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AT&S: "Elektronische Veränderungen sind keine Herausforderung, sondern eine Chance"

Seit 20 Jahren ist der steirische Leiterplattenhersteller AT&S erfolgreich an der Börse und zum Weltmarktführer im High-End-Bereich aufgestiegen. Doch auf diesen Lorbeeren will sich der heimische Technologiekonzern noch lange nicht ausruhen. Denn das Marktumfeld in der Elektronikbranche verändert sich: Stärker vernetzte Systeme, Robotik, künstliche Intelligenz (KI) oder selbstfahrende Autos benötigen aufgrund der immer stärker anwachsenden Datenmengen, die zu übertragen und verarbeiten sind, neue technologische Lösungen. Für AT&S weniger eine Herausforderung, sondern eine Chance.

futurezone hat den Chef des Weltkonzerns, Andreas Gerstenmayer, zum Interview getroffen und mit ihm über neue Trends, Herausforderungen und Möglichkeiten gesprochen.

Modularisierung im Trend

Einer der wohl größten Trends der Elektronikbranche ist laut dem Experten die Modularisierung. Dabei entstehen elektronische Bausteine, die eine bestimmte vordefinierte Funktionalität zur Verfügung stellen. Beispiel: Ein WiFi-Modul, das im Gerät eine Verbindung mit dem Netz herstellt. "Ich brauche immer diese Funktionalität, dass ich mich in gewisse Netzwerke einbinden kann", sagt Gerstenmayer. In der Vergangenheit wurden Geräte mit einzelnen Bauelementen auf dem sogenannten Main Board, der Hauptplatine, bestückt. "In Zukunft werden fertig vordefinierte Bausteine schon eine bestimmte Funktionalität aufweisen", sagt er. AT&S will dabei nicht nur die Herstellung übernehmen, sondern den gesamten Entwicklungsprozess begleiten. "Wir wollen das Modul bauen, testen und dem Kunden anliefern. Der Markt wächst dynamisch. Wir sind mitten dabei und gehen Schritt für Schritt in die Umsetzung".

Mit der immer schnelleren Verarbeitung der wachsenden Datenmengen steigt aber auch der Bedarf nach IC-Substraten für die Anwendung von Hochleistungsrechner-Modulen. Um dieser Nachfrage nachzukommen, wird AT&S in ein neues Produktionswerk am Standort Chongqing und in Produktionskapazitäten für Vorprodukte in Leoben investieren Das erste Werk in Chongqing wurde 2013 aufgebaut, womit AT&S in das Geschäft für IC-Substrate neu eingestiegen war. In kürzester Zeit ist der Konzern damit in die Topliga der Substrate-Hersteller eingetreten, wie Gerstenmayer berichtet. "Aufgrund der Entwicklung im Markt sehen wir, dass der Kapazitätsbedarf in den nächsten Jahren so massiv steigen wird, dass wir jetzt entschieden haben, ein neues, drittes Werk am Standort Chongqing zu errichten und sukzessive aufzubauen", sagt Gerstenmayer. Bis zu einer Milliarde Euro ist für den Ausbau geplant. Die Produktion soll 2021 starten.

Rückgänge durch Handelskonflikt

Doch es gibt auch Rückgänge - vor allem im Bereich der mobilen Endgeräte und Autoindustrie. Grund dafür ist unter anderem der verschärfte Handelskonflikt zwischen den USA und China. Gerstenmayer: "Wir spüren ihn nicht direkt, weil unsere Produkte weitestgehend in andere weiterverarbeitet werden und wir kaum Direktexport von China nach Amerika betreiben. Sie werden in Asien verarbeitet und dann über diese Geräte weltweit transportiert", erklärt Gerstenmayer. Dennoch habe der Handelskonflikt massive Einflüsse auf die Weltkonjunktur, die nicht länger zu leugnen seien. "Automotive ist schwach, die Industrieausrüstung ist aktuell  rückläufig, Mobile Communications ist auch nicht so boomend – alles eine Folge einer schwächeren globalen Konjunktur", sagt er.

