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Wer haftet, wenn im Weltall etwas kaputtgeht?

Wenn Objekte ins All starten, kann immer etwas schiefgehen. Milliarden Euro teure Prestige-Projekte wie das europäische Weltraumteleskop Euclid, aber auch verhältnismäßig kleine Kommunikationssatelliten wie jene von OneWeb müssen enorme Hitze, Kälte, Vibration und g-Kräfte aushalten, bevor sie überhaupt ihren Einsatzort erreichen. Das Risiko, dass beim Start oder im All ein Bauteil versagt, hängt wie ein Damoklesschwert über jeder Mission.

Bei den teuren Geräten drängt sich dabei auch die Frage nach der Haftung auf. Jene hängt davon ab, wann ein Objekt kaputtgeht: Vor dem Start, in der Rakete oder im All. All diese Punkte sind vertraglich festgelegt. ESA-Projekte werden immer von Hauptauftragnehmern umgesetzt. Im Falle des Weltraumteleskops Euclid war das Thales Alenia Space.

Auftraggeber stellt genaue Anforderungen 

Der Auftragnehmer erstellt für die ESA eine Dokumentation mit Auftragsbestimmungen, Terminen, dem Leistungsumfang und den Spezifikationen des jeweiligen Projekts (Euclid-Design-Konzept von Thales). Diese Anforderungen landen bei den Zulieferunternehmen, wie etwa bei Beyond Gravity in Österreich. Das Unternehmen mit Standorten in Wien und Berndorf beliefert ESA, NASA und OneWeb unter anderem mit Schutzverkleidung gegen extreme Temperaturen, Bordcomputer und Faltmechanismen.

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Um den Vertrag für ein Projekt wie Euclid zu erhalten, schreibt Beyond Gravity ein Angebot. „Darin steht, welche Bedürfnisse wir erfüllen können und welche nicht umsetzbar sind“, beschreibt Wolfgang Pawlinetz, Leiter des Bereichs Thermal & Mechanik bei Beyond Gravity, den Vertragsabschluss-Prozess. Dieser sei auch deshalb so wichtig, damit festgelegte Anforderungen im Nachhinein keine Auslegungssache sind. 

Danach beginnt die Entwicklung neuer Technologie oder die Fertigung. „Wenn jemand bei uns einen Mechanismus bestellt, dann wird uns auch mitgeteilt, was er aushalten muss: z.B. 100 Hertz Frequenz bei der Vibration, bestimmte G-Lasten und er muss über einen bestimmten Zeitraum funktionieren. Wir müssen nachweisen, dass er das tut“, so Pawlinetz.

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Schütteln, Vakuum und Zentrifuge

Dafür betreibt Beyond Gravity Einrichtungen, in denen etwa Tests in einer Vakuumkammer, Vibrations- und Erschütterungstests und Zentrifugen für Belastungstests stehen (mehr dazu hier). „Diese Environmental-Tests sind Teil des Auftrags, weil der Kunde bestätigt haben will, dass die Spezifikationen erfüllt sind“, erklärt Pawlinetz das Vorgehen. Das wird genau dokumentiert, bei wichtigen Tests sind die Kunden anwesend oder können die Durchführung im Livestream beobachten.

Wenn der Test scheitert, wird nachgebessert. Kommt es aufseiten der Zulieferer wie Beyond Gravity zu Projektverzögerungen und die vertraglich festgelegten Fristen können nicht eingehalten werden, können Strafzahlungen fällig werden. Wenn eine Komponente fehlt, kann sich damit das gesamte Projekt verzögern, was wiederum die Gesamtkosten steigert. 

Garantie, bis die Rakete sich bewegt

Die Hauptauftragnehmer setzen die Komponenten dann zusammen und führen ihrerseits weitere Tests durch, bis das Projekt starten kann. „Unsere Garantie endet im Normalfall zum Zeitpunkt des ‚Liftoffs‘, also wenn die Sprengbolzen gelöst werden und die Rakete sich bewegt“, erklärt Pawlinetz die Verpflichtungen von Beyond Gravity.

Kaputtgehen kann im All aber trotzdem einiges. „Wenn es einen Schadensfall gibt und die eigenen Hardware involviert ist, muss man daran mitarbeiten, das Problem zu finden“, erklärt Pawlinetz. Schließlich könne es sein, dass das Design für die nächsten Projekte geändert werden muss.

Strafe für fehlerhaften Hubble-Spiegel

Einer der berühmtesten Schadensfälle ist der fehlerhafte Hauptspiegel des Weltraumteleskops Hubble. Die NASA musste Astronauten ins All schicken, die ihn gegen den funktionierenden Reservespiegel austauschen. Die US–Regierung drohte damals dem Hersteller des fehlerhaften Spiegels mit einer Klage und erwirkte Strafzahlungen in Höhe von insgesamt 25 Millionen US–Dollar von den verantwortlichen Parteien. Je nach Vertrag kann der Hauptauftragnehmer zur Kasse gebeten werden, wenn die Abmachungen nicht erfüllt wurden.

Weltraumvertrag

Kompliziert wird es, wenn 2 Objekte ineinander krachen - bisher ein hypothetischer Fall. „Dann gilt die normale Verschuldungshaftung, wie bei einem Autounfall“, erklärt Alexander Soucek, Leiter für internationales Recht bei der ESA, der futurezone. Geregelt ist das im Weltraumvertrag von 1967, der von den Vereinten Nationen aufgesetzt wurde. 110 Staaten haben ihn unterzeichnet, darunter die wichtigen Weltraummächte wie USA, China und Russland.

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Die Haftung übernehmen die sogenannten Startstaaten. Das ist jener Staat, der einen Start in Auftrag gegeben hat, von dessen Territorium ein Objekt startet, das den Start durchführt oder das die Technik bereitstellt. Die Regelung ist deshalb wichtig, damit unbeteiligte Personen Schadensersatz einklagen können, wenn ihnen etwa ein Satellitenteil auf den Kopf fällt.

Schwierige Zuordnung

Als Startstaaten definiert wurden, war die Zuordnung noch einfach: "Die USA hat von Florida aus einen amerikanischen Satelliten mit einer amerikanischen Rakete mit ihren Staatsanleihen in den Weltraum gebracht. In der modernen Raumfahrt fällt das aber alles auseinander. Wir müssen uns heute für jeden Satelliten überlegen, wer eigentlich der Startstaat dahinter ist. Wenn es mehrere sind, müssen die sich die Haftung untereinander ausmachen“, so Soucek. Bei ESA-Projekten kann die europäische Weltraumorganisation auch als Startstaat auftreten.

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Fall des Satelliten Kosmos 954

Ein ähnlicher Fall war der Absturz des sowjetischen Satelliten Kosmos 954. Er wurde mit Kernkraft betrieben und verseuchte die kanadischen Wälder, als er 1978 dort abstürzte. Die UdSSR musste Kanada damals 3 Millionen kanadische Dollar Strafe zahlen.

Nicht in allen Fällen gibt es aber Schuldige. "Wenn es höhere Gewalt oder ein Unfall ohne grobe Fahrlässigkeit war, gibt es da oben keine Haftung“, so Alexander Soucek. Das kann etwa passieren, wenn durch einen starken Sonnensturm die Ortungssysteme der Satelliten ausfallen, die Bodenstationen den Kontakt verlieren und 2 Satelliten zusammenstoßen.

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Franziska Bechtold

frau_grete

Liebt virtuelle Spielewelten, Gadgets, Wissenschaft und den Weltraum. Solange sie nicht selbst ins Weltall kann, flüchtet sie eben in Science Fiction.

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