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Wie eine "Ente" die Logistik in Lagerhallen effizienter machen kann

„In der Logistik geht es darum, die richtige Ware in der richtigen Qualität am richtigen Ort zu haben“, erklärt Christoph Ecker. Der Wirtschaftsingenieur leitet den Geschäftsbereich Logistik und Supply Chain Management bei Fraunhofer Austria. 

Hinter einer gut funktionierenden Lagerlogistik stehen komplexe Abläufe, die ohne Datenanalyse kaum zu überblicken sind. Fraunhofer Austria hat daher ein Tracking-System entwickelt, das Materialflüsse im Detail erfasst. Die Daten, die die sogenannte „Duck Box“ aufzeichnet, werden vom Forschungsinstitut dann ausgewertet, um die Effizienz im Lager steigern zu können.

Ortung und Beladungsmessung

Der Materialtransport innerhalb eines Betriebs sei häufig eine „Black Box“, meint Ecker – man wisse häufig nicht genau, was dabei eigentlich passiere. Nur wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jede Bewegung eines Produkts händisch, d. h. mit einem Barcode-Scanner, aufzeichnen, gebe es Daten zum Materialfluss. Doch aufgrund von Zeitdruck oder anderen Einschränkungen sind diese Daten häufig lückenhaft oder gar nicht vorhanden, sagt der Wirtschaftsingenieur.

Abhilfe schafft das Tracking-System seines Teams: „Die Duck Box wird magnetisch z. B. an die Gabel eines Gabelstaplers montiert. Die Ortungstechnologie misst, wie sich der Stapler durchs Lager bewegt, ein Ultraschallsensor, ob sich etwas auf der Gabel befindet“, erläutert Ecker. So entstehen tausende Datensätze zu Routen, Auslastung, Engstellen und Wartezeiten.

Duck Box aus dem 3D-Drucker

Die Hardware der Duck Box wird bei Fraunhofer Austria zusammengebaut, die Kunststoffhülle dafür im 3D-Drucker gefertigt. Wenn nötig, kann deren Form auch verändert werden, beispielsweise für sehr spezifische Gabelstaplermodelle.

Die "Duck Box" wird magnetisch am Gabelstapler befestigt.

Zur Ortung via LoRaWAN (Long Range Wide Area Network) sind zusätzlich sogenannte Repeater nötig. Je nach Größe der Lagerhalle werden 25 bis 40 Stück davon an den sogenannten Quellen und Senken eines Materialflusses, d. h. Ursprungs- und Ablade-Orte, montiert. 

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Akkubetriebenes System

Für Betriebe, die sogenannte Routenzüge nutzen, also Schlepper mit mehreren Anhängern für Transportgut, hat Fraunhofer Austria eine eigene Variante der Duck Box entwickelt. Der „Ducker Train“ enthält zusätzliche Tags am Zugfahrzeug sowie Stationen zur Erfassung der Beladung.

Das gesamte System der Duck Box und auch des Ducker Trains ist akkubetrieben, denn in Lagerhallen gebe es selten Steckdosen, erzählt Ecker. Über einen Zeitraum von 2 bis 3 Wochen zeichnen Duck Box bzw. Ducker Train dann durchgängig Bewegungen auf und übertragen sie drahtlos. Ecker und sein Team bei Fraunhofer Austria werten diese Daten dann nach Bedürfnissen der jeweiligen Unternehmen aus. 

Er zählt typische Überlegungen der Betriebe auf: „Ist der Gabelstapler die richtige Technologie? Würde sich Automatisierung rechnen? Sind die Regale falsch angeordnet? Kann man das Layout des Lagers optimieren?“

Datenanalyse hilft Leerfahrten vermeiden

„Wir haben ein Analysedashboard entwickelt, das ist standardisiert, es enthält ein sogenanntes Transportintensitätsdiagramm“, erläutert Ecker. „Auf der X-Achse sieht man die Anzahl der Fahrten, auf der Y-Achse, wie weit gefahren wurde.“ Daraus lassen sich dann auch Vergleiche zwischen Wochentagen oder Früh- bzw. Spätschichten im Betrieb anstellen.

