Verlorener Zahnschmelz konnte bisher nicht wieder hergestellt werden (Symbolbild).
Neuartiges Gel soll die Zahnbehandlung revolutionieren
Der Zahnschmelz ist das härteste Material im menschlichen Körper. Doch wenn diese äußerste Schicht der Zähne verloren geht – etwa durch zu kräftiges Bürsten oder säurehaltige Lebensmittel – kann sie nicht nachgebildet werden.
Doch einem internationalen Team um Forscherinnen und Forscher der University of Nottingham ist hierbei nun ein Durchbruch gelungen. Sie haben ein neuartiges Gel entwickelt, das geschädigten Zahnschmelz erneuern kann. Details wurden Anfang der Woche in nature communications veröffentlicht.
Proteine statt Fluorid
Das Gel kann rasch auf Zähne aufgetragen werden, ähnlich wie heute schon übliche Fluorid-Behandlungen, die Symptome lindern sollen. Allerdings basiert das neue Präparat auf Proteinen und enthält gar kein Fluorid.
Es imitiert Eigenschaften der natürlichen Proteine, die das Wachstum des Zahnschmelzes im Kindesalter anregen. Nach dem Auftragen bildet es eine dünne, robuste Lage, die die Zähne durchdringt, wobei Löcher und Risse darin gefüllt werden.
Mineralien wachsen nach
Das wiederum fungiert als eine Art Gerüst, das Kalzium- und Phosphat-Ionen aus dem Speichel aufnimmt und das kontrollierte Wachstum neuer Mineralien anregt. Dieser Prozess ist auch als epitaktische Mineralisierung bekannt.
Elektronenmikroskop-Aufnahmen eines Zahns mit demineralisiertem Zahnschmelz und eines ähnlichen demineralisierten Zahns nach einer zweiwöchigen Behandlung (rechts).
© University of Nottingham
In Fällen, in denen das knochenähnliche Dentin schon freiliegt, also keine Zahnschmelz-Schicht mehr vorhanden ist, bildet das neuartige Gel eine stabile Schutzschicht. Das kann u. a. Überempfindlichkeit lindern.
Erstmals Struktur nachgebildet
Natürlicher Zahnschmelz zeichnet sich durch seine besondere Zusammensetzung und Struktur aus. Eng angeordnete Nanokristalle aus Hydroxylapatit sind an verschiedenen Stellen des Zahns speziell ausgerichtet.
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„Der Zahnschmelz hat eine einzigartige Struktur, die ihm seine bemerkenswerten Eigenschaften verleiht, die unsere Zähne ein Leben lang vor physikalischen, chemischen und thermischen Einflüssen schützen“, sagt Erstautor Abshar Hasan in einer Aussendung der University of Nottingham.
Bisher war es nicht gelungen, die Ausrichtung der Kristalle künstlich nachzubilden. Mit dem Ansatz, sie nachwachsen zu lassen, hat das Team um Hasan, damit Zahnschmelz erstmals wiederhergestellt.
Zahnschmelzabbau als Ursache für Karies
„Wir haben die mechanischen Eigenschaften dieser regenerierten Gewebe unter Bedingungen getestet, die ‚reale Situationen‘ wie Zähneputzen, Kauen und den Kontakt mit säurehaltigen Lebensmitteln simulieren“, so Hasan weiter. Dabei hätten sie festgestellt, dass sich der durch das Gel regenerierte Zahnschmelz genauso verhält wie gesunder Zahnschmelz.
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Zahnschmelzabbau ist eine der Hauptursachen für Karies. Er steht im Zusammenhang mit Zahnproblemen, von denen fast 50 Prozent der Weltbevölkerung betroffen sind, wie die Forscherinnen und Forscher anmerken.
Start-up zur Kommerzialisierung gegründet
Das Forschungsteam betont, dass das Gel bereits mit der klinischen Anwendung im Hinterkopf entwickelt wurde. „Es ist sicher, kann einfach und schnell aufgetragen werden und ist skalierbar“, sagt Alvaro Mata von der University of Nottingham.
Das Gel könne in verschiedenen Produkten verarbeitet werden und so unterschiedlichen Patientinnen und Patienten zugutekommen. Zur Kommerzialisierung des neuartigen Medikaments wurde das Start-up Mintech-Bio gegründet, es könnte schon 2026 ein erstes Produkt auf den Markt bringen.
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