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Neues Material filtert Glyphosat aus dem Grundwasser

Man stelle sich eine Art Tee-Beutel vor, den man in verunreinigtes Wasser hält und damit die Schadstoffe aufnimmt. Et voilà – schon hat man sauberes Trinkwasser. Auf ähnliche Weise könnte eine effiziente Wasserreinigung künftig möglich sein. Das wird auch zunehmend dringlicher, denn das Grundwasser ist weltweit großräumig aufgrund von Schadstoffen wie Pflanzenschutzmittel, Medikamente oder Hormone belastet.

Eines der meistverbreiteten Herbizide ist Glyphosat, das zum Abtöten von Unkraut zum Einsatz kommt. Mit derzeitigen Verfahren kann das Grundwasser nicht vollständig davon befreit werden.

Netzwerk aus Poren

Ein neuartiges Material, das von einem Team rund um Dominik Eder vom Institut für Materialchemie an der TU Wien entwickelt wurde, soll das ändern. Dabei handelt es sich um sogenannte metallorganische Gerüste bzw. Strukturen (MOFs), die aus kleinen  Metall-Sauerstoff-Clustern bestehen. Diese werden mit organischen Molekülen verknüpft. Damit ergibt sich ein hochporöses, pulverförmiges Material.

„Dieses Pulver könnte beispielsweise in eine Membran eingebettet werden, so wie Teeblätter im Tee-Beutel. Diese Membran muss wasserdurchlässig sein, damit die  organischen oder anorganischen Verunreinigungen hindurchgelangen und mit dem Pulver interagieren können“, sagt Eder der futurezone.

Die Strukturen funktionieren besonders gut für das Glyphosat-Molekül. „Das liegt daran, dass die aktive Komponente in diesen MOFs Titan-Atome sind“, so der Forscher. Titan könne generell mit Molekülen, die Phosphat- oder Phosphonatgruppen enthalten, gut interagieren und eine Bindung eingehen. Damit das Glyphosat das Titan aber auch gut erreichen kann, wurden mithilfe einer neuen Methode größere Poren in die molekularen Gerüste eingebaut und damit ein Teil der Titan-Atome freigesetzt.

Die molekularen Gerüste entfernen Glyphosat aus dem Grundwasser

Längere Haltbarkeit

Diese Poren stellen nicht nur Platz für die Moleküle zur Verfügung, dadurch werde das Titan auch erst aktiviert. „Man braucht diese Aktivierung, damit die Verunreinigung, also die Moleküle, dort andocken können. Herkömmliche MOFs haben diese Andockstelle nicht“, so der Wissenschafter. Dem Team gelang es gemeinsam mit der kanadischen University of Northern British Columbia, 3 Mal so viel Glyphosat in nur 20 Prozent der Zeit aus dem Wasser zu entfernen als mit dem derzeit besten Adsorptionsmittel.

„Das Besondere ist, dass dieser Prozess reversibel und mehrere Male anwendbar ist. Das Glyphosat kann dann mit einer einfachen Natriumchlorid-Salzlösung wieder herausgeschwemmt werden“, so Eder. Diese speziellen Strukturen seien schon einsatzbereit und könnten  hochskaliert und im industriellen Maßstab getestet werden.

Forschungsleiter Dominik Eder von der TU Wien

Aktuell gebe es aber noch das Problem der Haltbarkeit im Wasser. Allgemein gebe es metallorganische Gerüste in Hunderttausenden verschiedenen Strukturen, wobei sich die meisten nach wenigen Stunden im Wasser zersetzen. „Unsere MOFs zählen zu den derzeit stabilsten und halten mehrere Tage. Wir haben zudem kürzlich eine neue Methode entwickelt, mit welcher wir die Stabilität auf mehrere Hundert Tage erhöhen können. Damit werden MOFs auch tatsächlich praxistauglich,“ sagt Eder.

Hormone im Wasser

Generell könnten die MOFs je nach Verunreinigung eingesetzt werden. In Europa wurde Glyphosat kürzlich verboten, in den USA und in vielen Entwicklungsländern ist das Herbizid aber noch erlaubt. „Dort kann die Entfernung aus Abwässern durchaus helfen, die Trinkwasserqualität zu verbessern“.  

In Österreich hingegen seien im Trinkwasser geringe Mengen an Schmerzmittel, Antibiotika und Hormonpräparaten vorhanden. Deren Konzentration sei derzeit noch deutlich unterhalb einer Gesundheitsgefährdung. „Irgendwann wird diese Konzentration aber so hoch sein, dass ein Gesundheitsrisiko anzunehmen ist. Dann brauchen wir diese neuen Technologien, um die Stoffe zu entfernen“.  

Künftig sollen auch Tests mit  anorganischen Substanzen wie Nitrate und Sulfate durchgeführt werden. Diese belasten durch intensive Landwirtschaft  die Abwässer. 

Methode auf Holzbasis entfernt Schadstoffe aus Abwasser

Ein Forschungsteam rund um Gunnar Westman von der Chalmers University of Technology in Schweden hat gemeinsam mit dem Malaviya National Insititute of Technology Jaipur in Indien eine Methode entwickelt, mit der Verunreinigungen im Wasser mithilfe eines Materials auf Holzbasis entfernt werden können. Im Speziellen geht es um die Entfernung giftiger Farbstoffe aus der Textilindustrie aus dem Abwasser.

Zum Einsatz kommen winzige Nanokristalle aus Zellulose. Sie verfügen über ein besonders effizientes Adsorptionsvermögen. Entwickelt wurde konkret ein biobasiertes Material. Diese sei eine Form von Zellulosepulver mit Reinigungseigenschaften, die je nach Art der zu entfernenden Schadstoffe angepasst und verändert werden können. In einer Studie zeigte Westman und sein Team, wie giftige Farbstoffe mit dem Material aus dem Abwasser entfernt werden können. 

Abbau durch Sonnenlicht

Das kostengünstige System kann man sich wie eine tragbare Box vorstellen, die an die Abwasserleitung angeschlossen wird. Das Abwasser fließt durch den Zellulosepulverfilter, wobei die Schadstoffe absorbiert werden. Das Sonnenlicht bewirkt, dass diese schnell und effizient abgebaut werden. Druck und Hitze seien nicht erforderlich.

Die Innovation könnte vor allem Ländern mit unzureichenden Wasseraufbereitungstechnologien zugute kommen. 

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Andreea Bensa-Cruz

Andreea Bensa-Cruz beschäftigt sich mit neuesten Technologien und Entwicklungen in der Forschung – insbesondere aus Österreich – behandelt aber auch Themen rund um Raumfahrt sowie Klimawandel.

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