Wenn Fahrten sehr häufig und über sehr weite Strecken erfolgten, müsse man optimieren, so der Wirtschaftsingenieur. Eine mögliche Lösung wäre, den Ursprungspunkt eines Produkts in der Lagerhalle näher an sein Ziel zu verlegen.

Die Auswertungen des Ultraschallsensors geben Aufschluss über die Anzahl der Leerfahrten. „Ziel ist natürlich, dass der Gabelstapler möglichst viele wertschöpfende Fahrten durchführt“, sagt Ecker. Wenn nötig, könne ein Staplerleitsystem die Auslastung verbessern.

Sicherheit des Personals erhöhen

Das Dashboard der Duck Box bietet auch eine grafische Auswertung: „Ähnlich wie eine Route auf Google Maps angezeigt wird, wird auf einer Karte aufgezeichnet, wie sich ein Stapler durchs Lager bewegt“, sagt Ecker. 

Darauf könne man z. B. stark befahrene Kreuzungen identifizieren und durch Anpassungen das Kollisionsrisiko verringern. „Das ist gefährlich, denn die Stapler sind meistens recht schnell unterwegs“, betont der Wirtschaftsingenieur.

Christoph Ecker leitet den Geschäftsbereich Logistik und Supply Chain Management bei Fraunhofer Austria.

Wenn man weiß, wo sich viele Gabelstapler bewegen, könne man außerdem die Fußgängerwege für das Personal entsprechend legen. Das entschärfe den Verkehr innerhalb der Lagerhalle ebenfalls und erhöhe die Arbeitssicherheit.

Vielseitig einsetzbar vom Küchenbauer zum Zuckerlhersteller

„Interesse an der Duck Box haben vor allem produzierende Unternehmen, die ein eigenes Fertigwarenlager haben“, sagt Ecker. Zuletzt kam das System beim Lebensmittelhersteller Instantina in Niederösterreich zum Einsatz.

Zusätzlich wurde in dem Unternehmen eine sogenannte Tätigkeitsstruktur-Analyse durchgeführt, d. h. aufgezeichnet, welche Aufgaben die Fahrerinnen und Fahrer der Gabelstapler rund um die Transporte selbst übernehmen. „Daraus haben wir Optimierungspotenziale abgeleitet: Eine effizientere Abwicklung der Transporte und eine Reduktion der Leerfahrten“, berichtet Ecker.

Bei einem Küchenbauer in Oberösterreich wurden die Logistikprozesse an 2 Standorten verglichen. An einem davon ergab sich durch die Duck Box-Analyse, dass fahrerlose Gabelstapler, also eine Automatisierung bestimmter Prozesse, die Effizienz wesentlich steigern könnten.

Reines Forschungswerkzeug

Trotz dieser Erfolge können interessierte Unternehmen die Duck Box nicht einfach so kaufen, um ihre betriebliche Logistik zu verbessern. „Wir führen gemeinsam mit Unternehmen Auftragsforschung durch. Die Duck Box ist für uns ein Werkzeug, sie ist nicht zum Verkauf gedacht“, sagt der Geschäftsbereichsleiter. 

Die Weiterentwicklung des Systems zur aktuellen Version „Duck Box 3D“ – also die Integration zusätzlicher Sensoren für die Erfassung von Gabelbewegungen, Bodenbeschaffenheit und Beladungszuständen – wurde durch die finanzielle Unterstützung des Bundesministeriums für Wirtschaft, Energie und Tourismus (BMWET) ermöglicht. Dadurch konnte Fraunhofer Austria das System von einem prototypischen Tracking-Werkzeug zu einer skalierbaren Analyseplattform weiterentwickeln, die Betrieben konkrete Entscheidungsgrundlagen für effizientere und sichere Materialflussprozesse liefert.

Diese Serie erscheint in redaktioneller Unabhängigkeit mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für Wirtschaft, Energie und Tourismus.

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Jana Wiese

interessiert sich besonders für die gesellschaftlichen Auswirkungen von Technologie und Wissenschaft. Mag das offene Web, Podcasts und Kuchen, (food-)bloggt seit 2009.

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