So soll in Österreich die Paketzustellung der Zukunft aussehen
In der Adventzeit haben wieder viele auf Pakete gewartet: Das Festtags-Outfit bringt die Post, UPS die Bratenform und dann liefert Amazon in letzter Minute die Geschenke für die halbe Verwandtschaft.
Mit der Paketflut kommt auch der Frust: Ein Zusteller lässt das Packerl einfach vor der Haustür stehen, der zweite kommt erst um 19 Uhr und der dritte bringt es zu irgendeinem Abholshop – obwohl man zu Hause war. Das ist nicht nur für die Konsument*innen lästig, sondern verursacht Kosten und CO2-Emissionen.
„Warum kann man die nicht dazu bringen, dass sie die Transportaufträge untereinander so verteilen, dass sie nicht alle kreuz und quer überlappende Touren fahren müssen?“ fragt Margarethe Gansterer. Die Wirtschaftswissenschafterin hat gemeinsam mit belgischen Kolleg*innen ein neues Forschungsprojekt gestartet. Sie untersuchen, wie wir die Logistik sinnvoll umgestalten können.
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Ladeflächen teilen
Ideen, wie sich der Lieferverkehr in den Städten reduzieren lässt, gibt es viele. Bei der „kollaborativen Logistik“ steht das Teilen von Ressourcen im Fokus. Die Lieferdienste sollen künftig etwa Ladeflächen teilen und untereinander Kundenaufträge austauschen. „Das ist schwierig, denn die Unternehmen sind in einer Konkurrenzsituation“, meint Gansterer. Durch das gemeinsame Ausliefern hätten sie allerdings nicht weniger Geschäft, sondern erhöhen ihre Profite. „Studien zeigen, dass Logistik-Dienstleister, die Ladeflächen teilen, Effizienzsteigerungen haben, die deutlich über das hinausgehen als wenn sie getrennt arbeiten und ausliefern“, erklärt die Logistik-Expertin.
So könnte ein Amazon-Transporter künftig auch Pakete von der Post ausliefern und umgekehrt. Sogar öffentliche Verkehrsmittel wie Straßenbahnen könnten künftig Pakete transportieren. Kurz vor der Haustür könnte dann noch ein Lieferroboter oder sogar eine Drohne zum Einsatz kommen.
Lieferroboter in Helsinki
„Ich glaube, dass es mittelfristig Arten von Lieferrobotern geben wird. Aber derzeit gibt es noch viele rechtliche, technische und organisatorische Hürden“, sagt Gansterer. Schrittweise würden wir aber auf dieses Szenario zusteuern. „In 15 bis 20 Jahren wird sich das Bild im Vergleich dazu, was wir jetzt sehen, deutlich geändert haben.“
Rollende Lieferroboter werden bisher hauptsächlich in den USA und Asien erprobt und genutzt. Erste Versuche dazu gibt es aber jetzt auch in Europa. In der finnischen Hauptstadt Helsinki war kürzlich ein Lieferroboter des französischen Herstellers LMAD unterwegs. „Während der Weihnachtszeit hat er Pakete in Ruoholahti und im Bezirk Jätkäsaari in Helsinki zustellt“, erklärt Satu Reijonen von Forum Virium Helsinki. Die Stadtplanungsorganisation kümmert sich um Innovation in der finnischen Hauptstadt. Der Roboter wird nach einer Wartung im Frühjahr 2024 bereits zum dritten Mal seine Fähigkeiten beweisen. „Wir suchen derzeit nach weiteren autonomen Robotern aus ganz Europa, die im Helsinki-Testlabor ausprobiert werden sollen. Zu unserem Test im Frühjahr wird ein Mikro-Hub gehören – ein städtisches Konsolidierungszentrum, das die Zusammenarbeit zwischen den Logistikbetreibern verbessern soll“, sagt Reijonen.
Geteilte Hubs als Warenumschlagsplätze sind auch Teil von Gansterers Forschung. Ihr Team entwickelt einen Algorithmus, der ausrechnen soll, wo die geeignetsten Standorte für solche Hubs wären und wie viele davon benötigt werden. In die Berechnungen fließen Daten zur Bevölkerungsdichte, Demografie und zu den Distanzen ein. Vergleichen lassen sich diese Hubs z.B. mit den Post-Abholboxen, die es schon jetzt in einigen Wohnhäusern gibt. „Eine Frage wird sein, wie sich die Betreiber die Kosten aufteilen“, erklärt Gansterer. Kleinere Unternehmen sollen nicht gleich viel zahlen müssen, wie große.
Weniger Supermärkte
Gansterer schätzt, dass es in Zukunft viel weniger Supermärkte geben wird und wir noch mehr online bestellen werden. „Weniger Autofahrten zum Supermarkt wären das Ziel. Stattdessen wird man sich überlegen, wie die Waren vom Supermarkt emissionsreduziert zu den Kund*innen kommen“, erklärt sie: „Etwa durch Sammel-Hubs in Wohnnähe. Von dort holen sich die Menschen dann ihre Lebensmittel ab.“
Viele Veränderungen also – kaum mehr Geschäfte, dafür Roboter auf der Straße, während am Fenster Drohnen vorbeifliegen. Das könnte nicht nur für Begeisterung sorgen. „Wir haben in einer Studie gesehen, dass junge Stadtbewohnerinnen und Bewohner am zugänglichsten dafür wären, während ältere Menschen am Land weniger dafür zu gewinnen wären“, sagt Gansterer. Die Forscher*innen wollen alle Beteiligten – die Gemeinden, die Bevölkerung und die Firmen, einbeziehen.