Künstlerische Darstellung des HAAWC

Künstlerische Darstellung des HAAWC

© Boeing

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US Navy bekommt fliegende Torpedos von Boeing

Bei der modernen U-Boot-Jagd kommen häufig Flugzeuge zum Einsatz. Diese können schneller große Distanzen überbrücken, wenn ein U-Boot entdeckt wurde und laufen nicht selbst Gefahr, vom getauchten U-Boot beschossen zu werden.

Allerdings müssen Anti-U-Boot-Waffen, meist Torpedos, aus einer geringen Höhe abgeworfen werden, mit geringem Abstand zum Ziel. Im Falle der P-8A Poseidon der US Navy, verlässt sie dazu ihre reguläre Flughöhe von 9 Kilometern und sinkt auf 30 Meter bis 100 Meter Höhe.

Da die Poseidon auf der Boeing 737-800 basiert, ist sie bei Weitem nicht so agil wie ein Kampfjet, weshalb diese Tiefflüge immer ein Risiko darstellen. Außerdem kann die P-8A so in Reichweite der Flugabwehr feindlicher Schiffe oder Flugzeuge kommen, die sich in der Nähe aufhalten.

Eine neue Waffe im Arsenal der US Navy soll dieses Problem lösen: das High Altitude Anti-Submarine Warfare Weapon Capability – HAAWC. Dabei handelt es sich um ein Nachrüst-Kit, das dem Torpedo Flügel verleiht.

Ein Rucksack mit Flügeln

Entwickelt und gebaut wird HAAWC von Boeing. Ein erster Auftrag für eine geringe Stückzahl wurde von der US Navy im August 2022 verliehen. Wie jetzt bekannt wurde, wird Boeing in Kürze mit der Produktion der Launch Kits beginnen, die nötig sind, um HAAWC von der Poseidon aus zu starten.

HAAWC nutzt ein ähnliches Prinzip wie JDAM. Bei JDAM wird eine ungelenkte Bombe zur gelenkten Gleitbombe nachgerüstet. Bei HAAWC bekommt ein gewöhnlicher Mark-54-Torpedo einen „Rucksack“ umgeschnallt, den Boeing Air Launch Accessory (ALA) nennt.

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Nach dem Abwurf von der Poseidon klappt ALA seine Flügel aus. Per GPS fliegt es zu den Zielkoordinaten. Ist das GPS-Signal blockiert, etwa durch Jammer, kann es mit dem internen Navigationssystem zum Zielgebiet finden.

ALA kann lenken und im Flug zu einem neuen Zielgebiet umgeleitet werden, falls sich etwa die vermutete Position des feindlichen U-Boots unerwartet geändert hat. Es hat aber keinen eigenen Antrieb, kann also nur gleiten.

Torpedo bekommt bis zu 50 Kilometer Reichweite

Das schränkt zwar die Reichweite ein, verglichen mit einem Marschflugkörper, macht das Gerät aber leichter und günstiger. Von einer Höhe von 9.000 Metern abgeworfen, kann HAAWC laut Boeing 7 bis 10 Minuten gleiten. Eine konkrete Angabe zur Reichweite macht Boeing nicht. Da eine JDAM mit 220-kg-Bombe im Gleitflug bis zu 65 Kilometer weit kommt, wird es der 275 kg schwere Mark 54 mit HAAWC vermutlich auf 35 bis 45 Kilometer schaffen.

Wird der Mark 54 von einem Schiff, U-Boot oder Flugzeug wie bisher gestartet, hat er lediglich eine Reichweite von 9 Kilometer. Zusammen mit HAAWC könnte er also eine Reichweite von über 50 Kilometer bekommen.

Torpedo sucht selbstständig nach U-Boot

Beim Zielgebiet angekommen, löst ALA den Torpedo. Dessen Fall wird noch durch einen Fallschirm gebremst, damit der Mark 54 nicht beschädigt wird, wenn er auf die Wasseroberfläche aufschlägt.

Nachdem der Fallschirm gelöst und Mark 54 sicher im Wasser ist, fungiert er wie gewöhnlich. Der Anti-U-Boot-Torpedo hat ein aktives und passives Sonar. Damit erkennt, erfasst und attackiert der Torpedo U-Boote autonom. Der Gefechtskopf ist eine 44 kg schwere Hohlladung.

Spannungen mit China

Die große Reichweite von HAAWC ermöglicht es U-Boote anzugreifen, die von anderen Schiffen, Flugzeugen oder Hubschraubern entdeckt wurden, denen aber die richtige Bewaffnung fehlt. Auch Über- und Unterwasserdrohnen könnten die Zielkoordinaten für HAAWC liefern.

Dass HAAWC jetzt vorangetrieben wird, dürfte auch auf die Spannungen mit China zurückzuführen sein. Die USA rechnen mit einer Auseinandersetzung im indopazifischen Raum, speziell mit einem Angriff von China auf Taiwan.

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China hat Langstrecken-Luftabwehrwaffen an der Küste, sowie zahlreiche Schiffe mit Boden-Luftraketen und eine große Kampfjet-Flotte. Wenn die Poseidon hier Torpedos aus 40 Kilometern Entfernung und in 9 Kilometern Höhe abwerfen kann, erhöht das ihre Überlebungschancen deutlich.

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