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© Technisches Museum Wien/Heimat Wien

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Was Buckelwale mit Windrädern zu tun haben

Von der Natur lässt sich die Menschheit schon seit tausenden Jahren inspirieren - etwa wenn es darum geht Bauwerke, praktische alltägliche Gegenstände und neue Technologien zu entwickeln.

Rund um das Thema Bionik dreht sich eine neue Ausstellung im Technischen Museum Wien, die ab heute ein Jahr lang zu sehen sein wird. Unter dem Titel "BioInspiration" werden zahlreiche Beispiele dafür präsentiert, wo der Mensch die Natur als Vorbild genommen und von ihr gelernt hat.

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Haifischhaut hat superschnelle Schwimmanzüge und schmutzabweisende Oberflächenbeschichtungen inspiriert

Milliarden Jahre Forschung und Entwicklung

"Die Natur hat Milliarden Jahre lang durch die Evolution Forschung und Entwicklung betrieben", sagt Peter Aufreiter, Generaldirektor des Technischen Museums Wien, bei der Eröffnung der neuen Ausstellung. "Eisvögel und Hochgeschwindigkeitszüge, Vögel, die in Schwärmen nie kollidieren, Buckelwale und Windräder - was hat das alles miteinander zu tun? Das versuchen wir in der Ausstellung zu klären."

In den Räumlichkeiten, bis bis vor Kurzem noch die Ausstellung Foodprints beherbergten, führt BioInspiration Besucher*innen 50 konkrete Beispiele vor Augen, wo Prinzipien der Natur zu neuer Technik geführt haben. Weil Eisvögel etwa beim Eintauchen ins Wasser kaum Wasser verspritzen, gestaltete man Lokomotiven des japanischen Hochgeschwindigkeitszuges Shinkansen mit einer ähnlich geformten Schnauze. Die Bewegung von Vogelschwärmen wird für Algorithmen zur Robotersteuerung genutzt. Buckelwale haben Forscher*innen wiederum dank der gewellten Form ihrer Brustflossen zu einer besonders aerodynamischen Form von Windradflügeln inspiriert.

Bienenwaben und Kletten

"Am Anfang haben wir gehofft, 10 Beispiele für Bionik zu finden. Am Ende hatten wir über 300 und haben viel diskutiert, um uns auf 50 zu beschränken", erzählt Ernesto Paramo, der Kurator der Ausstellung. Entwickelt wurde BioInspiration ursprünglich für den Parque de las Ciencias in Granada, Spanien. Dank der Museumskooperation Alliance4Science ist die Ausstellung nun in Wien zu sehen. Paramos Lieblingsbeispiel für Bionik sind Bienenwaben. Ihre räumliche Effizienz habe dazu geführt, dass Menschen die Wabenstruktur heute überall dort verwenden, wo es darum geht, leicht und dennoch robust zu bauen, etwa in der Luft- oder Raumfahrt.

Im Alltag begegnet Menschen wohl eines der bekanntesten Beispiele für Bionik in Form von Klettverschlüssen. Der vom Schweizer Ingenieur Georges de Mestral Ende der 40er-Jahre entwickelte Verschluss nimmt seine Anleihen, wie der Name schon sagt, bei der Klette. Die Samen der Pflanze haften durch flexible kleine Haken fest an vielen Textilien. Mit einer Nachbildung aus Kunststoff konnte Mestral das Prinzip für ein weltweit verbreitetes Produkt verwenden.

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Durch ein Mikroskop mit Kamera kann man die winzigen Widerhaken von Pflanzensamen erkunden

Architektur bis Luft- und Raumfahrt

Die Ausstellung ist in mehrere Bereiche gegliedert, in denen Inspirationen aus der Natur heute verbreitet sind. Dabei werden sowohl konkrete, bereits verwirklichte Projekte, als auch Prototypen und Forschungsarbeiten gezeigt. Im Bereich Verkehr und Technik steht ein echtes Winglet, das heute viele Enden von Flugzeugflügeln ziert, um den Treibstoffverbrauch zu minimieren. Bei Materialien und Verpackung sieht man Haifischhaut, die zu schnellen Schwimmanzügen geführt hat. In Architektur und Design gibt es besonders viele Beispiele, u.a. die ausgeklügelte Belüftung eines Termitenbaus.

Bei Energiesparen und Umwelt erfährt man von korallenartig wachsendem Zement, der Kohlendioxid bindet, bei Medizin von schmerzlos eindringenden Spritzen, die wie die Werkzeuge von Stechmücken arbeiten. Nicht fehlen darf auch die Weltraumforschung, bei der die Belastbarkeit von Schwammknochen der Entwicklung einer Mondbasis helfen könnte.

KI-gestaltete Inspiration

Zur Bewerbung der Ausstellung hat das Technische Museum Wien gemeinsam mit der Agentur Heimat Wien mehrere Sujets mit Hilfe von künstlicher Intelligenz entworfen. Begriffe aus Natur und Technik wurden dabei zu fantasievollen Bildkreationen vermischt, die als Inspiration für die Möglichkeiten von Bionik dienen sollen.

Begleitet wird BioInspiration wie immer von einem Online-Magazin und einem reichhaltigen Vermittlungsprogramm, zu dem spezielle Führungen oder ein Kombiticket mit dem Tiergarten Schönbrunn zählen. Dort soll man sich quasi selbst von der Natur inspirieren lassen.

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Eine KI-generierte Verbindung von Seeigeln und Architektur

Nachhaltigere Ausstellungen

Die Ausstellung Foodprints aus Wien wird unterdessen nach Dortmund in das DASA-Museum wandern. Dieses ist ebenfalls Teil der Alliance4Science, die ursprünglich aus 4 Museen bestand. Das technische Museum von Stockholm ist der Kooperation aufgrund von Kostengründen abhanden gekommen. "Schade", meint Karin Skarek, die wirtschaftliche Geschäftsführerin des Technischen Museums Wien. Die Museumskooperation biete eigentlich die Chance, Kosten zu sparen. Außerdem leiste sie einen Beitrag für mehr Nachhaltigkeit, weil Ausstellungen mehrfach wiederverwertet werden können.

 

Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und Technischem Museum Wien.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Mobilität, Klimawandel, Energie, Raumfahrt und Astronomie. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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