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Start-up will Seilbahnen zu Wind- und Solarkraftwerken machen

In den Bergen bläst der Wind oft ziemlich kräftig. Der Umstand wird Wintersportler*innen schon mal aufgefallen sein, wenn sie zitternd am Sessellift sitzen mussten. Das Start-up Bergwind hat die Idee, die Windverhältnisse im Gebirge in Kombination und bereits vorhandene Infrastruktur zu nutzen. Außerhalb von Betriebszeiten sollen statt Sesseln, Gondeln oder Schleppbügeln Windturbinen oder Photovoltaikmodule an die Seile geklemmt werden.

Wind und Infrastruktur vorhanden

"Beim Ausbau erneuerbarer Energien werden in Zukunft die Flächen knapp werden, deswegen habe ich nach oben geschaut", sagt Ibrahim Sagerer-Foric, der Gründer von Bergwind. "Österreich besteht zu zwei Dritteln aus Bergen und es gibt eine Menge Seilbahnen. Die meiste Zeit im Jahr werden die nicht genutzt." Gleichzeitig gebe es im Bergland ein riesiges Windpotenzial. Sagerer-Foric gründete daraufhin Bergwind.

Kraftwerks-Kombination am Seil

Das Start-up ist nun dabei, Kraftwerke zu entwickeln, die genau an die Bedingungen auf Seilbahnen angepasst sind. Sie sollen außerhalb der Betriebszeiten auf das Förderseil von Liften aufgefädelt werden. In großen Höhen mit wenig Vegetation bieten sich Windräder an, weiter unten am Lift, wo Skipisten flachere Auslaufzonen zu Liften haben und weniger Wind weht, wären eher Photovoltaikmodule angebracht. Eine standortangepasste Kombination von Kraftwerken würde sich dann von der Berg- bis zur Talstation erstrecken. Der Seilbahnmotor würde nach erfolgtem Auffädeln still stehen.

Der erzeugte Strom würde von einem Modul zum nächsten mittels Schleppkabel übertragen werden. Stromleitungen zum weiteren Abtransport sind bei Seilbahnen schon vorhanden. "Noch ein Vorteil ist, dass es überall Windsensoren gibt", sagt Sagerer-Foric. Wenn man Zugriff auf Winddaten erhalte, mache das die individuelle Planung einfach.

Seilbahn-Windturbinen sollen vorhandene Infrastruktur besser nutzen. Außerdem seien sie ein Hingucker, sagt das oberösterreichische Start-up Bergwind

Bis zu 4 Meter Durchmesser

Zur Stromerzeugung werden Turbinen mit Rotoren aus Kohlefaser eingesetzt, die sich selbstständig in Windrichtung drehen. Künftig soll es die Turbinen in zwei Größen, mit 3 Kilowatt Leistung und einem Rotordurchmesser von 2,6 Meter, sowie mit 5 kW und 4 Meter, geben. Pendelbewegungen durch den Wind sollten durch den Gyroskop-Effekt gedämpft werden. Die Rotoren der Turbinen drehen sich im Betrieb relativ schnell - was sie für Vögel auch angeblich besser wahrnehmbar macht.

Erste Prototypen der Turbinen sind bereits gebaut. Im Frühling werden Praxistests mit mehreren Turbinen an einem Seil stattfinden, bei denen die Dynamik von mehreren parallel laufenden Kraftwerken analysiert wird.

Mehrere Verwertungsmöglichkeiten

Der Vorteil von hängenden Kraftwerken sei laut dem Bergwind-Gründer, dass dadurch kein zusätzlicher Platz benötigt wird. Weidetiere und Wander*innen blieben dadurch ungestört, im Betrieb seien die Windturbinen kaum hörbar. Skigebiete könnten damit einen Teil ihres Strombedarfs auf nachhaltige Weise decken. Ein Lift, auf dem 20 bis 30 Turbinen installiert werden, sollte auf einen Jahresertrag von 2000 bis 3000 Kilowattstunden pro kW Turbinenleistung kommen.

Der Strom kann entweder direkt in den Betrieb von Maschinen fließen. Man könnte damit laut Sagerer-Foric aber auch Elektrofahrzeuge aufladen, Wasserstoff erzeugen oder Heizungssysteme von Hotels speisen. Es sei sogar möglich, Wasser in Reservoirs für Schneekanonen zu pumpen und damit kleine Pumpspeicherkraftwerke zu realisieren.

2023 wird Bergwind ausgiebig testen und eine GmbH gründen

Aushängeschild für Klimaschutz

Nicht zu vernachlässigen sei auch der Werbeeffekt: "In ganz Europa arbeiten Skigebiete an alternativen Energiekonzepten." Das Interesse an der Bergwind-Lösung sei hoch, auch seitens Unternehmen, die überlegen, ihre Marke auf den Rotorblättern der Seilbahn-Windräder zu platzieren:  "Es ist ein Hingucker." Man merke jedenfalls, einen Nerv getroffen zu haben.

Fakten

Täglich vs. saisonal
Der Wechsel der Gehänge am Seil kann täglich vor und nach dem Seilbahnbetrieb erfolgen. Er dauert rund 30 Minuten. Oder nur zu Anfang und Ende der Saison.

Hintergrund
Bergwind-Gründer Ibrahim Sagerer-Foric war in der  Forschungsabteilung des Faserherstellers Lenzing tätig. Sein Team umfasst fünf Personen,  darunter Softwareentwickler sowie  Elektro- und Seilbahntechniker.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Energie, Mobilität und Klimaschutz. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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