Besser wäre es, wenn ein System Fehleinschätzungen transparent ausweist und damit mehr Verantwortung übernimmt“, sagt Wagner.
„Wenn Google Maps sagt, man braucht 20 Minuten und das System verschätzt sich um fünf Minuten, ist das nicht irrelevant.“ Am Privacy Lab forschen derzeit sechs Menschen an derartigen Themen. „Besonders wichtig ist es, dass jemand Verantwortung für Systeme übernimmt, wenn Menschen von Entscheidungen betroffen sind. Hier muss noch viel passieren. Nutzer wollen nicht manipuliert werden.“