Wie KMU leicht erkennen, wo sie Wasser sparen können
Österreichs Industrie verbraucht im Jahr 1,5 Milliarden Kubikmeter Trinkwasser - in etwa 2-mal die Menge, die der Wörthersee fasst. Angesichts des Klimawandels ist es notwendig, den Wasserverbrauch in Unternehmen genauer im Auge zu behalten. Wasser ist für Industrie und Gewerbe oftmals ein wichtiger Standort- und Produktionsfaktor, da neben ökologischen Aspekten vor allem Ver- und Entsorgungskosten von Prozess- und Reinigungswasser entstehen. Auf EU-Ebene werden derzeit Regeln erarbeitet, die Firmen künftig dazu verpflichten könnten, einen Audit - d.h. eine Überprüfung - ihres Wasserverbrauchs durchzuführen.
Für große Unternehmen, wie etwa Coca Cola, ist es gängige Praxis, Sachverständige zu engagieren, um eigene Wasserstrategien zu entwickeln. Während sie hunderttausende Euro dafür aufwenden können, wäre dies für viele kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) ein unleistbarer Aufwand. Das vom AEE - Institut für nachhaltige Technologien (AEE INTEC) gemeinsam mit KMU Forschung Austria und V-Research durchgeführte und von Austrian Cooperative Research (ACR) geförderte Projekt iWaterCheck will eine Lösung für dieses Problem entwickeln.
Lebensmittel und Metall
"Unternehmen, die besonders viel Wasser verbrauchen, gibt es u.a. in der Lebensmittelindustrie oder der metallverarbeitenden Industrie", erklärt Christian Platzer von AEE INTEC. Um ein Auto herzustellen, sind etwa 400.000 Liter Wasser erforderlich. "Jedes Metallteil am Auto muss etwa einen Korrosionsschutz erhalten. Bauteile werden dafür in Bädern oberflächenbehandelt und müssen danach abgespült werden." iWaterCheck zielt darauf ab, die Verwendung von Wasser in Unternehmen zu analysieren, Verbesserungspotenziale aufzuzeigen und die Recyclingquote zu steigern.
"Wenn man sich die Wasser- und Abwasserflüsse in Unternehmen ansieht, ist das wie ein verzweigtes Spinnennetz. Wir wollen mathematische Algorithmen entwickeln, um aufzuzeigen, wo es Sinn macht, Wasserströme prozessübergreifend zu verknüpfen und Wasserkreisläufe zu schließen. D.h. etwa den Wasserabfall eines Spülbeckens aufzubereiten und anderswo neuerlich als Reinigungsmittel zu verwenden", meint Platzer. Ein Beispiel aus der Lebensmittelindustrie: "In Molkereien kann bei der Reinigung von großen Kesseln zur Käseerzeugung nach jedem Produktionsschritt eine dreistufige Reinigung durchgeführt werden. Dabei wird gering verschmutztes Wasser 2-mal verwendet und durch die gezielte Wasseraufbringung direkt im Kessel eine bedeutende Menge an Wasser eingespart."
Bessere Technologien
Beim iWaterCheck wird auch überprüft, welche Technologien etwa bei der Wasseraufbereitung zum Einsatz kommen. Nach Möglichkeit werden dann auch Alternativen vorgeschlagen, um die Effizienz zu steigern - etwas, das bei anderen verbreiteten Audit-Verfahren weniger berücksichtigt wird. "Wir entwickeln eine Datenbank mit besonders geeigneten Technologien, auf die der Algorithmus zugreift", erklärt Platzer. In der Datenbank ist genau verzeichnet, welche Technologien sich für welche Anwendungen eignen."
Ein Beispiel für solch eine neue Aufbereitungstechnologie sei das Membrandestillationsverfahren, das CO2-neutral mit Abwärme betrieben werden kann. Dieses wird etwa bei der Leiterplattenherstellung des steirischen Unternehmens AT&S eingesetzt. "Die Leiterplatten werden in einem Galvanikbad vergoldet. Mit dem Spülwasser geht viel dieser wertvollen Goldbadflüssigkeit verloren. Durch das Membrandestillationsverfahren kann das Gold wieder in den Prozess rückgeführt werden und auch das gereinigte Spülwasser kann man neuerlich verwenden. Man schlägt 2 Fliegen mit einer Klatsche. Der wertvolle Rohstoff wird zurückgewonnen und der Wasserkreislauf geschlossen."
Einheitliches Regelwerk
Um das neue Audit-Verfahren zu entwickeln, werden im Projekt iWaterCheck drei Fallstudien bei Unternehmen durchgeführt. "Die Idee ist es, Beratern und Sachverständigen am Ende einen Leitfaden zu bieten, um Wasseraudits effizient durchführen zu können. Dazu gibt es derzeit kein einheitliches Regelwerk", sagt Platzer. Das neue Verfahren soll jedenfalls für KMU wesentlich leistbarer als bisherige Audits sein. Anvisiert wird hier eine Größenordnung von ein paar tausend Euro. Ein Fernziel sei es, die gewonnenen Erkenntnisse auf einer Web-Plattform zugänglich zu machen und Unternehmen einen unkomplizierten Schnelltest zu ermöglichen - das wäre allerdings ein Fall für ein Nachfolgeprojekt.
Dieser Artikel entstand im Rahmen einer redaktionellen Kooperation zwischen futurezone und ACR.
Mehr Bewusstsein für Verbrauch schaffen
Um die Versorgung mit Trinkwasser ist es in Österreich im Allgemeinen sehr gut bestellt. Längere und intensivere Hitzeperioden und andere Folgen des Klimawandels merkt man aber auch hierzulande. Deshalb gelte es, bewusster auf den Verbrauch zu achten. "Österreich bezieht 100 Prozent seines Trinkwassers aus dem Grundwasser. Das ist ein großer Schatz, den wir hüten müssen für die Zukunft", meint Wolfgang Nöstlinger, der Vizepräsident der Österreichischen Vereinigung für das Gas- und Wasserfach (ÖVGW).
Virtuelles Wasser
Der Verband der heimischen Wasserversorger ließ zuletzt von der Universität für Bodenkultur eine Studie durchführen, die aufzeigt, wie viel Wasser alleine für die Produktion von Konsumgütern aufgewendet wird.
Während die heimische Bevölkerung im Schnitt täglich 130 Liter Wasser direkt verbraucht, stecke in Lebensmitteln und anderen Produkten viel "virtuelles Wasser". Um ein einzelnes T-Shirt herzustellen, braucht man etwa 3.000 Liter Wasser. Viele Lebensmittel aus dem Ausland benötigen zudem viel mehr Wasser als solche aus dem Inland.
"Haben bisher Glück gehabt"
Nöstlinger: "Wir leben in einer Wohlstandsgesellschaft, in der vieles selbstverständlich ist. Dabei sollte man mit der Ressource Wasser sorgsamer umgehen." Im vergangenen Jahr habe man in Deutschland aufgrund einer Dürreperiode teilweise Probleme bei der Bereitstellung von Trinkwasser gehabt. Aufgrund regionaler Unterschiede beim Wasservorkommen könnte so etwas auch in bestimmten Gebieten Österreichs passieren. "Wir haben bisher nur Glück gehabt, dass es bei uns noch nicht soweit war."