Dennoch gibt es im Automobilbereich große Potenziale. Stichwort: Electronic Content. "Elektronische Komponente nehmen heute 25 bis 30 Prozent des Autowerts ein. Die Prognose geht dahin, dass bis 2030 rund 50 Prozent des Wertes eines Automobils aus elektronischen Komponenten besteht", sagt er. Auch dort bestehe für den Konzern großes Potenzial zu wachsen, die positiven, mittelfristigen Trends sind alle intakt. Sobald die aktuelle, temporäre Schwäche überwunden ist, wird der Markt für Automobilelektronik wieder in einen Wachstumspfad einschwenken.

Im Bereich der Telekommunikation bietet der 5G-Ausbau ebenfalls starke Möglichkeiten und setzt laut Gerstenmayer sowohl in der Infrastruktur als auch bei den Kommunikationsendgeräten Impulse. "Wenn 5G kommt, werden viele überlegen, auf den neuen Standard umzusteigen. Die Geräte werden leistungsfähiger. Ich denke, da gibt es einen stimulierenden Effekt für den Markt."

"Jeder Millimeter zählt"

Doch um diese Trends überhaupt bedienen zu können, investiert der Technologiekonzern seit Jahren in Forschung und Entwicklung. "Wir wollen uns über Technologie weiterentwickeln. Das ist der einzige Weg, um sich in der Branche zu differenzieren", sagt Gerstenmayer und ergänzt: "Wir wollen Entwicklungspartner unserer Kunden sein. Um das zu können, muss ich natürlich verstehen, was die Probleme und Herausforderungen unserer Kunden auf der Systemebene sind." Als konkretes Beispiel nennt Gerstenmayer miniaturisierte Komponenten in der Medizintechnik . "Produkte, sei es ein Hörgerät oder ein Herzschrittmacher, müssen möglichst klein und kompakt sein. Dort müssen wir überlegen, wie die Miniaturisierung gesteigert werden kann. ". AT&S forciert dazu die Technologie-, Prozess- und Materialentwicklung , um den Kunden konkrete Verbesserungsvorschläge machen zu können. "Jeder Millimeter zählt hier".

Für neue Anwendungen sei auch die Materialentwicklung essenziell. Datenmengen beeinflussen die Übertragungsgeschwindigkeit. "Niemand will Verzögerungszeiten, der Datenfluss soll möglichst in Echtzeit passieren. Das hängt viel mit den Materialien, die eingesetzt werden, zusammen. Und mit der Miniaturisierung und gleichzeitiger Leistungssteigerung kommt automatisch das Thema Erwärmung", sagt der AT&S-Chef. Gewisse Bauelemente seien besonders temperaturempfindlich, wodurch sie geschädigt werden könnten. Ohne Temperaturmanagement sei eine Produktentwicklung ebenfalls nicht möglich.

Ausbau im Personalbereich

Es gibt also viel zu tun. Um seine Ziele umzusetzen, baut AT&S nicht nur seine Kompetenzbereiche aus, sondern auch den Personalbereich. Insgesamt verfügt AT&S über 10.000 Mitarbeiter - alleine in Leoben sind es 1.000 und am zweiten heimischen Standort Fehring 400 mit unterschiedlichen Nationalitäten. Und das Unternehmen sucht weiterhin nach Fachkräften. "Wer die Internationalität des Unternehmens mag, an der weiteren Entwicklung des Weltmarktführers für hochwertige Verbindungslösungen partizipieren möchte und bei der Gestaltung hinsichtlich der Technologieentwicklung teilhaben will, ist bei AT&S richtig", so Gerstenmayer.

Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen AT&S und futurezone.

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Andreea Bensa-Cruz

Andreea Bensa-Cruz beschäftigt sich mit neuesten Technologien und Entwicklungen in der Forschung – insbesondere aus Österreich – behandelt aber auch Themen rund um Raumfahrt sowie Klimawandel.

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