"Chatbotentwicklung besteht nur zu 20 Prozent aus Programmieren"
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„Menschen verwenden mehr Messenger als klassische Social-Media-Dienste. Deshalb sind Chatbots so beliebt geworden“, erzählt Natalie Korotaeva. „Beim Chatbot-Design geht es zu 20 Prozent um Technik. 80 Prozent drehen sich um den Nutzen und das Business-Modell.“ Die Russin lebt seit drei Jahren in Wien und arbeitet als User Experience Engineer bei craftworks.at. Zusammen mit dem österreichischen Programmierer Rene Tanczos hat sie beim diesjährigen Business Riot Festival, das von 8. bis 10 März in Wien stattgefunden hat, einen Chatbot-Workshop für zehn Frauen angeboten. - Eine Reportage.
"Jeder kann es, nicht nur Geeks"
Wir lernten, wie man einen Chatbot für Facebook-Messenger vom Beginn an designt und programmiert. Die Anleitung dazu haben Korotaeva und auf Github, der beliebten Plattform für Entwickler, zur Verfügung gestellt. „Jeder kann einen Chatbot programmieren, nicht nur Geeks. Es gibt keine Ausrede: Man ist nicht zu dumm oder zu alt dafür“, versucht Korotaeva uns Workshop-Teilnehmerinnen zu motivieren.
Beide erzählen, wie sie selbst erste Chatbots programmiert und entwickelt haben. „Ich habe mir das, was ich euch heute beibringen werde, ohne Tutorial selbst innerhalb von acht Stunden bei einem Hackathon beigebracht. Danach war ich fertig“, sagt die Technikerin, die vor ihrem Berufswechsel im Marketing tätig war. Mit einem Team hat sie den Chatbot der Chatbot-Konferenz in Wien entwickelt. Tanczos hat zum Vorzeigen einen Bot, der anhand eines Bildes erkennt, ob jemand gerade einen Hotdog isst, oder nicht. „Einfach, aber trotz allem sehr beliebt bei den Nutzern“, erzählt er.
Teamwork mit Frauen-Vorbildern
Bei Chatbots kommt es nämlich weniger darauf an, was für schlaue Antworten er am Ende gibt, sondern mehr auf den Nutzen und die Originalität seiner Persönlichkeit. Bevor es ans Programmieren ging, wurden wir in Zweier-Teams zusammen gelost. Mein Team war benannt nach „Ada Lovelace“, der berühmten britischen Mathematikerin aus dem 19. Jahrhundert. Andere Teams hießen „Hedi Lamarr“ oder „Grace Hopper“.
Die Ideen für Chatbots, die im Rahmen des Workshops entstanden, waren so divers wie seine Teilnehmerinnen. Sie reichten von einem Chatbot, der Radfahrerinnen und Radfahrern Tipps für sichere Schlösser gibt, bis zu einem Bot, der Müttern mit Kindern im Kindergartenalter Ratschläge gibt, was für ortsbezogene Aktivitäten sie bis zum Abend mit ihrem Nachwuchs machen könnten, wenn der Kindergarten um 16 Uhr schließt. Eine andere Idee war ein „No More Bullshit“-Bot, der sich humoristisch und informativ mit antifeministischen Alltagssprüchen auseinandersetzt und Ratschläge zum Kontern gibt.
Dann ging es mit dem Programmier-Teil des Workshops weiter und die Köpfe begannen zu rauchen. Facebook-Seiten wurden erstellt, Administratorinnen-Rechte vergeben und Programme wie Atom oder Sprachen wie Node.js wurden installiert. Im Terminal ging es dann ins Eingemachte und die Befehle wurden ausgeführt, damit die individuell entwickelten Chatbot-Ideen wirklich auf den lokalen Maschinen der Teilnehmerinnen zum Leben erweckt werden konnten. Nicht alles funktionierte reibungslos, doch das lag weniger an dem Step-by-Step-Tutorial der Workshop-Leiter, als an kleinen Zwischenschritten, die man eigentlich gar nicht extra dazu sagen müsste.
Fehler - und Erfolgserlebnisse
„Haben alle die Änderungen in Atom auch abgespeichert?“ Und schon löste sich ein Problem. „Es passiert immer wieder, dass etwas nicht so wie geplant funktioniert. Deshalb ist es auch sinnvoll, so einen Workshop zu zweit abzuhalten“, erklärt Tanczos. Am Ende konnten allerdings alle Chatbots zum Leben erweckt werden und von den Nutzerinnen gegenseitig getestet werden. Der Bot von Team „ Ada Lovelace“ spuckte das einprogrammierte Echo der Antworten aus. Für das Programmieren einer vollständigen Persönlichkeit reichen freilich keine halbtägigen Workshops aus.
Doch die Persönlichkeit wurde mit dem Programm „Botsociety“ in einem Mockup ausprobiert und verschiedene Antworten und Gestaltungsmöglichkeiten im Hands-on-Modus erlernt. „Wer weiter dran bleiben will, kann gerne zu Chatbot-Meetups kommen“, sagt Korotaeva und nennt etwa lemmings.io und botshub.org als gute Adressen für das weitere Lernen von Skills in dem Bereich.
Basis für weitere Experimente
Das Feedback der Workshop-Teilnehmerinnen fiel unterschiedlich aus - von „Das ist keine Rocket Science“ bis zu „Es ist kompliziert, aber ich werde mich in den nächsten Tagen weiter damit beschäftigen“ oder „Ich habe mir das viel einfacher vorgestellt“ reichten die Antworten der Teilnehmerinnen. „Wer daran interessiert ist, das zu lernen, hat jetzt eine Grundlage, mit der man weiterarbeiten kann“, so die Workshop-Leiter im Gespräch mit der futurezone.
Der große Chatbot-Hype ist allerdings bereits schon wieder vorbei. Die Programmierer und Start-up-Entrepreneure sind bereits weitergezogen zum nächsten Feld: Blockchain und Artificial Intelligence ( AI) lauten die neuen Buzzwords der Wiener Tech-Branche. „Das Besondere an Wien ist aber, dass es hier eine Community gibt, die das Wissen auch mit anderen teilt“, so Korotaeva. Für sie war es das erste Mal, mit einem rein weiblichen Publikum zu arbeiten. „Es ist schön, auch andere Frauen zu motivieren, sich für Technik zu interessieren und es einfach auszuprobieren. Und das geht in geschlechterhomogenen Gruppen manchmal besser.“
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