Machine Learning macht MRT günstiger, schneller und besser
Wer sich schon einmal für eine Magnetresonanztomographie (MRT) in einen Kernspintomographen begeben musste, weiß, wie unangenehm das sein kann. Man wird in eine enge Röhre geschoben, es klopft laut und man darf sich nicht bewegen. In manchen Fällen muss man sogar die Luft anhalten.
Doch nur so können Ärzte Knochen, Gewebe und Organe analysieren. Vor allem Herz und Gehirn werden so untersucht. In der Regel entstehen dabei einzelne Bilder, auf denen sich beispielsweise ein Tumor erkennen lässt.
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In einigen, noch seltenen, Fällen wird inzwischen auch die sogenannte Echtzeit-MRT eingesetzt. Dabei werden in kurzer Zeit viele Bilder gemacht, die zu einem Video zusammengesetzt werden. Das ermöglicht es zum Beispiel, Atem-, Schluck- und Herzbewegungen mit bis zu 50 Bildern pro Sekunde zu beobachten. Dabei können Probleme sichtbar werden, die auf einzelnen Bildern nicht zu erkennen sind.
Diese Methode hat auch weitere Vorteile gegenüber einer einfachen MRT. So können etwa Bewegungen ausgeglichen werden, weil so schnell hintereinander viele Bilder gemacht werden. Vergleichbar ist es mit einer gewöhnlichen Fotokamera, wo eine kurze Belichtungszeit weniger verwackelte Fotos bringt.
Einsatz für Kinder ohne Narkose
Dadurch muss man auch nicht mehr die Luft anhalten. Insbesondere bei Kindern und älteren Menschen ist das nämlich kaum möglich. Bei Babys und Kleinkindern muss man zudem oft mit Narkose arbeiten, damit sie sich nicht bewegen. Auch das fällt bei der Echtzeit-MRT weg.
Bei der normalen MRT ist zudem ein regelmäßiger Herzrhythmus nötig, auf den die Aufnahmen abgestimmt werden müssen. Bei Personen mit einer Herzrhythmusstörung ist das also problematisch – auch hier kann die Echtzeit-MRT eingesetzt werden.
Noch hat die Echtzeit-MRT aber einige Nachteile. Zum einen schaffen sie nur eine geringe Auflösung der Bilder. Auch die Bildinterpretation ist schwieriger als bei Einzelbildern, da große Datenmengen verarbeitet werden müssen. Das erfordert auch viel Rechenleistung.
Fehlende Daten durch Machine Learning ersetzt
Mit maschinellem Lernen kann das aber verbessert werden. Martin Uecker und Moritz Blumenthal vom Institute of Biomedical
Imaging der TU Graz haben dafür eine neue Methode entwickelt, die den Aufnahme- und Verarbeitungsprozess effizienter macht. Das Verfahren beruht auf einer Technik (RT-NLINV) für die Echtzeit-MRT, das 2010 von Uecker am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen entwickelt wurde.
Für das Training fütterten die Forscher ihr Machine-Learning-Modell mit Testdaten. Ein bereits bestehender Datensatz wird dabei in 2 Datensätze geteilt, einen größeren mit ca. 80- 90 Prozent der Daten und einen kleineren mit den restlichen 10-20 Prozent, beschreibt Studienautor Moritz Blumenthal das Vorgehen gegenüber der futurezone.
Der größere Datensatz wird dabei in das Modell eingespeist, das damit die fehlenden Daten berechnen soll. Zum Schluss werden die generierten Daten mit den zurückgehaltenen Daten verglichen. Stimmen die Datensätze mehr oder weniger überein, ist das Training abgeschlossen, treten große Abweichungen auf, muss das Modell nachgebessert werden.
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Schnellere Aufnahmezeit macht das Verfahren günstiger
In der Praxis hat das mehrere Vorteile. Zum einen kann das Verfahren die Datenmenge reduzieren, die gemessen werden muss. Dadurch ist eine kürzere Aufnahmezeit möglich, da weniger Daten für das gleiche Ergebnis benötigt werden. Die Zeit, die für einen Scan mit der heutigen Qualität benötigt wird, würde sich damit deutlich verkürzen.
Das ist aus mehreren Gründen ein Fortschritt. "MRT sind langsam und das bedeutet hohe Kosten: Der Scan dauert lange, weshalb auch die Patienten über einen langen Zeitraum bleiben müssen", erklärt Blumenthal. Da die MRT-Scanner selbst teuer und daher nicht überall verfügbar sind, entsteht eine Knappheit. Die neue Methode würde eine MRT also nicht nur günstiger, sondern für mehr Patienten zugänglich machen.
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Praktisch ist, dass die Hersteller von Kernspintomographen bereits vor Jahren begonnen haben, Grafikprozessoren in ihre Geräte einzubauen. Diese sind nötig, um komplexe Machine-Learning-Algorithmen anzuwenden. Große Änderungen bei der Hardware, die viel Zeit benötigen, seien laut Blumenthal daher nicht nötig, um das neue System zu verwenden.
Die neue Methode kann aber auch die Qualität der Bilder verbessern. Das Modell kann Rauschen aus Bildern entfernen und sie damit detaillierter machen. Diese besseren Bilder würden die gleiche Aufnahmezeit benötigen, wie heute für MRT-Bilder mit schlechterer Qualität gebraucht wird.
Auch für andere MRT-Scans verwendbar
„Das Verfahren ist super flexibel. Eigentlich können wir das auf sämtliche MRT-Messungen anwenden“, sagt Blumenthal. Auch die Analyse von sogenannten quantitativen MRT-Messungen wurde verbessert. Dabei werden Gewebeparameter gemessen, die für die Diagnose und Beobachtung von Krankheiten entscheidend sein können.
Sie können etwa verraten, ob ein Patient auf eine Therapie anspricht, oder sie können Tumore charakterisieren. Diese Messungen dauern normalerweise sehr lange, können mithilfe der neuen Methode aber ebenfalls beschleunigt und damit zugänglicher werden.
Theoretisch ist das Verfahren anwendungsreif. Bis solche neuen Systeme tatsächlich eingesetzt werden, dauert es aber meist Jahre, da die Hersteller von Kernspintomographen dafür erst zertifizieren müssten.