Woher wissen wir, wie alt das Universum ist?
Das Universum ist 13,787 Milliarden Jahre alt. Diese Zahl ist weitgehend bekannt, auch wenn sie immer wieder mit neuen Daten nachgeschärft wird. Die Basis für die derzeit akzeptierte Zahl bilden die Daten des Weltraumteleskops Planck, die 2013 veröffentlicht wurden.
Der astronomische Begriff dafür ist Weltalter. Er bezeichnet das Alter des sichtbaren Universums - also vom Urknall bis jetzt.
"Die Grundannahme, um das Alter zu bestimmen, ist der Urknall. Direkt messen kann man das aber nicht", sagt der Kosmologe Bodo Ziegler, stellvertretender Leiter des Instituts für Astrophysik an der Uni Wien. Im Gespräch mit der futurezone erklärt er, mit welchen Parametern Forscher*innen trotzdem das Weltalter berechnen können.
Geschwindigkeit der Expansion
Um zu verstehen, wie das Weltalter berechnet wird, braucht es einige Grundlagen. Die Hubble-Konstante, benannt nach einem der Entdecker der Rotverschiebung, Edwin Hubble, beschreibt die aktuelle Geschwindigkeit, mit der sich das Universum ausbreitet. Derzeit wird das mit einem Wert von 68 Kilometer pro Sekunde pro Megaparsec (km/s/Mpc) angegeben, also der Geschwindigkeit pro Raumeinheit (Studie von 2018 und Studie von 2020).
Die Hubble-Konstante
Die Hubble-Konstante wird in 3 Schritten berechnet:
- Mit einem Weltraumteleskop wie Hubble wurde der Abstand von der Erde zu pulsierenden Sternen namens Cepheiden berechnet. Ihre Helligkeit ändert sich in regelmäßigen Abständen. Sie haben eine Absolute Helligkeit, die man bei einem Abstand von 10 Parsecs (32,6 Lichtjahre) erkennen würde und eine Scheinbare Helligkeit, die man tatsächlich von der Erde aus während des Pulsierens erkennt. Aus der Differenz der Scheinbaren und Absoluten Helligkeit ließ sich der Abstand der Cepheiden zur Erde berechnen.
- Anschließend wurden nahe gelegene Galaxien untersucht, die sowohl Cepheiden als auch explodierende Sterne (Supernovae) enthalten. Mit der Kenntnis über die Absolute Helligkeit der Cepheiden konnte so auch der Abstand zu den Supernovae ermittelt werden. Sie funktionieren dann als sogenannte "Standardkerzen", mit denen weitere Abstände ermittelt werden.
- Schließlich wurden Supernovae in weit entfernten Galaxien gesucht und ihr Abstand mithilfe dieser Standardkerzen ermittelt. Anhand ihrer Absoluten und Scheinbaren Helligkeit wurde ermittelt, wie die Expansion des Universums das Licht streckt (Rotverschiebung), das von ihnen zur Erde gelangt. Mithilfe der Entfernung und der Geschwindigkeit kann die aktuelle Expansionsrate des Universums bestimmt werden.
Universum "bläht sich auf"
"Wir können beobachten, dass sich Galaxien voneinander weg bewegen. Egal wo man sich befindet, ob auf der Erde oder in einer anderen Galaxie, würde man diese Bewegung beobachten", sagt Ziegler. Es ist ein bisschen so, als markiere man 2 Punkte auf einem Luftballon und bläst ihn anschließend auf. Die Punkte bewegen sich dann voneinander weg.
"Beim Blick in die Vergangenheit muss der Raum also immer kleiner werden. Lässt man die Luft aus dem Ballon wieder heraus, nähern sich die beiden Punkte auch wieder an", sagt Ziegler. Der Raum wird immer kleiner, zuerst wie ein Stecknadelkopf, dann wie ein Atom und schließlich bis zu dem Zustand der Singularität, also dem Anfang.
Zu diesem Zeitpunkt war die Energie an diesem Punkt extrem hoch. Es herrschten daher auch sehr hohe Temperaturen. "Das sind Zustände, die man sich mit menschlichen Empfindungen überhaupt nicht vorstellen kann", sagt Ziegler. Nachdem der Raum begann, sich auszudehnen, wurde es immer kühler, da die Energie konstant bleibt, sich aber über größere Abstände verteilt.
Kosmische Hintergrundstrahlung
Überall um uns herum existiert eine Strahlung, die aber nicht auf ein bestimmtes Objekt wie eine Galaxie, Schwarzes Loch oder einem Stern, zurückzuführen ist. Sie wird kosmische Mikrowellenhintergrundstrahlung (kurz: Hintergrundstrahlung) genannt. "Sie kann man nur als ein Überbleibsel des Urknalls interpretieren", beschreibt Ziegler das Phänomen.
380.000 Jahre nach dem Urknall kühlte das heiße Universum ab. "Was davor stattgefunden hat, können wir leider nicht messen. Alles, was wir mit irdischen oder Satellitenteleskopen messen, ist durch diese Schranke begrenzt", erklärt der Kosmologe.
Es entstanden erste Wasserstoff- und Heliumatome. In der sogenannten Rekombinationsphase zogen sie Elektronen an. Die Photonen, die mit diesen Elektronen verbunden waren, wurden ins All geschleudert. Das war die Geburtsstunde der kosmischen Hintergrundstrahlung, die man heute überall im Universum messen kann.
Dafür wurden seit den 1970er-Jahren Weltraumteleskope gebaut. "Um den Urknall zu studieren und damit die Ausdehnung des Universums, benötigen wir Satelliten, die im Millimeter- bzw. Ferninfrarotbereich arbeiten. Das können wir nur außerhalb der Erdatmosphäre messen, denn die Hintergrundstrahlung dringt nicht bis zum Erdboden", sagt Ziegler. Zuletzt wurde die Hintergrundstrahlung mit dem ESA-Teleskop Planck untersucht.
So wird das Weltalter berechnet
Wie kommt man nun also über diese Informationen zum Alter des Universums?
- Mit der Hubble-Konstante wird wir oben beschrieben die aktuelle Expansion des Universums berechnet
- Mit dem Kehrwert dieser Konstante - unter Berücksichtigung verschiedener Einflüsse wie Gravitation - wird zum Urknall zurückgerechnet
- Durch die Hintergrundstrahlung wissen Kosmolog*innen, in welcher Zeit das Universum abkühlte
- Kombinieren sie dieses Wissen mit dem Kehrwert der Hubble-Konstante (Punkt 2), erhalten sie das Alter des Universums
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