FILE PHOTO: A general view shows the New Safe Confinement structure over the old sarcophagus covering the damaged fourth reactor at the Chernobyl Nuclear Power Plant, in Chernobyl
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Tschernobyl: Radioaktives Material gestohlen

Aus einem Strahlungsüberwachungslabor in Tschernobyl sind nach Angaben von Anatolii Nosovskyi, Direktor des Instituts für Sicherheitsprobleme von Kernkraftwerken (ISPNPP) in Kiew, radioaktive Substanzen entwendet worden. Sie kamen zum Kalibrieren von Instrumenten zum Einsatz.

Das radioaktive Material könnte aber auch mit konventionellen Sprengstoffen gemischt werden, um eine "schmutzige Bombe" zu bauen, warnte Nosovskyi gegenüber dem Fachmagazin Science.

Der Sicherheitsexperte verwies auch darauf, dass sein Institut in Tschernobyl noch ein weiteres Labor mit weit gefährlicheren Materialien unterhalte. Der Kontakt zu dem Labor sei jedoch nach der russischen Einnahme des Gebiets verloren gegangen.

Sicherheitslage unverändert

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) teilte am Sonntag mit, dass die Sicherheitslage in den ukrainischen Kernkraftwerken unverändert sei. Sie hatte vergangene Woche festgestellt, dass die Waldbrände in der Umgebung von Tschernobyl kein größeres radiologisches Risiko darstellten.

Die IAEA empfängt allerdings seit knapp drei Wochen keine Live-Daten mehr von den Überwachungsgeräten aus Tschernobyl. Außerdem zeigte sie sich am Sonntag besorgt, dass das Personal auf dem Gelände seit 20. März nicht mehr ausgetauscht wurde. Das vorherige Team hatte sogar einen Monat ohne Ablösung arbeiten müssen.

 

Vorwürfe gegen Russland

Die Ukraine warf Russland zuvor unverantwortliches Handeln im Umfeld der Atomruine in Tschernobyl vor. „Die unverantwortlichen und unprofessionellen Handlungen der russischen Soldaten sind eine ernsthafte Bedrohung der nuklearen Sicherheit nicht nur in der Ukraine, sondern für Hunderte von Millionen Europäern“, schrieb die stellvertretende ukrainische Regierungschefin Iryna Wereschtschuk am Sonntagabend auf Telegram.

Sie fordere den UNO-Sicherheitsrat daher auf, sofortige Maßnahmen zur Entmilitarisierung der Sperrzone um das Kernkraftwerk von Tschernobyl zu ergreifen. Eine Beschädigung des Sicherheitsbehälters um den Unglücks-Reaktor würde unweigerlich zur Freisetzung radioaktiven Staubs und einer Kontamination der Atmosphäre führen - nicht nur in der Ukraine, sondern auch in anderen europäischen Ländern.

Die Russen hatten das Gelände bereits am ersten Tag ihrer Invasion im Nachbarland besetzt. Nach der Kernschmelze von 1986 war ein Sarkophag über der Ruine gebaut worden, der den Austritt von Radioaktivität verhindern soll. Auf dem Gelände lagern aber auch noch ausgebrannte Brennstäbe.

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