Science

Viele Ungereimtheiten bei russischem Impfstoff

Der russische Corona-Impfstoff Sputnik V sorgt weiterhin für Diskussionen. Nachdem es eine Wirksamkeitsstudie zuletzt ins renommierte medizinische Fachblatt "The Lancet" schaffte, hegen einige Forscher nun neue Zweifel. Sie hinterfragen die publizierten Ergebnisse, die dem Vakzin eine Wirksamkeit von 91,6 Prozent bescheinigen und es damit als ebenbürtig mit den hocheffizienten Impfstoffen von Pfizer/Biontech und Moderna erscheinen lassen.

Viele Ungereimtheiten

Als einer der schärfsten Kritiker gilt der italienische Molekularbiologe Enrico Bucci, der die Entscheidung der russischen Regierung, den Impfstoff vor Abschluss der Testphase III verfügbar zu machen, weiterhin kritisiert. Auch nach Durchsicht der Lancet-Studie bleiben Bucci zufolge einige Ungereimtheiten übrig, die angesichts der fehlenden Transparenz der russischen Forscher umso schwerwiegender seien.

Russland gewähre weder Wissenschaftlern im Land noch der Fachwelt Zugang zu den Rohdaten der Impfstoffentwicklung. Konkrete Anfragen würden mit einem Hinweis auf die "Sicherheitsabteilung" des Moskauer Forschungszentrums abgeschmettert. Ein solches Verhalten sei sowohl von russischer Behördenseite als auch, was die Veröffentlichung in "The Lancet" betreffe, "empörend", wird Bucci vom Spiegel zitiert.

Todesfälle und falsche Zahlen

Bucci zufolge fehlen auch umfassende Daten hinsichtlich der verzeichneten vier Todesfälle. Nur zwei seien hinsichtlich der Umstände dokumentiert. Unklar sei auch, warum die Anzahl der Studienteilnehmer in den veröffentlichten Zwischenstudien viel höher als im Lancet-Abschlussbericht sei. An einer Stelle sei zudem von 21.977 Studienteilnehmern die Rede, an anderer Stelle werden 21.862 genannt.

Auch ein nicht unwesentlicher Zahlendreher wird von dem Molekularbiologen erwähnt: So heiße es an einer Stelle, dass sich von den 15.000 geimpften Probanden nur 16 mit COVID-19 ansteckten, an anderer Stelle sei dann plötzlich von 61 Fällen die Rede. Eine seriöse Aussage über die tatsächliche Wirksamkeit des russischen Impfstoffes könne aufgrund dieser Ungereimtheiten nicht getroffen werden.

Auch AstraZeneca mit Problemen

Der Wissenschaftler bestreitet nicht, dass Sputnik V eine wichtige Ergänzung zu den bisher zugelassenen anderen Vakzinen sei. Die Daten müssten aber in vollem Umfang zugänglich sein, erklärte Bucci. Das Problem mit der unsauberen Datenlage betraf in den vergangenen Wochen allerdings auch AstraZeneca, das deshalb in manchen Ländern immer noch keine Zulassung für den Einsatz des eigenen Impfstoffs bei über 65-Jährigen hat.

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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